Amelia Peabody 17: Die Schlangenkrone
ich. »Wie viele wirklich überzeugt waren, wird sich noch herausstellen.«
»Hauptsache, es hat Spaß gemacht«, meinte Selim.
»Sagen Sie jetzt nicht«, hob Cyrus gequält an, »daß Sie die Statue ins Feuer geworfen haben.«
»Seien Sie kein Narr«, entgegnete Emerson brutal. »Um massives Gold zu schmelzen, bedarf es einer wesentlich heißeren Flamme. Das hier war eine Gipsattrappe, die ich vorher golden angepinselt hatte.«
Nachdem wir die Gäste verabschiedet hatten, verschwand mein Ehemann im Bad – offen gestanden war er ziemlich verrußt. Ich bürstete gerade mein Haar, als er zurückkehrte, ein bißchen angekokelt um die Schienbeine, aber ungeheuer zufrieden mit sich.
»Das sollte den schwarzen Dämon ein für alle Mal gebannt haben«, erklärte er und umarmte mich. »Und was bekommt der Hexenmeister dafür?«
Ich legte die Bürste auf den Frisiertisch und gab ihm die entsprechende Belohnung. »Es war hervorragend gemacht«, sagte ich zwischen Küssen. »Eigentlich hatte ich ja gehofft, daß Mrs. Petherick es sich nicht verkneifen könnte zu kommen. Aber im Publikum habe ich sie nirgends entdeckt.«
»Ich auch nicht. Ach, die taucht irgendwann schon wieder auf.«
Das tat sie, gleich am nächsten Morgen. Allerdings hatte sie weniger Glück als Heinrich Lidmann.
Offiziell wurden wir von Inspektor Ayyid über den fatalen Fund in Kenntnis gesetzt. Wir waren gerade mit dem Frühstück fertig, als man ihn ankündigte. Ein Blick in unsere ernsten Gesichter, und der Polizeichef folgerte: »Wie ich sehe, wissen Sie Bescheid. Daoud hat es Ihnen vermutlich schon erzählt. Vielleicht arbeitet er besser gleich für mich, immerhin scheint er wichtige Informationen noch vor der Polizei zu kennen.«
»Unsere Informanten sind gewissenhaft, aber nicht immer detailgenau.« Ich bedeutete ihm, Platz zu nehmen. »Wir sind gespannt auf die näheren Umstände. Kann ich Ihnen irgend etwas anbieten?«
»Einen Kaffee, wenn es Ihnen keine Umstände macht.« Ayyid fixierte Sethos. »Ich glaube nicht, daß wir uns schon kennen.«
Die Serviette in der Hand, erhob sich Sethos und verbeugte sich höflich. »Anthony Bissinghurst, zu Ihren Diensten. Angenehm, Sie kennenzulernen. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.«
Die betonte Höflichkeit machte auf Ayyid keinen Eindruck. »Sind Sie kürzlich erst in Luxor eingetroffen?«
Das Aufblitzen in Sethos’ Augen verriet mir, daß er dem guten Inspektor am liebsten einen Riesenbären aufgebunden hätte. Statt dessen sagte er: »Ich bin vorgestern mit Professor Emerson angereist. Das dürfte als Alibi doch reichen, oder?«
»Damit macht man keine Witze.« Ich sah meinen Schwager scharf an.
»Standen Sie in irgendeiner Beziehung zu der Toten?« forschte Ayyid.
»In absolut keiner«, gab ich zurück. »Wo hat man sie denn gefunden, und wie ist sie zu Tode gekommen?«
Die Leiche war am frühen Morgen von einem der Gärtner entdeckt worden, die die Blumenbeete im Park des Winter Palace pflegten. Sie hatte wie eine friedlich Schlummernde, mit züchtig gefalteten Händen, unter einem blühenden Busch gelegen. Das wußten wir bereits von Daoud, dessen Informantennetzwerk in Luxor wie immer lückenlos funktionierte. Er hatte dem Ganzen einen poetischen Anstrich verliehen: Die Blütenblätter hätten den Leichnam der bedauernswerten Dame wie Schneeflocken bedeckt.
Inspektor Ayyid erwähnte nichts von irgendwelchen Blütenblättern. »Die Todesursache kennen wir noch nicht. An der Leiche sind keinerlei Spuren von Gewalteinwirkung festzustellen. Eine Obduktion ist deshalb unumgänglich.«
Er erhob sich, offensichtlich nicht bereit, mögliche Verdachtsmomente anklingen zu lassen. »Solange die Todesursache nicht eindeutig belegt ist, besteht für uns kein weiterer Handlungsbedarf. Vielleicht ist sie ja eines natürlichen Todes gestorben.«
»Unsinn«, platzte ich heraus. »Nachdem sie eine Woche lang spurlos verschwunden war, taucht sie im Hotel wieder auf, diesmal als Leiche unter einer Bougainvillea, mit gefalteten Händen?«
Darauf wußte Ayyid keine Antwort. Nachdem er kurz mit Nefret über ihre Mitwirkung bei der Autopsie diskutiert hatte, verbeugte er sich und verließ das Haus.
Emerson fixierte mich mit mordlustigem Blick. »Wenn du jetzt behauptest ›Das hab ich dir ja gleich gesagt‹, Peabody –«
»Emerson, wie du weißt, verabscheue ich diese Phrase, vor allem zwischen Ehepartnern.«
»Haha«, tönte Emerson. »Ich hab aufgehört zu zählen, wie oft du –«
»Das
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