Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone
stürmisch, und dann wurde er dem Hund vorgestellt.
»Eine prima Idee«, sagte David. Er kraulte den riesigen Hundekopf. »Aber als Wachhund wirkt er – sie – nicht unbedingt abschreckend auf mich.«
»Tja, diese Fähigkeit muß sie erst noch beweisen«, meinte Ramses nüchtern.
»Die Bösewichte wissen jedenfalls, daß sie da ist«, warf Daoud ein. »Sie machen einen Riesenbogen um Amira.«
»Mag sein, daß du recht hast, Daoud«, sagte ich eher skeptisch. Jeder, der fünf Sekunden mit Amira zugebracht hatte, wußte, daß die Hündin lammfromm war, gleichwohl war Daoud stolz auf seine glorreiche Empfehlung. »In letzter Zeit ist es um einiges ruhiger geworden.«
»Außer daß dieser Mr. Lidmann fast ertrunken wäre«, warf David ein.
»Das war ein Unfall«, betonte ich, denn auf diese offizielle Version hatten wir uns geeinigt.
»Das weiß allein Allah«, erklärte Daoud. »Der Atem wurde seinem Körper abgepreßt, nicht wahr?«
»Erzählen sie das so in Luxor?« erkundigte sich Sethos.
»Einige. Sie möchten, daß der Vater der Flüche einen Exorzismus vornimmt.«
»Eine ausgezeichnete Idee«, sagte Sethos allen Ernstes. »Wie stehst du dazu, Bruderherz?«
»Wahrscheinlich bleibt mir gar nichts anderes übrig.« Emerson seufzte inbrünstig, so als wäre ihm die Vorstellung ein Greuel. »Wenn unsere Burschen sich in den Kopf gesetzt haben, daß da ein schwarzer Dämon frei rumläuft.«
Selim, der bösen Geistern, Flüchen und sonstigem übersinnlichen Ungemach nichts abgewinnen konnte, strich sich grinsend über den beachtlichen Bart. »Schaden kann es ja nicht, Vater der Flüche. Es heißt, daß der schwarze Dämon gestern nacht in Luxor gesichtet wurde. Er spazierte unten am Fluß.«
»Wer sagt das?« bohrte Ramses.
»Die üblichen ›sie‹«, gab Emerson zurück. »Irgendwer hat es von seinem Cousin aufgeschnappt, der es wiederum von einem Freund wußte, der betrunken oder im Haschischrausch war. Also gut, ich werde darüber nachdenken. Vielleicht locken wir Mrs. Petherick damit sogar aus ihrem Versteck.«
Aus Manuskript H
Auf seine Weise war Daoud einmalig und unersetzbar. Gleich am nächsten Morgen kam er mit der Neuigkeit, daß Lidmann außer Lebensgefahr sei und daß Cyrus ihn zur Rekonvaleszenz ins Schloß eingeladen habe.
»Das war aber nett von Cyrus«, meinte Nefret.
Eher eine Vorsichtsmaßnahme, schloß Ramses. Cyrus war von Lidmanns Unschuld beileibe nicht überzeugt und sein hochherrschaftliches Anwesen unweit vom Tal der Könige so sicher wie eine Festung. Hohe Mauern umgaben das Grundstück, und die stets verschlossenen Tore waren gut bewacht. Somit konnte Lidmann nicht ungesehen verschwinden und hätte bei einem möglichen »Vorfall« in puncto schwarzer Dämon ein bombensicheres Alibi gehabt.
»Nett, daß ich nicht lache«, raunzte Emerson. »Vandergelt will ein Auge auf den Burschen haben. Genialer Schachzug. Peabody, ich hab Winlock und seine Mannschaft heute zum Abendessen eingeladen. Ich hab Fatima informiert.«
»Aber mich nicht, Emerson.«
»Ist hiermit geschehen. Und jetzt an die Arbeit, meine Lieben.«
Sethos begleitete sie an jenem Morgen – nachdem der schmutzigste Teil der Freilegungsarbeiten erledigt war und die Aussicht auf neue Funde lockte. Er war passend für die Rolle des begnadeten Amateurarchäologen gekleidet, mit abgewetztem Tweedsakko und verkratztem Tropenhelm. Ramses war ebenfalls mit von der Partie. Katschenowsky kam ohnehin erst am Nachmittag und blieb gern zum Tee. Wie von Emerson prophezeit, fanden sie unter dem Schutt im Grabgang Splitter von dem vergoldeten Schrein.
Das Blattgold hatte sich leider unwiederbringlich gelöst, überdies bestand wenig Hoffnung, daß sich Teile der Wandszenen würden restaurieren lassen. Es war deprimierend, aber nicht verwunderlich, denn Davis war mit seiner Crew sowie Scharen von Besuchern in die versiegelte Grabkammer eingedrungen und hatte aufgrund seiner Unachtsamkeit eine Menge zerstört. Das wäre dem Professor niemals passiert.
Er hätte kopiert, fotografiert, stabilisiert und katalogisiert und jeden vertrieben, der sich unautorisiert in die Nähe der Gruft wagte. Davis hingegen hatte mit aller Macht wissen wollen, was dort unten lagerte.
Ihre Mission gestaltete sich letztlich frustrierender als von Ramses erwartet – vieles war unrettbar verloren! –, und er war darum nicht traurig, daß er gegen Mittag zum Haus zurückkehren konnte. In Höhe der Eselkoppel holte sein Vater ihn ein.
»Eine Sache
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