Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
herbeiführen würde.
    »Bleibt noch ein weiteres Problem«, sagte Ramses, während wir die Stufen zur Terrasse nahmen.
    »Wieso?«, erkundigte sich Emerson. »Kamil el Wardani mag dich und David verteufeln, aber er ist aus dem Rennen, Saghlul Pascha ist der anerkannte Führer der Unabhängigkeitsbewegung. Hat Rashad die Seiten gewechselt?«
    »Ist doch nebensächlich«, warf ich ein. »Wir haben ohne diese Möchtegern-Revolutionäre schon genug Probleme, und wir müssen David mit allen Mitteln daran hindern, sich wieder mit diesem Haufen einzulassen. Emerson, ich verbiete dir strikt, auf irgendwelche improvisierten Tribünen zu klettern und Reden ans Volk zu halten!«
    »Sie benutzen keine Tribünen«, erwiderte Emerson milde.
    Ich sah von seinem grinsenden, selbstzufriedenen Konterfei zu den zusammengekniffenen Augen meines Sohnes und hatte wieder eine dieser starken Vorahnungen. Respekt für die Rechte des ägyptischen Volkes zu zeigen war eine Sache, Aufstände und das Anstiften von Unruhen eine völlig andere.
    Unsere Zimmer auf der zweiten Etage des Shepheard’s waren uns ein Heim fern der Heimat, denn dort logierten wir seit vielen Jahren wenigstens einmal in jeder Saison. Die Suite hatte zwei Schlafräume, einen auf jeder Seite des geschmackvollen Salons, und zwei Bäder. Vor ihrer Heirat hatte Nefret das zweite Schlafzimmer bewohnt und Ramses ein daran anschließendes (selbstverständlich ohne Verbindungstür!).
    Emerson trat schnurstracks auf den Balkon des Salons und blickte verträumt über die Dächer und Minarette von Kairo. Er bedeutete mir, mich zu ihm zu gesellen. Eigentlich wollte ich auspacken, aber ich mochte ihn nicht enttäuschen; wie viele Male hatten wir doch auf diesem Balkon gestanden, genau an dieser Stelle, glücklich über die Rückkehr in das von uns geliebte Land und in der Hoffnung auf eine erfolgreiche Grabungssaison.
    Nachdem wir uns einige Augenblicke nostalgischen Schwelgens gegönnt hatten, lenkte ich Emersons graue Zellen zurück in die Gegenwart.
    »Wenn das Schiff pünktlich einläuft, werden unsere Lieben morgen Abend hier sein, Emerson. Somit bleiben uns nur noch gut vierundzwanzig Stunden für weitere Nachforschungen.«
    »Welche Nachforschungen?«, wollte Emerson wissen. »Wenn du meinst, dass du deinem Lieblingshobby frönen und die Antiquitätenhändler löchern kannst, vergiss es. Reine Zeitverschwendung. Martinelli wird seine Beute nicht über die gewohnten Kanäle absetzen.«
    »Dann kannst du also seine Gedanken lesen, was?«
    »Teufel noch, Peabody …«
    »Was hast du gegen einen Besuch im Suk einzuwenden? Ich muss noch einiges einkaufen, und ein paar harmlos eingestreute Fragen bringen vielleicht die eine oder andere nützliche Information.«
    »Hmhm«, brummte Emerson.
    Als die Kinder das Mittagessen mit uns einnahmen, stimmte Nefret meinem Vorschlag zwar zu, meinte aber genau wie Emerson, dass wir nichts über den gestohlenen Schmuck erfahren würden. »Ich muss noch ein paar Sachen für die Zwillinge besorgen«, verkündete sie. »Sie wachsen wie Unkraut und haben kaum noch was zum Anziehen.«
    Ramses und sein Vater tauschten heimlich Blicke aus. Sie kamen uns mit Ausreden, warum sie uns nicht begleiteten. Ich wollte sie ohnehin nicht dabeihaben; Emerson hatte es immer fürchterlich eilig und fluchte pausenlos, und Ramses setzte jedes Mal eine schwer geprüfte Leidensmiene auf, was fast noch schlimmer war.
    »Ihr braucht nicht mitzukommen«, erklärte ich rasch. »Nefret und ich werden für die Zwillinge einkaufen gehen und dabei auch so schnöde Dinge wie Kissen und Decken besorgen. Bist du bereit, Nefret? Emerson, Ramses, ich erwarte, dass ihr euch anständig aufführt. Keine Scharmützel mit Dieben und Spionen, keine glühenden Reden.«
    »Ganz meinerseits«, knurrte Emerson.
    »Nimm deinen Schirm mit«, riet Ramses.
    Das hatte ich zweifellos vor. Um meine Sonnenschirme ranken sich in Ägypten Legenden. Sie waren zwar nicht mehr in Mode, trotzdem trug ich immer eines dieser unschätzbaren Accessoires bei mir, als Sonnenschutz oder Spazierstock, manchmal auch als Verteidigungswaffe. Ein gezielter Schlag auf den Kopf oder vor die Schienbeine bringt die meisten Angreifer zur Strecke, außerdem waren meine Schirmmodelle Spezialanfertigungen mit einem schweren Stahlgestell – in einem Fall sogar mit einem eingebauten Degen. Dank Daouds absurder Geschichten waren abergläubische Zeitgenossen überzeugt, dass den Sonnenschirmen sogar magische Kräfte innewohnten.

Weitere Kostenlose Bücher