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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Bassin und unter das Bett. Der Wasserkrug war nicht aus schwerem Steingut, sondern aus zartem Chinaporzellan mit Blümchenmuster. Er war Teil eines ganzen Sets; die anderen Behältnisse waren genauso zierlich und als Wurfgeschosse unbrauchbar. In der Seifenschale lag ein duftendes Seifenstück. Offenbar wollte diese heimtückische Person tatsächlich, dass sie sich wusch vor dem … Abendessen? Handtuch und Waschlappen lagen ebenfalls bereit.
    Warum nicht? Sie könnte sich zumindest Gesicht und Hände erfrischen. Das kühle Wasser tat gut auf ihren heißen Wangen.
    Es wäre himmlisch gewesen, die Kleidung abzulegen und sich den Schweiß vom Körper zu waschen, aber die Tür war von innen nicht zu verriegeln. Sie ließ es dabei bewenden, ihr schmutziges Hemd auszuziehen und sich Oberarme und Hals zu waschen. Die am Morgen blütenweiße Bluse war inzwischen so staubig wie alles an ihr. Der dünne Baumwollstoff klebte an ihrem Körper. In einem Anflug weiblicher Schwäche verglich sie ihre Figur mit der anmutigen Gestalt auf dem Diwan und zerrte sich das Hemd wieder über den Kopf. Wie alt mochte diese verfluchte Frau sein? Bestimmt zehn Jahre jünger als sie. Maryam war noch jünger. Keine von beiden hatte zwei Kinder geboren.
    Und keine von beiden hatte Ramses, beschwor sie sich. Sie fing an, die Nadeln aus ihrem verfilzten Haar zu ziehen, und sinnierte dabei, wie seine Hände ihre Schultern gestreichelt hatten. Einfach idiotisch von ihr, eifersüchtig zu reagieren. Er würde nicht ruhen, bis er sie gefunden hätte, und ihre couragierte Schwiegermutter war Emerson bestimmt schon auf der Spur. Sie dachte an ihren Schwiegervater, der in der Finsternis ihres vorigen Gefängnisses schmorte, gedemütigt und malträtiert, und schob entschlossen ihr Kinn vor. Ich werde darum bitten, ob ich ihn sehen kann, überlegte sie. Ich werde flehen. Auf den Knien, wenn diese Hexe es unbedingt so haben will.
    Vergebens suchte sie nach einem Kamm. Sie gingen wirklich kein Risiko ein. Scharfe Zinken hinterließen schmerzhafte Striemen im Gesicht, selbst wenn sie aus Zelluloid waren. Versunken glitten ihre Finger durch die langen Locken, die sie so gut es eben ging ordnete. Sie stand auf und stopfte ihre Bluse in den Rock. Als die Tür aufging, stand sie dahinter, den Blümchenkrug hoch erhoben. Man muss tun, was man kann!
    Die Tür wurde aufgestoßen und Nefret unangenehm an die Wand gequetscht. Der Krug fiel zu Boden und zerbrach. Eine Hand packte sie am Arm und zerrte sie aus ihrem Versteck.
    »Sie haben das Set ruiniert«, sagte der Arzt nach einem Blick auf die pastellfarbenen Scherben. Wie ein Schraubstock umspannten seine Finger ihr Handgelenk.
    Mit diesem schmerzhaften Griff zerrte er sie durch den Gang in den Salon. Ein Tisch war mitten in den Raum gerückt worden, ausstaffiert mit weißer Damastdecke sowie Chinaporzellan, Kristall und frischem Blumenschmuck. Es lagen vier Gedecke auf, indes waren nur zwei Stühle besetzt. Nefret verharrte und rieb sich ihr schmerzendes Handgelenk. Die Männer, die hinter den Stühlen standen, wirkten beileibe nicht wie Kellner. François war einer von ihnen.
    Schlagartig dämmerte ihr, dass mit dem Raum etwas nicht stimmte. Er mutete so unwirklich an wie eine Bühnendekoration. Das Unrealistische wurde noch verstärkt durch die obskuren Anwesenden – die muskelbepackten Helfershelfer und die Frau, die sie nur als Justin kannte.
    Der Name war jetzt auch unwichtig; sie trug die Robe der Hathor, mit schwarzer Perücke und imitierten Kuhohren. Maryam saß rechts von ihr. Sie starrte fortwährend auf ihren Teller. In ein formloses schwarzes Kleid gehüllt, wirkte sie so unansehnlich, wie Nefret sich fühlte, indes schimmerte das gestohlene Pektorale auf ihrer Brust, tiefblauer Lapis, umrahmt von zwei goldenen Schlangen.
    »Wo sind die Armbänder?«, fragte Nefret unverblümt. »Tsts, bewundernswert kaltblütig«, murmelte Justin. »Zeig sie ihr, Maryam.«
    Maryam hob die Hände, aber nicht den Blick. Die Armbänder umschmeichelten ihre Handgelenke. »Setzen Sie sich«, wies Justin Nefret an. »Zu meiner Linken. Sie können gehen, Khattab.«
    »Der Doktor isst nicht mit uns?«, fragte Nefret, auf den Stuhl sinkend, den ein Diener ihr hinschob. »Er ist kein Doktor, sondern ein billiger Abtreiber, der in Kairo für mich gearbeitet hat«, erwiderte Justin verächtlich. »Wohl kaum die richtige Gesellschaft für Sie.« Khattabs Schulterblätter zuckten. Er verließ wortlos den Salon und schlug die Tür

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