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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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allein – bis auf Daria. Hab ich dir schon von ihr erzählt? Nein, das habe ich im Zuge der Ereignisse bestimmt vergessen. Sie ist ein eigenartiges Mädchen, sehr jung, sehr hübsch und Begleiterin eines Ekelpakets namens Newbold, Jäger und Schatzsucher. Sie bat mich um Hilfe, deshalb nahmen wir sie mit zum Heiligen Berg. Die Expedition verlief relativ problemlos und wir wurden wie Ehrengäste aufgenommen. Ich ging erschöpft zu Bett und freute mich riesig darauf, Tarek tags darauf wiederzusehen. Als ich am nächsten Morgen aufwachte … Wie soll ich dir das erklären? Ich ging als Nefret Forth schlafen und wachte als Hohepriesterin der Isis wieder auf. Die Räume waren noch dieselben wie zehn Jahre zuvor; jedes Gemälde, jedes Möbelstück identisch, genau wie das niedrige Bett mit den Leinenlaken, auf dem ich ruhte. Die Frauen, die ringsherum standen, trugen weiße Gewänder und hatten die Gesichtsschleier zurückgestreift – es waren die Zofen der Göttin.
    Lia, mir fuhr der Schreck in sämtliche Glieder! Einen grässlichen Augenblick lang dachte ich, ich hätte den Heiligen Berg nie verlassen – dass die dazwischen liegenden Jahre nur ein Traum gewesen wären. Du, der Professor, Tante Amelia, Ramses und alle anderen – lediglich eine Vision. Ich fing an zu weinen. Ich schäme mich ja so. Aber du kannst dir nicht vorstellen, wie bedrückend das Gefühl war, all die geliebten Menschen verloren zu haben.
    Eine der Zofen beugte sich über mich, öffnete meine Robe und legte ihre Hand auf mein Herz. Jene Dienerinnen sind Heilerinnen, die sich auf »die Stimme des Herzens« verstehen. Sie lächelte und nickte, worauf eine andere mit einem Becher heranglitt, der irgendeine undefinierbare Flüssigkeit enthielt.
    Mit einem Schlag war ich hellwach. Ahnst du, wieso? Nun ja, es war der Anblick meines Körpers, Lia – eines Frauenkörpers, nicht der einer Dreizehnjährigen mit knospenden Brüsten.
    Ich setzte mich auf und schob den Becher weg.
    »Nein«, rief ich. »Wie bin ich hergekommen? Wo sind meine Freunde?«
    Die Zofen scharten sich um mich. Ihre Gesichter waren mir völlig fremd. Ein weiterer Hinweis, dass viel Zeit verstrichen war. Alle, die ich gekannt hatte – Mentarit, Amenit und die anderen – waren inzwischen erwachsen und aus den Diensten der Göttin geschieden. Das Mädchen mit dem Becher – sie hatte ein rundliches Gesicht mit einem kleinen Schmollmund – hielt mir diesen erneut hin. Ich schob das Gefäß so heftig von mir, dass etwas von der Flüssigkeit auf ihre jungfräulich weiße Robe tropfte. Das tat mir richtig gut.
    Aber der Reihe nach, wie Tante Amelia sagen würde. Ich hatte unsäglichen Durst, war aber skeptisch, dass der Flüssigkeit – dem Aussehen nach Wein – etwas beigemischt sein könnte. »Du trinkst zuerst«, wies ich das Mädchen an. Stirnrunzelnd gehorchte sie, zudem hatte mein couragiertes Auftreten die anderen stark beeindruckt. Eine von ihnen, ein hübsches, etwa dreizehnjähriges Mädchen, erkundigte sich zaghaft: »Möchte die Priesterin ihre persönliche Dienerin sehen?«
    Damit meinten sie Daria. Bei ihrem Anblick hellte sich meine Stimmung auf – endlich jemand aus meinem Umfeld, eine Verbindung zur Realität. Sie trug noch immer das Nachthemd, das sie vorm Zubettgehen übergestreift hatte, und das offene Haar fiel ihr über die Schultern. Ich sprang auf, schob mich durch die versammelte Mädchenschar und lief zu ihr.
    »Wie geht es dir?«
    Sie war ein bisschen blass um die Nase, aber ganz gefasst.
    »Sie haben mich gut behandelt.«
    »Hast du mitbekommen, was mit uns passiert ist?«
    »Männer brachten uns fort, mitten in der Nacht. Du hast fest geschlafen. Ich wachte auf und versuchte zu schreien, aber einer hielt mir den Mund zu und trug mich weg. Was haben sie mit uns vor?«
    Allmählich schwante mir, was sie mit mir vorhatten. Nachdem man uns mit Speisen und Getränken versorgt hatte, ergab ich mich ohne Protest den altbekannten Ritualen: Ich wurde gebadet, mit Lotusöl gesalbt, in feinstes Leinen gehüllt und mit den Insignien der Hohepriesterin ausgestattet – dem schweren juwelenbesetzten Kragen, der bunt bestickten Schärpe, Arm- und Fußreifen, und einem Kopfschmuck mit goldenen Federn. Diese Prozedur dauerte den gesamten Vormittag. Auf meine bohrenden Fragen, was mit den anderen sei, wurde mir nur immer wieder ausweichend geantwortet: »Der Hohepriester kommt bald.«
    »Das will ich verdammt noch mal hoffen«, zischelte ich zu Daria. Eine der Zofen – es

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