Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
die arrangierte Ehen und den Handel mit Frauen billigten. Das Mädchen kannte es nicht anders, überlegte Ramses, aber vielleicht war sie auch freiwillig mit dem Effendi mitgegangen, der sie mit Schmuck überhäuft hatte.
    Womöglich war der fürsorgliche Vater aber auch Newbolds Erfindung und ihre Herkunft weitaus zwielichtiger. So wie sie sich bewegte, mit schwingenden Hüften und anmutigen kleinen Schritten … Nicht zu vergessen der verführerische Augenaufschlag.

    Da es den ganzen Tag dauerte, bis das Gepäck verstaut war, schipperten wir erst am nächsten Morgen los. Inzwischen hatten Nefret und ich sowie zwei von mir dazu verdonnerte Besatzungsmitglieder den ärgsten Schmutz aus den drei winzigen, für uns reservierten Kabinen entfernt. Unsere Männer mussten an Deck zusammen mit der Schiffsmannschaft schlafen, aber Selim versicherte mir, es mache ihnen nichts aus.
    An jenem Abend dinierten wir an Bord, in einer Kajüte, die Farah stolz Messe nannte. Diese war relativ geräumig, die Fenster aber waren offenbar seit Monaten nicht mehr geputzt worden. Ich holte die mitgebrachten Servietten hervor, da ich (richtigerweise) annahm, dass Farah auf diesen Luxus verzichtete.
    Die meisten Mitreisenden waren zugegen. Einer, ein junger Mann in Uniform, war endlich einmal kein alter Freund Emersons. Trotzdem kannte er uns. Er stellte sich als Captain Moroney vor und erklärte, dass er nach einem mehrwöchigen Kairo-Aufenthalt zurück zu seiner Einheit müsse. Dann enthüllte er, dass wir uns schon einmal begegnet seien.
    »Fraglos erinnern Sie sich nicht mehr an mich, Ma’am«, sagte er bescheiden. »Ich war 1898 Assistent des Tierarztes in Sanam Abu Dom. Sie berieten ihn freundlicherweise bei der Behandlung der Kamele. Was für ein Zufall, dass wir uns erneut im Sudan treffen.«
    »Das kann man wohl sagen«, murmelte ich und überließ ihn Emerson.
    Vier weitere Passagiere, zwei Ehepaare, waren Touristen, obschon sie diese Bezeichnung weit von sich gewiesen hätten. Sie sahen sich witzigerweise ähnlich, die Damen hatten breite Schultern wie ihre Männer, alle vier Gesichter waren faltig und braungebrannt vom häufigen Sonnenbaden. Frau Bergenstein informierte mich freudestrahlend, dass sie sich als Zugvögel bezeichneten, da sie in die entlegensten Ecken der Welt »flogen«. Sie hatten den Mount Kenya bestiegen, die Negevwüste auf Kamelen durchquert, mit Kanus den Niger bis zum Atlantik bezwungen und das Grab von Königin Sheba in Äthiopien gesucht. Ich rechnete fest damit, dass sie Zerzura in einem Atemzug nennen würde, aber Fehlanzeige, also überließ ich sie Ramses, den sie ohnehin schon die ganze Zeit anhimmelte.
    Wir wollten uns eben dem kärglichen Mahl zuwenden, als ein weiterer Passagier eintrat. Er hatte einen gepflegten graumelierten Bart, war ähnlich muskulös gebaut, wenn auch kleiner als mein Ehemann. Bei seinem Auftauchen fluchte Emerson und Ramses drehte Frau Bergenstein schnöde den Rücken zu.
    Der Gentleman kam ohne Umschweife zu mir und verbeugte sich. »Ich hatte noch nicht das Vergnügen, mich Ihnen vorzustellen, Mrs Emerson, aber ich kenne Ihren Gatten und Ihren Sohn. Newbold ist mein Name.«
    »Ich habe schon von Ihnen gehört, Sir«, sagte ich steif.
    »Ganz ohne Zweifel.« Er grinste, seine Augenwinkel legten sich in unzählige Knitterfältchen. »Ich hoffe, Ihr Sohn hat mich nicht allzu negativ dargestellt. Mr Emerson, ich möchte die Gunst der Stunde nutzen und mich noch einmal in aller Form für meinen Affront in Kairo entschuldigen. Ich hatte – peinlich, aber wahr – zu viel getrunken. Ich bin selten betrunken; in meinem Beruf wäre das auch viel zu riskant; aber wenn ich nach Monaten der Einsamkeit wieder in die Zivilisation zurückkehre, schaue ich manchmal zu tief ins Glas. Bitte, nehmen Sie meine Entschuldigung an.«
    »Teufel noch, weswegen sind Sie überhaupt an Bord?«, wetterte der Professor. Das hatte ich mich zwar auch schon gefragt, aber Emerson fehlt gelegentlich die nötige Diplomatie, dergleichen für sich zu behalten. Nach meinem Ermessen klang er unnötig provokant und so versuchte ich einzulenken. »Ich vermute, er reist zurück nach Zentralafrika. Ist dem so, Mr Newbold? Vorbereitungen für eine weitere Safari?«
    »Exakt, Mrs Emerson. In zwei Monaten erwarte ich eine Gruppe englischer Gentlemen. Vor ihrer Ankunft hab ich allerdings noch ein paar … persönliche Dinge zu klären.«
    Ramses hatte mit zusammengepressten Lippen zugehört. »Isst die junge Dame nicht

Weitere Kostenlose Bücher