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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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lange standen wir im Gang. Emerson feixte.
    »Irgendwie macht es mir Spaß, Walter von seinem unbekannten Bruder zu erzählen, der nicht nur in fremden Betten gezeugt wurde …«
    »Eine vulgäre Redensart, Emerson.«
    »Nicht so vulgär wie etliche andere, die mir da einfallen. Was wollte ich noch sagen, ach so … der auch mindestens fünf von den Zehn Geboten gebrochen hat.«
    »Es wird ein Schock für ihn werden.« Ich nickte bekräftigend.
    »Das kann nicht schaden«, sagte Emerson mitleidlos. »Er hat ein sehr behütetes Leben geführt und läuft Gefahr, engstirnig und intolerant zu werden.«
    Darauf stellte er jede weitere Diskussion ein, und bald nachdem er in seine Koje geklettert war, vernahm ich die gleichmäßigen Atemzüge, die auf seinen tiefen Schlummer deuteten. Ein solches Glück blieb mir versagt.
    Dass Sethos nicht reagierte, war zwar frustrierend, aber nicht fatal. Vielleicht war er vorübergehend nicht erreichbar – das konnte man nur hoffen. Ich hielt es für möglich, dass der betrügerische Italiener bei einem seiner früheren Kumpane aus Sethos’ kriminellem Netzwerk untergeschlüpft war – sofern davon noch jemand in Kairo lebte. Herrje, dachte ich, mich mühsam auf der schmalen Pritsche umdrehend, wie sollen wir handeln, wenn wir so wenig wissen? Ich hätte Sethos schon vor Jahren auf den Zahn fühlen müssen, wie es um die Organisation und den Aufenthaltsort seiner Komplizen bestellt sei. Nun ja, seine Besuche waren kurz und selten gewesen, und wir hatten über so viele andere Dinge geplaudert – über seine stürmische Beziehung mit der Journalistin Margaret Minton, das Grab und seinen Inhalt, über die Zwillinge, das Haus in Cornwall – das eigentlich Ramses gehörte, das er aber bereitwillig seinem Onkel Sethos und dessen Tochter Molly überlassen hatte.
    Trotz – oder vielleicht gerade wegen – der Tatsache, dass Frauen Sethos attraktiv fanden, waren seine Beziehungen zum weiblichen Geschlecht alles andere als glücklich gewesen. Jahrelang hatte er für meine Wenigkeit geschwärmt – freilich vergebens, da Emerson mich nie freigegeben hätte und ich meinen Gatten liebe! In den letzten Jahren hatte er seine Zuneigung für Margaret entdeckt, die diese gleichermaßen erwiderte. Allerdings hatte Margaret ihre eigene, hart erkämpfte Karriere als Autorin und Auslandskorrespondentin, speziell im östlichen Mittelmeerraum, und sie war nicht willens, eine feste Bindung mit einem Mann einzugehen, der seine gefahrvolle Tätigkeit über alles stellte. Patriotismus ist ja gut und schön, dennoch möchte eine Frau gern wissen, wo ihr Mann steckt und was er tut, vor allem, wenn die Möglichkeit besteht, dass er eines Tages aus dem Haus geht und nie mehr zurückkehrt.
    Dann war da Bertha, Sethos’ Geliebte und Komplizin während seiner kriminellen Karriere. Zu Beginn ihrer Beziehung leidenschaftlich in ihn verliebt, war ihre raubtierhafte Zuneigung in Wut umgeschlagen, als sie von seiner heimlichen Schwärmerei für mich erfuhr. Nach mehreren Attentaten auf mich starb sie eines gewaltsamen Todes durch meine Freunde. Sie ließ Sethos mit einer gemeinsamen Tochter zurück.
    Wir waren Molly – oder Maryam, so ihr korrekter Vorname – nur ein Mal begegnet. Seinerzeit war sie vierzehn gewesen, und wir hatten noch nicht um Sethos’ und ihre wahre Identität gewusst. Bald darauf hatte sie einige schlimme Wahrheiten über den Tod ihrer Mutter erfahren und fluchtartig das Haus ihres Vaters verlassen. Trotz seiner stoischen Unerschütterlichkeit wusste ich, dass Sethos sich Vorwürfe und Sorgen machte, doch seine Bemühungen, sie aufzuspüren, waren erfolglos geblieben.
    Wir hatten sie seit Jahren weder gesehen noch irgendetwas von ihr gehört.
    Die hellen Mondstrahlen tasteten sich wie lange, silbrige Finger durch die Vorhangschlitze. Es war schon spät.
    Ich versuchte zu entspannen. Schließlich wiegten mich Emersons gleichmäßige Atemzüge und das Schaukeln des Wagons in den Schlaf.

    Ein Jahr nach dem Waffenstillstand erinnerte Kairo noch immer an einen Armeestützpunkt. Unter der gediegenen Terrasse des Shepheard’s umringte eine Menschentraube einen jungen Mann, der in blumigem Arabisch über die Unterdrückung durch die Briten und das Recht der Ägypter auf Unabhängigkeit redete. Die Bestrebungen des Portiers, ihn zum Schweigen zu bringen, wurden von dem Stoßen und Schieben seiner Anhänger vereitelt, und die Furchtsameren unter den ausländischen Hotelgästen wichen erschrocken zurück,

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