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Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms

Titel: Amelia Peabody 15: Der Herr des Sturms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Bewegung. Emerson wollte uns begleiten, und es braucht seine Zeit, bis er von der Arbeit auf weltlichere Dinge umgeschaltet hat (soweit man einen Besuch an einem Heiligengrab als weltlich bezeichnen kann). Sein Vorschlag, uns alle mit dem Automobil hinzufahren, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt; er regte mich damit lediglich auf. Nach meinem Dafürhalten war es absolut kein zweckmäßiges Transportmittel. Wie der Wagen in Palästina hatte er nur zwei Sitze mit einer Art Pritsche dahinter, auf der sich Waren und Personen befördern ließen. Irgendjemand, höchstwahrscheinlich Selim, hatte jenes andere Gefährt mit relativ bequemen Polstern und einer Art Baldachin ausgestattet. Ich hatte keine Ahnung, welche Veränderungen Emerson und Selim an diesem Vehikel vornehmen wollten – sie selbst vermutlich auch nicht. Ständig bauten sie Teile aus und wieder ein.
    Undankbar, wie Kinder nun einmal sind, zogen die Kleinen Emerson allen anderen vor, einschließlich ihrer liebenden Mütter und der treuen Seelen, die sie sauber und trocken hielten. Ich schrieb dies seinen unorthodoxen Kaspereien und der rückhaltlosen Begeisterungsfähigkeit zu. Kinder denken eben nicht rational. Nachdem Evvie ihre Wünsche geäußert hatte, nahm Emerson sie zu sich aufs Pferd. Ich hatte mehrere Esel für die Saison angemietet, da Evelyn offen eingestand, dass sie deren gemächliche Gangart bevorzuge. Zu seiner übergroßen Freude hatte ich auch einen für Dolly reserviert.
    Wir nahmen die Tiere nicht mit auf den Friedhof. Ich weiß nicht, ob ein entsprechendes Verbot existierte, uns erschien es jedenfalls pietätlos. Als Emerson sie absetzte, wollte Evvie ihm flink entwischen, doch er hielt sie fest.
    »Das hier ist wie eine Kirche«, erklärte er. »Du musst schön brav sein und darfst nicht über die Gräber laufen.«
    »Sind denn da tote Leute unter der Erde?«, erkundigte sich Evvie neugierig.
    »Ja. Und dort …« Ich deutete dorthin. »Dort ist das Grab von deinem Uropa.«
    David hatte das fertig gestellte Monument noch nicht gesehen. Während die anderen Evvie zurückhielten (und sie von dem morbiden Thema abzubringen suchten), gingen er und ich voraus. »Es ist merkwürdig, weißt du, sich meinen Großvater als Heiligen vorzustellen«, hob er an. »Er war der tapferste, aufrichtigste Mensch, den ich je gekannt habe, aber …«
    »Er hatte seine kleinen Laster.« Ich schmunzelte. »Welcher Heilige hatte die in seinem Erdenleben nicht, David? Die geläuterte Seele steht über solchen Dingen.«
    Emerson trat gerade noch rechtzeitig hinzu, um meine Äußerung aufzuschnappen. Er stieß ein vernehmliches »hmhm« aus, das war alles. Wir standen schweigend vor dem Torbogen des Monuments. Dolly sagte stolz: »Ich habe seinen Namen.«
    Ich legte einen Arm um ihn. »Ja, das hast du. Und er ist – ich meine, er wäre – sehr froh und glücklich darüber.«
    »Erzähl mir noch einmal, was er getan hat«, forderte Dolly mich auf.
    Also erzählte ich ihm mit einfachen Worten, wie Abdullah gestorben war, indem er sich für mich geopfert hatte, und von den vielen anderen Gelegenheiten, wo er für Emerson und mich sein Leben riskiert hatte. »Er war ein guter und mutiger Mann«, schloss ich. »Wir alle haben ihn geliebt, und wir vermissen ihn.«
    »Aber er ist doch glücklich im Himmel«, sagte Dolly.
    »Scheint mir durchaus so zu sein«, erwiderte ich ohne nachzudenken.
    Allgemeines Füßescharren und betretenes Räuspern schlossen sich an, und Evelyn, deren religiöse Anschauungen konventioneller sind als meine, wechselte hastig das Thema.
    »Das Grabmal ist sehr schön, David. Schlicht und traditionell, und doch außergewöhnlich anmutig.«
    »Ja, wirklich«, bekräftigte Walter. »Schade, dass es von diesem schäbigen Plunder verschandelt wird.«
    Zugegeben, an dem vor der Öffnung gespannten Seil hing ein wahres Sammelsurium. Allerdings war es nicht schäbig, und ich sah mich genötigt, ebendies herauszustellen.
    »Die Entscheidung, was sich für einen Glaubensanhänger geziemt oder nicht, steht uns nicht zu, Walter. Unsere Angewohnheit beispielsweise, Kirchen mit Schuhen zu betreten, wäre für Muslime undenkbar. All diese Dinge sind Dankesgaben an den heiligen Mann, weil ihre Gebete erhört worden sind.«
    Emerson hatte sich nur mit Mühe einen seiner sarkastischen Kommentare in puncto Religionsgemeinschaften versagen können, stattdessen verdrehte er gequält die Augen. Ich hatte darauf bestanden, dass er seine ketzerischen Ansichten

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