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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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können nicht beschleunigen, keiner von uns kennt den Fluss gut genug. Iss etwas, Mutter.«
    Ich nahm mir eins von den Broten, die Nasir mir förmlich aufdrängte, und ging wieder auf Posten.
    Das Sonnenlicht funkelte auf der Wasseroberfläche. Wir hatten Fahrt aufgenommen, sobald wir uns in der Flussmitte befanden. Ich vermochte meinen Blick nicht von der vorübergleitenden Szenerie zu lösen. Überall an Deck waren Männer positioniert, die das Ufer so aufmerksam beobachteten wie ich, doch mir genügte das nicht; ich hatte das Gefühl, nur meinen eigenen Augen trauen zu können. Der Nil, der von weitem so klar und sauber scheint, war von einem schmutzigen Braun und verdreckt wie die Gassen von Kairo. Der Fluss ändert seinen Lauf unablässig und trägt mal das eine, mal das andere Ufer ab; wir passierten ein ehedem lauschiges Palmenwäldchen, die Wurzeln inzwischen unterspült, manche Bäume bereits umgestürzt, ihre Zweige im Wasser schwebend. Verdorrte Palmwedel und tote Äste trieben vorbei, gelegentlich ein Tierkadaver. Ich muss sicher nicht betonen, dass ich jedes Stück Treibgut mit angehaltenem Atem verfolgte, bis ich es identifiziert hatte.
    Anders als während meiner ersten Jahre in Ägypten war der Fluss nicht mehr die viel befahrene Hauptverkehrsader. Die Bahn war auf längeren Strecken billiger und schneller. In Mittelägypten sah man noch die Barkassen, die Zuckerrohr für die Fabriken geladen hatten, unterhalb von Assiut jedoch nur kleine Boote und vereinzelte Ausflugsdampfer. Wir trafen auf einen solchen unter englischer Flagge, die Amasis von Cook’s. Wir passierten sie so dicht, dass ich die blassen, angespannten Gesichter der Passagiere an Deck gewahrte – offenbar zu dicht für den Kapitän, denn er gestikulierte wild mit den Fäusten und fluchte.
    Ramses kam zu mir. Er trug keine Kopfbedeckung, und der Wind riss an seinen Haaren. »Ich übergebe das Steuer an David«, sagte er. »Hoffentlich ist er kompetenter als ich.«
    »Wir sind zu schnell. Eben haben wir eine größere Insel passiert. Hätten wir nicht besser einen Abstecher auf die andere Seite machen sollen?«
    Einen Arm auf die Reling gestützt, wandte Ramses das Gesicht zu mir – sein Blick blieb weiterhin auf das Ufer geheftet. »Wir können nicht jede Insel und jede Sandbank ansteuern, es sind einfach zu viele. Mit einem unerfahrenen Steuermann besteht die Gefahr, auf Grund zu laufen. Das würde uns noch weiter zurückwerfen.«
    »Warum verfolgen wir sie dann überhaupt?«, forschte ich.
    »Hättest du es in Luxor ausgehalten, wohl wissend, dass jede Minute, jede Stunde sie weiter von uns entfernen würde?«
    Eine peinliche Röte erwärmte meine Wangen. Wir beide waren emotional am meisten betroffen, doch er verkraftete es viel besser als ich – rein äußerlich. Ich ließ mich von seiner unbewegten Haltung nicht beirren. »Genauso wenig wie du«, gab ich zurück.
    Seine Miene blieb gleichmütig. »Auf diesem Stück ist relativ wenig Verkehr, von daher würde ein verdächtiges Schiff wie die Isis vermutlich auffallen. Zum Teufel, ich wünsche mir inständig, dass sie auf Grund läuft. Aber das passiert wahrscheinlich eher uns. Mutter, komm in den Salon und iss eine Kleinigkeit. Nasir kocht Berge von Essen; ich kann ihn nicht bremsen.«
    »Ich warte noch, bis wir Kena erreichen. Wie geht es Selim?«
    »Der lässt sich genauso wenig bremsen«, gestand Ramses. »Er will sich nicht von seinen Motoren trennen. Scheint alles in Ordnung mit ihm.«
    Eine weitere Stunde verging. Ich zählte jede Minute, beschwor meine Uhr, schneller zu ticken. Vielleicht gab es in Kena Neuigkeiten für uns. Ein verrotteter Baumstamm trieb vorüber, er hatte exakt die Umrisse einer menschlichen Statur.
    Cyrus kam als Nächster. »Kommen Sie und essen Sie eine Kleinigkeit zu Mittag, Amelia.« Er bedeckte meine verkrampfte Hand mit seiner. »Hier halten so viele Wache, dass Sie ruhig mitkommen können.«
    »Später. Wir nähern uns Kena, glaube ich. Dort am Westufer ist El-Ballas.«
    Kena ist eine aufstrebende Stadt in einem fruchtbaren Landstrich und bekannt für ihre Töpferwaren. Am Ufer reihten sich irdene Gefäße, Schüsseln und Krüge, fertig für einen Abtransport. Weiter unten hissten zwei Bewohner ein Banner: Es war weiß. Die Isis war nicht gesichtet worden.
    Sämtliche Männer hatten sich um uns versammelt. Bertie fluchte leise, und Daoud betete zu seinem Gott. »Heißt das, das Hausboot ist nicht vorbeigekommen?«, wollte er wissen.
    »Nicht

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