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Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels

Titel: Amelia Peabody 16: Wächter des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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tust mir weh –«
    Ich ließ sie los und sank zurück in den Sessel. »Schlimme Nachrichten, Daria«, seufzte ich. »Inzwischen ist mir vieles klar.«
    Sie brachte ihr Gesicht dicht an meins. »Ich verstehe kein Wort, Nefret. Hast du mit mir geredet?«
    Ich hatte Meroitisch gesprochen. Ich fasste ihre Hand.
    »Bitte, bleib bei mir, Daria. Unterhalte dich auf Englisch mit mir und vergegenwärtige mir immer wieder, wer ich bin.«

    Nach einer lähmenden Schrecksekunde fiel mein Blick auf die rechte Seite des Pylons, wo eine kleinere männliche Figur einem sitzenden König ein Anch ~ das Symbol des Lebens – darbot. Der Kleine trug die geflochtene Seitenlocke der Jugendlichen und seine Nase war erheblich länger als die des Monarchen.
    Zekare schien recht angetan von seiner gelungenen Überraschung. Als er die Audienz für beendet erklärte, brachen wir schleunigst auf. Emerson murmelte immer wieder: »Oh Gott! Oh Gott, oh Gott!«
    Nachdem wir ein Stück durch den Eingangsbereich flaniert waren, sagte ich gedankenvoll: »Ich frage mich, wieso der neue Regent das Relief nicht entfernen ließ. Bestimmt hat Tarek es uns zu Ehren anbringen lassen, demnach ist er dort abgebildet.«
    Ramses wirkte leicht irritiert über sein Ebenbild – die Nase war wirklich ein bisschen übertrieben – gleichwohl hatte er wie üblich die Antwort auf meine Frage parat.
    »Die Kartusche ist ausgewechselt worden, Mutter. Du erinnerst dich, das war obligatorisch in Ägypten, sobald ein neuer Herrscher eingesetzt wurde. Die Darstellung als solche blieb erhalten; man veränderte nicht einmal die Gesichtszüge.«
    »Hmmm, ja«, bekräftigte Emerson. »Allmählich reime ich mir so einiges zusammen –«
    »Lass uns das später erörtern, Vater«, unterbrach Ramses. Er deutete auf Amenislo, der vor uns her trottete.
    »Ganz recht, mein Junge, wir wollen schließlich keine Zuhörer«, zischelte Emerson. »Offenbar hat er die Seiten gewechselt. Und sich gegen seinen eigenen Bruder gestellt!«
    »Sämtliche Mitglieder der Aristokratie sind eng miteinander verwandt«, warf ich ein. »Bestimmt ist der neue Herrscher ein Cousin ersten, zweiten oder dritten Grades von Tarek. Um seinen Anspruch auf den Thron durchzusetzen, musste er irgendwie mit der königlichen Familie verbandelt sein.«
    Wir schwiegen, bis wir unsere Gemächer erreicht hatten. »Ramses, hol Daoud und Selim«, sagte Emerson. »Und Ihr« – er deutete auf Amenislo, der sich lächelnd verneigte – »verschwindet jetzt. Ab mit Euch. Lasst uns allein.«
    »Aber Emerson!«, entfuhr es mir. »Sei doch nicht so grob mit ihm.«
    »Setzt die da gleich mit vor die Tür«, knurrte Emerson mit einem unwirschen Nicken zu den Dienstboten. »Anders als Amenislo verstehen sie kein Englisch«, erwiderte ich. »Ich werde ihnen irgendwie klar machen, dass sie das Mittagessen servieren sollen. Daoud hat bestimmt Hunger und ich könnte auch einen Happen vertragen.«
    »Wie kannst du in dieser Situation ans Essen denken?«, erregte sich Emerson.
    »Wir müssen bei Kräften bleiben«, versetzte ich. »Wenigstens wissen wir jetzt, dass die Mädchen nicht in Gefahr sind.«
    Daoud setzte sich und aß mit gewohnt gutem Appetit, Selim hingegen war sichtlich aufgebracht. »Ramses sagt, dass sie Nur Misur geholt haben, als Priesterin für ihre falschen Götter«, schimpfte er. »Was sollen wir nun tun?«
    »Die Sitt Hakim macht einen Plan«, meinte Daoud. »Ja, sicher.« Ich hüstelte verlegen. »Aber wir müssen äußerst vorsichtig vorgehen. Diese Leute nehmen ihre Religion ungeheuer ernst und –«
    »Red nicht solchen Kokolores, Peabody«, wetterte Emerson, dem jede Form der Glaubensausübung fern liegt. »In dieser wie in allen anderen mir bekannten Herrscherkasten ist die Religion doch nur ein Deckmäntelchen für politisches Kalkül. Wenn der neue König mächtig genug wäre, könnte er seine eigene Hohepriesterin einsetzen und auf Traditionen pfeifen.«
    »So ist er mit der Position der Gottesgemahlin, also der Heneshem, wohl auch verfahren«, räumte Ramses ein. »Du erinnerst dich doch, wie das in Ägypten gehandhabt wurde – wenn ein neuer Monarch den Thron bestieg, ließ er seine Tochter von der herrschenden Gottesgemahlin als deren Nachfolgerin adoptieren. Nefrets Mutter war ein Ausnahmefall und sie starb während ihrer Amtsausübung. Vielleicht hatte sie eine Adoptivtochter, die dann ihren Platz eingenommen hat, aber nicht über ihre Macht verfügt. Angenommen, der Tyrann hätte der neuen Heneshem

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