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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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bombardierte Emerson mit Fragen, die dieser natürlich in epischer Breite beantwortete. Während die anderen sich über Daouds Geschichten amüsierten (die ohne den Weingenuss bestimmt nur halb so lustig gewesen wären), erhob sich Ramses und begann, nachdenklich auf und ab zu gehen. Ich ging zu ihm.
    »Beunruhigt dich irgendetwas?«
    »Um genau zu sein, eine ganze Menge.« Er spähte zu seinem Vater und senkte die Stimme. »Hier ist irgendwas faul. Spürst du das denn nicht, Mutter?«
    »Du wolltest dich doch vorhin ein bisschen umsehen. Hast du etwas entdeckt, was dir Kopfzerbrechen bereitet?«
    Er zog mich hinter eine Säule und lehnte sich dagegen. »Ich hatte nicht die Zeit für eine intensive Erkundung. Hier ist alles noch weitläufiger als in dem Palast, wo wir damals untergebracht waren, mit einem undurchdringlichen Gewirr von Felsenkammern. Ich tippe darauf, dass es einen Hintereingang gibt, genau wie in dem anderen Gemäuer, aber der ist gut versteckt, denn als ich die Wände abtastete, wurde ich mit höflicher Entschiedenheit gebeten, zu verschwinden.« Er überlegte kurz und fuhr dann fort: »Der Vordereingang, durch den wir kamen, wird jetzt von einer riesigen Tür versperrt. Sie ist von der anderen Seite verschlossen oder verriegelt.«
    »Eine reine Schutzmaßnahme.«
    »Gegen was? Schon gut, ich gebe zu, es muss nichts zu bedeuten haben, aber –«
    »Vielleicht bist du übersensibilisiert, weil du hundemüde bist. Wir wurden wie Ehrengäste aufgenommen – man hat uns nicht mal die Augen verbunden, als wir die Gänge passierten.«
    »Mmmh.« Seine Miene entspannte. Es war zwar kein Lächeln, aber immerhin. »Ich wollte dich nicht aufregen, Mutter. Du bist bestimmt auch sehr müde. Warum gehst du nicht schlafen?«
    »Nach dem vielen Essen und dem Wein bin ich ziemlich schläfrig, das gebe ich zu. Ich glaube, wir sollten uns erst einmal hinlegen. Morgen erfahren wir bestimmt mehr.«
    Die beiden Mädchen nahmen zusammen eine Schlafkammer, ich schlief allein. Der kühle, dämmrige Raum wurde lediglich von einer Öllampe erhellt. Das Bett hatte eine Matratze aus leinenbezogenem Ledergeflecht, aber nach den letzten Nächten mutete es so himmlisch weich an wie Federkern. Müde, wie ich war, fiel ich sofort in einen unruhigen Schlaf.
    Einmal hatte ich Abdullahs Gesicht vor mir, aber er schwieg und verschwand wieder. Ein anderes Bild war das von Nefret – wie damals in der weißen Robe der Hohepriesterin der Isis, das offene Haar weich um ihre Schultern gefächert. Und ich sah die schillerndbunten Vögel aus der Legendenstadt Zerzura, flatternd und hüpfend äußerten sie spitze Schreie, eher menschlich denn Vogelgezwitscher.
    Als ich relativ erholt aufwachte, stahlen sich die Sonnenstrahlen bereits durch die hohen Fenster. Sofort erschien eine Dienerin, die mir in das lose Gewand half und mich mit einer tiefen Verbeugung ins Nebenzimmer winkte, wo schon das Frühstück wartete. Kurz darauf tauchte Emerson augenreibend auf.
    »Ich gäbe was für eine Tasse Kaffee«, grummelte er. »Ich hab sogar geträumt, ich rieche Kaffeeduft.«
    »Ich auch«, seufzte ich. »Ich hab noch ein bisschen Tee und Zucker dabei. Wenn ich alles ausgepackt habe, werde ich den Dienern zeigen, wie man ihn aufbrüht. Wo sind die anderen?«
    »Die kommen noch.« Eine Dienerin hielt ihm eine gefüllte Obstschale hin, eine andere eine Platte mit kleinen, honigtriefenden Kuchen. »Uffz«, meinte Emerson. »Ich schwör’s dir, Peabody, ich riech immer noch den –« Plötzlich brach er ab und seine Augen weiteten sich, als eine weitere Bedienstete eine dunkle, duftende Flüssigkeit in unsere Tonbecher goss. Emerson grapschte nach seinem und trank.
    »Gute Güte«, entfuhr es mir nach dem ersten Schluck. »Es ist Kaffee. Wo mögen die den bloß herhaben?«
    »Das ist mir absolut schnurzegal«, meinte Emerson und hielt der Dienerin erneut den Becher hin.
    Ramses gesellte sich mit Selim und Daoud zu uns. »Guten Morgen, Mutter. Guten Morgen, Vater. Mit meinem Geruchssinn stimmt etwas nicht; ich dachte doch tatsächlich, ich rieche –«
    »Kaffee«, strahlte Emerson. »Wirklich, eine nette Geste von Tarek. War bestimmt nicht einfach, den hier zu bekommen.«
    Ramses’ ausdrucksvolle schwarze Brauen zogen sich zusammen, als er schweigend das ihm gereichte Behältnis in Empfang nahm.
    »Er ist gut«, meinte Daoud. »Könnte aber stärker und süßer sein für meinen Geschmack.«
    »Sie nehmen Honig statt Zucker zum Süßen«, erklärte ich.

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