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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Sie blieb sitzen.
    »Eine kriminelle Organisation von Frauen«, sagte sie. »Wenigstens sind Sie keine von Berthas Nachkommen.«
    Die alte Frau, die mit ziemlicher Sicherheit nicht Fitzroyce hieß, streichelte zärtlich über Justins Locken. Dann holte ebendiese Hand aus und versetzte Nefret eine schallende Ohrfeige, wie eine Gouvernante einem ungehorsamen Kind.
    »Ihre Manieren sind weiß Gott nicht so makellos wie Ihr Gesicht. Stehen Sie in Gegenwart von älteren Menschen gefälligst auf!«
    Mit einem leichten Schulterzucken gehorchte Nefret. Die alte Frau setzte sich ans Kopfende der Tafel. »Danke, dass du gewartet hast, Liebes«, sagte sie zu Justin. »François, du kannst den Champagner jetzt öffnen.«
    »Wo warst du so lange?«, erkundigte sich Justin.
    Ein Korken knallte, Schaum perlte über die Flasche. »Ungeschickter Trampel«, schnappte die Alte. »Gieß endlich ein und verschütte nicht alles. Wo ich gewesen bin? Hatte ein kleines Gespräch mit dem Professor. Konnte mich kaum losreißen.«
    »Geht es ihm gut?«, wollte Nefret wissen. Champagner floss in ihr Glas.
    »Nein, es geht ihm nicht gut. Er ist aufbrausend und unberechenbar wie ein Stier, und ich will unter gar keinen Umständen riskieren, dass er türmt. Und jetzt werde ich einen Toast auf unseren Erfolg ausbringen.« Sie hob ihr Glas.
    »Sie erwarten doch nicht etwa, dass ich darauf trinke?«, versetzte Nefret.
    Sie rechnete mit einer Zurechtweisung, einer weiteren Züchtigung, doch die Alte lachte nur. Ihr faltiges Gesicht ähnelte einem Stadtplan von Kairo, mit seinen gewundenen Straßen, den abzweigenden Gassen. Das hat man davon, wenn man im Alter zu viel abnimmt, dachte Nefret bei sich. Indes schien die Frau keineswegs zerbrechlich. Ihre Hände wirkten sehnig und zupackend.
    »François könnte Ihnen die Nase zuhalten und Sie zwingen zu trinken«, kicherte ihre Gastgeberin. »Aber das wäre nicht Sinn der Sache. Maryam … Justin …«
    Feierlich hoben sie die Gläser und tranken.
    Der erste Gang war irgendeine Suppe, lauwarm und verwürzt. Selbst die Köchin gehört mit zur Bande, überlegte Nefret. Der Weißwein war ausgezeichnet, und Nefret nahm einen kleinen Schluck. Der Lärm an Deck war mittlerweile etwas abgeebbt.
    »Worauf wollten Sie eigentlich anstoßen?«, erkundigte sie sich. »Und wer sind Sie, verflucht noch mal? Berthas Rächerin?«
    »Meinen Sie, ich würde so viel Aufhebens machen, nur um Vergeltung zu üben?« Die alte Frau beugte sich vor und verschränkte ihre faltigen Hände auf dem Tisch. »Sentimentalität ist eine Schwäche der Jugend. Ich hatte nichts dagegen, dass Justin heimtückische kleine Unfälle und Täuschungsmanöver inszenierte. Sie hat zwar nur einen von den Männern getötet, der Bertha auf dem Gewissen hat, einigen anderen aber unangenehm zugesetzt, und sie hat Ihre Angst und Verwirrung ausgekostet. Dergleichen interessiert mich schon lange nicht mehr.«
    »Wenn Sie Geld wollen«, hob Nefret an.
    »Ich will es und werde es auch bekommen. Dies hier ist eine kostspielige Operation«, fuhr die andere so sachlich fort wie ein Bankier. »Sie hat meine sämtlichen Ersparnisse verschlungen und das Geld, das Maryam von ihrem fürsorglichen alten Knacker geerbt hat. Ich glaube, die Investition wird sich auszahlen.«
    Die Kellner nahmen die Suppenteller fort und servierten einen unappetitlich aussehenden Fisch. Nefret war froh, dass sie ihre Suppe aufgegessen hatte. Das Fischgericht würde sie schlichtweg nicht verkraften, und eine Übelkeit hätte ihr gerade noch gefehlt! Schließlich warf sie so sachlich wie die Alte ein: »Vielleicht können wir zu einer Einigung kommen. Ich kann …«
    »Mag sein, dass Sie das können, obwohl ich meine Zweifel habe.«
    »Mrs. Fitzroyce« starrte auf den Fisch. »Ekelhaft. Nehmt ihn weg. Geld ist nicht das Einzige, was mir vorschwebt. Ich bin längst nicht so unsensibel, wie ich geglaubt hatte. Drei von Ihnen waren primär verantwortlich für den Tod der Frau, die ich wie eine Tochter geliebt und als meine Anführerin verehrt habe. Nicht der arme Idiot, der den Todesschuss abgefeuert hat, sondern die anderen, die sie gequält und gehetzt hatten. Die Genugtuung, die ich empfand, als ich schließlich einen von ihnen in meiner Gewalt hatte, genauso hilflos wie sie, hat mich selber erstaunt. Es würde mir ein Mordsvergnügen bereiten, wenn ich die anderen zu fassen bekäme.«
    Eine schwielige braune Hand knallte Nefret eine Fleischplatte vor die Nase. Eine Blutlache kräuselte

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