Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels
plauderte.«
»Aha«, sagte Emerson. »Waren Sie deshalb mit von der Partie? Am besten, Sie gestehen alles. Sie haben einen meiner Männer umgebracht und versucht, einen weiteren zu töten. Nur ein umfassendes Geständnis kann Sie jetzt noch retten.«
Moroney sprang auf. »Sir, Sie müssen mir glauben! Ich habe mich der Besitzgier und des Betrugs schuldig gemacht, aber ich bin kein Mörder! Es war Newbold, der Ihren Mann in die Fänge des Krokodils gestoßen hat, und Merasen, der dem jungen Burschen die Kehle aufschlitzte. Er war schon tot, als ich dazukam, sonst hätte ich es verhindert. Mein Wort darauf!«
»Er lügt«, knurrte Daoud.
»Bis seine Schuld bewiesen ist, gilt das Unschuldsprinzip«, sagte Emerson mit einem gewissen Bedauern in der Stimme. »Fahren Sie fort, Moroney, ich will alles hören. Und seien Sie überzeugend.« Mit einer Hand hielt er den aufgebrachten Daoud zurück.
Moroney legte uns seine Version der Geschichte dar. Budges Erwähnung der Vergessenen Oase anlässlich jener lange zurückliegenden Abendgesellschaft hatte er für einen makabren Scherz gehalten, aber als Reggie Forthright eine ähnliche Story zum Besten gegeben und die Absicht geäußert hatte, dass er in der Wüste nach seinem verschollenen Onkel suchen wollte, war Moroneys Phantasie geweckt. Für einen Mann des Militärs war diese zu unserem Leidwesen erstaunlich gut entwickelt. Unsere wiederholten Abstecher in die Wildnis und unsere Rückkehr mit einem geheimnisvollen jungen englischen Mädchen hatten ihn, wie er behauptete, zusätzlich misstrauisch gestimmt. Allerdings fehlten ihm Beweise, die seinen Verdacht erhärtet hätten, und er hatte auch keine Möglichkeit, die Sache weiterzuverfolgen. Er hatte das Ganze längst verdrängt, als die von ihm kommandierte Einheit durch einen jener dummen Zufälle im Leben auf eine Karawane von Sklavenhändlern traf. Unter den Gefangenen war ein junger Mann gewesen, dessen Aussehen und Verhalten sich völlig von den bedauernswerten Sklaven unterschied.
»Ein arroganter Bursche«, brachte Moroney es auf den Punkt. »Das war ich von der einheimischen Bevölkerung nicht gewohnt. Er forderte, ich solle ihm sein Eigentum herausgeben. Ich stellte fest, dass dieses aus massiven Goldringen und einigen eigentümlich anmutenden Waffen bestand, und es kristallisierte sich zudem heraus, dass Fortrights Geschichte stimmte. Der Junge kam aus der Vergessenen Oase, wo es Gold wie Sand am Meer gab.«
»Ein ehrlicher Mensch«, wandte ich ein, »hätte dies umgehend seinen Vorgesetzten gemeldet.«
»Ich darf darauf hinweisen«, fuhr Moroney nicht ohne Bitterkeit fort, »dass ich meinem Land zwanzig Jahre lang gedient und nichts vorzuweisen hatte außer der Aussicht auf eine kümmerliche Pension. Ich will mich nicht herausreden, aber der Glanz des Goldes hat wohlhabendere Männer geblendet als mich. Zweifellos erlag auch ich der Versuchung und fand in dem jungen Merasen einen willigen Verbündeten. Er hatte den Auftrag, Sie in jene geheimnisvolle Oase zurückzuholen, und gab freimütig zu, dass er den Rückweg ohne Sie schwerlich schaffen könnte. Ich bot ihm meine Unterstützung an und wir kamen zu einer Übereinkunft. Ich behielt das Gold; der junge Wirrkopf hatte nicht einmal begriffen, dass es ihm nichts nützte. Wenn er es gegen bare Münze eingetauscht hätte, wäre er von einem unredlichen Devisenhändler übers Ohr gehauen oder von einem ehrlichen angezeigt worden. Durch Sie war ich in der Lage, ihm auf der Spur zu bleiben; sobald ich erfuhr, dass Sie auf dem Weg in den Sudan waren, wusste ich, dass sich mein Plan erfolgreich anließ. Ich quittierte meinen Dienst und reiste nach Assuan, wo sich Merasen fragwürdigen Vergnügungen hingab. Er informierte mich ganz nebenbei, dass er noch keine Kopie von Forths Karte habe, mir diese aber bestimmt nach Ihrer Ankunft in Wadi Halfa besorgen könne. Also setzte ich ihn in den nächsten Dampfer und wartete auf Sie. Zwischenzeitlich hatte ich bereits einen alten Bekannten in Kareima gebeten, eine Karawane zusammenzustellen; ich kenne die Gegend sehr gut, da ich dort über viele Jahre stationiert war.«
»Somit konnten Sie auch zwei Tage vor uns abreisen«, schloss Emerson und kratzte sich das Kinn.
Moroney nickte. »Ich glaubte keine Sekunde lang daran, dass Sie wirklich nach Meroe wollten. Als der Zug in Abu Hamed einfuhr, war ich bereits dort. Eine lange Robe und eine entsprechende Kopfbedeckung genügten mir als Tarnung, solange ich Distanz zu Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher