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Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin

Titel: Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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sie, ihr Lächeln wich leiser Bestürzung. »Das ist ziemlich merkwürdig. Als Oberhaupt der Familie müsste er uns schon aus reiner Höflichkeit willkommen heißen.«
    »Selim sagt, er fühlt sich nicht gut.«
    »Vielleicht sollte ich zu ihm gehen und nachsehen, ob ich ihm irgendwie helfen kann.«
    »Ich denke nicht, dass deine medizinischen Kenntnisse irgendwas ausrichten können, mein Schatz.« Das Leben des bedauernswerten Yusuf hatte im letzten Jahr eine tragische Wendung genommen, als er seine beiden geliebten Kinder verlor. Jamil, der hübsche, verzogene jüngste Sohn war ausgerissen, nachdem er sich mit einer Bande professioneller Diebe eingelassen hatte. Seitdem fehlte jede Spur von ihm. Jumana, seine Schwester, hatte es besser getroffen; überaus ehrgeizig und intelligent, war ihr Berufswunsch, Ägyptologin zu werden, von den Vandergelts und von Ramses’ Eltern gefördert worden.
    Nefret begriff. »Mir war gar nicht bewusst, dass der arme alte Bursche so sehr darunter leidet.«
    »Mir auch nicht, dennoch überrascht es nicht. Eine Tochter zu haben, die sich über die väterliche Autorität hinwegsetzt, die eine vorteilhaft arrangierte Heirat ausschlägt und weggeht, um eine fortschrittliche Frau zu werden – gebildet, unabhängig und europäisch –, muss ein beinahe ebenso harter Schlag für ihn gewesen sein wie die Entdeckung, dass sein über alles geliebter Sohn Probleme mit dem Gesetz hat.«
    »Vielleicht war das sogar noch härter für einen Mann mit so traditionellen Wertvorstellungen«, gab Nefret zu bedenken. »Stimmt es, dass er sie enterbt hat und sie nicht mehr sehen will?«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Kadija. Sie hat versucht, ihn zur Vernunft zu bringen, aber er wollte nichts davon hören.«
    »Selim hat sich ähnlich geäußert. Es ist wirklich jammerschade. Nun, wir werden Mutter zu ihm schicken. Wenn sie ihn nicht zur Vernunft bringen kann, dann kann es keiner.«
    »Was ist mit Jamil?«
    »Laut Selim ist er spurlos verschwunden. Komm jetzt nicht auf die Idee, ihn aufspüren zu wollen. Es gibt ein altes Sprichwort über schlafende Hunde.«
    »Schon gut; verlier jetzt nicht die Beherrschung.«
    »Ich dachte, das gefällt dir.«
    »Nur wenn wir allein sind und ich entsprechend reagieren kann.«
    Bevor er darauf eingehen konnte, kehrte seine Mutter zurück und übernahm alles Organisatorische. Die Frauen der Familie trugen Sennia und das Gepäck in ihr neues Quartier. Sein Vater verweigerte ihr den Gehorsam – er amüsierte sich viel zu gut mit den Exkavationsplänen für die kommende Saison. Ramses und Selim durften dabei natürlich nicht fehlen, indes schlug sich Nefret auf die Seite der Mutter. Die beiden verschwanden mit Fatima.
    »Also Selim«, sagte Emerson. »Hast du die Mannschaft zusammen? Ich hoffe, du hast Vandergelt nicht unsere besten Leute überlassen.«
    »Er hat Abu, den Sohn eines Cousins von meinem Vater als Rais angeheuert, aber wir werden eine gute Mannschaft zusammenbekommen, Emerson. Im Augenblick gibt es hier nicht viel Arbeit.«
    Emerson erkundigte sich nicht nach Yusuf. Er war zu vertieft in seine Pläne für die Grabungsarbeiten, mit denen sie tags darauf beginnen wollten.
    Anhaltendes schrilles Gekiekse von den Kindern, die auf der Veranda spielten, kündigte weitere Gäste an.
    »Ich hätte wissen müssen, dass Sie uns nicht einmal ein paar Stunden Ruhe gönnen können«, grummelte Emerson. Trotzdem lief er dem Ankömmling sogleich entgegen, seine Hand zum Gruß ausgestreckt.
    Cyrus Vandergelts wettergegerbtes Gesicht legte sich in unzählige Lachfältchen. Der Amerikaner war wie stets elegant gekleidet, weißer Leinenanzug und blitzblank polierte Stiefel. »Ja, das hätten Sie«, grinste er. »Zwecklos, unbemerkt in diese Stadt reisen zu wollen – habe Ihr Telegramm vor kurzem erhalten, hatte aber bereits gehört, dass Sie eingetroffen sind. Schön, Sie zu sehen. Hier ist noch jemand, der es nicht erwarten konnte, Sie zu begrüßen.«
    Er trat beiseite, um sie eintreten zu lassen. Sobald sie im Innern war, lehnte sie sich an die Wand und beobachtete die anderen, wachsam wie ein scheues Tier. Emerson, stets der Gentleman im Umgang mit Frauen, fasste ihre kleine Hand und drückte sie fest.
    »Jumana! Schön, dass du gekommen bist, mein Kind. Äh – wie bist du gewachsen in diesen letzten Monaten!«
    Anders als du meinst, dachte Ramses bei sich. Sie war ein winziges Geschöpf, kaum eins fünfzig groß, mit dem olivfarbenen Teint und den großen dunklen Augen

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