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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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zurückzukehren. Emersons Gründe für dessen Zerlegung waren nachvollziehbar – ein Bahntransport des kompletten Wagens barg gewisse Risiken, berücksichtigte man die unsachgemäßen Methoden der Ägypter –, indes mutmaßte Ramses, dass es seinem Vater einfach Spaß gemacht hatte, das Automobil auseinander- und wieder zusammenzubauen. Er hatte nicht einmal etwas gegen die gaffende Menge, die sich jeden Nachmittag einfand. Kaum ein Bewohner von Luxor hatte bislang ein Auto gesehen. Sie saßen im Kreis, mit angehaltenem Atem und riesigen Augen verfolgten sie jeden Handgriff von Emerson und Selim.
    Seine Mutter nahm es erstaunlich gleichmütig hin. Ein oder zwei Mal glaubte Ramses, ein unterdrücktes Grinsen zu bemerken, als sie hinter der verriegelten Tür stand. Sie waren von Besuchern umlagert, nicht nur von den Leuten aus dem Dorf, sondern auch von ausländischen Bewohnern und Touristen, die ihnen Rat und Hilfe andienten. Emerson schlug Rat und Tat aus, gleichwohl beantwortete er bereitwillig Fragen und zeigte sich seinem Publikum. Die Kinder setzten alles daran zu entwischen, um an dem Mordsspaß teilzuhaben; der Einzige, dem dies gelang, war Davy, den Emerson gerade noch rechtzeitig packte, bevor er mit einem Schraubenschlüssel größeres Unheil anrichtete. Er stopfte sich den Kleinen unter den Arm, was dieser großartig fand, und brachte ihn zurück ins Haus.
    »Himmeldonnerwetter, Peabody, warum hast du ihn rausgelassen?«, erregte er sich. »Er hätte sich an diesen schweren Werkzeugen verletzen können, weißt du das?«
    Seine Gattin rollte die Augen himmelwärts. »Ja, Emerson, ich weiß das. Wenn du so viel gesunden Menschenverstand gehabt hättest, das Automobil im Hof zusammenzubauen, außer Sichtweite der Kinder …«
    »Pah«, schnaubte Emerson. »Man sollte doch annehmen, dass vier Frauen ein paar kleine Kinder in Schach halten können.«
    Ihre Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst, murmelte sie nur: »Mir wird schon etwas einfallen, Emerson.«
    Darauf verbannte sie die Kinder in die hinterste Ecke der Veranda. Die Barrikade bestand aus Möbeln und Kisten, welche die Kleinen zwar hätten bezwingen können, aber nicht ohne das Augenmerk eines Erwachsenen auf sich zu ziehen. Hinter der Absperrung befanden sich ihre Spielsachen, Kissen und Decken, ein Kindertisch mit Stühlchen aus dem Zimmer der Zwillinge. Ihre anfängliche Abneigung schwand, als sie ihnen erklärte, dass dies ihr ureigenes Reich sei, das kein Erwachsener ungeladen betreten dürfe, und ihnen eine Schachtel Buntstifte und einen Stapel weißes Papier gab.
    »Jetzt wollen wir einmal schauen, wer das schönste Bild malt«, erklärte sie.
    Da Ramses fand, dass ein paar Kisten nicht ausreichten, um Davys Unternehmungslust zu zügeln, übernahm er freiwillig die Beaufsichtigung und setzte sich in einen Sessel vor die Barrikade. Nach ungefähr fünfzehn Minuten wünschte er, seine Mutter hätte sich die Sache mit den Malutensilien verkniffen. Er wurde mit Papierkügelchen beworfen, musste ständig irgendwelche Kunstwerke bewundern. Einmal abgesehen von Dollys Bildern, die sehr gut waren für einen Jungen seines Alters, konnte er den Kritzeleien der anderen nichts abgewinnen. Evvies waren genauso unidentifizierbar wie die seiner Kinder. Kein Anlass, sich mit Ruhm zu bekleckern. Er hatte sich wenig Gedanken gemacht, dass die Zwillinge noch nicht sprechen konnten, und Evvies unablässiges Gequassel bestärkte ihn in seiner Haltung. Frauen – Mütter – mussten immerzu vergleichen, überlegte er. Sie zählten sogar die Zähnchen. Nefret hatte ihm mitgeteilt, dass Charla zwei mehr habe als Evvie.
    Am späten Donnerstagnachmittag war die letzte Schraube angezogen, und die gesamte Familie beobachtete Emerson, der schweißtriefend, ölverschmiert und überglücklich an der Kurbel drehte. Der Motor heulte unter lautem Publikumsjubel auf, und Emerson sprang auf den Fahrersitz. Ramses sah aus dem Augenwinkel, wie das Gesicht seiner Mutter unmerklich zuckte. Sie brachte es nicht übers Herz, ihm eine Probefahrt mit dem Gefährt zu untersagen; überdies hätte ihn ohnehin nur ein Erdbeben oder Schlimmeres davon abhalten können.
    »Langsam, Emerson, ich bitte dich«, brüllte sie. »Langsam und vorsichtig, mein Lieber!«
    Emerson weigerte sich, zum Tee hineinzukommen. Zähneknirschend erlaubte er Selim, gelegentlich das Steuer zu übernehmen, und in der nächsten Stunde fuhren sie vor dem Haus auf und ab. Ihre Einladung zum Mitfahren wurde

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