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Amelia Peabody 18: Das Königsgrab

Titel: Amelia Peabody 18: Das Königsgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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und meiner Familie jegliche Unterstützung zugesagt hatte. Die können wir jetzt wirklich gebrauchen. Nötigungen und Bespitzelungen sind mir nämlich ein Gräuel.«
    Der weiche rosige Mund verzog sich zu einem Grinsen. »Das kann ich Ihnen nachfühlen«, murmelte Wetherby. »Ich darf Ihnen schon jetzt versprechen, dass mein Vorgesetzter die erforderlichen Schritte einleiten wird, um Ihnen weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen. Die eine oder andere falsche Spur legen … Sie informieren uns bitte, falls Sie von dem fraglichen Individuum hören sollten?«
    »Wenn Sie im Gegenzug das Gleiche tun.«
    »Mein Wort darauf, Ma’am.«
    Ob man sich dafür etwas kaufen kann, überlegte ich mit einem Hauch von Ironie. Wenigstens war Mr Wetherby umgänglicher als Smith. Mit einem bedauernden Blick verabschiedete ich mich von meinem halb aufgegessenen Stück Aprikosentorte und ließ Mr Wetherby bezahlen. Ich kam noch pünktlich am Bahnhof an.
    Alles in allem war der Tag erfolgreich verlaufen. Nach einem leichten Imbiss im Speisewagen suchte ich mit dem erhebenden Gefühl innerer Zufriedenheit das Schlafwagenabteil auf.

    Ich habe nie verstanden, wieso ich so unregelmäßig und scheinbar willkürlich von Abdullah träumte, und vor allem, warum ich ihn dann immer als elanvollen jungen Mann mit kohlschwarzem Bart sah und nicht als den weißhaarigen Patriarchen, der er zum Zeitpunkt seines Todes bereits war. Er tauchte selten auf, wenn ich dringend einen Rat gebraucht hätte, und seine Ausführungen blieben meistens kryptisch. Bisweilen tröstete er mich, wenn ich besorgt war; manchmal machte er vage Andeutungen, die ich erst kapierte, wenn es für eine entsprechende Reaktion längst zu spät war; des Öfteren schalt er mein Verhalten als töricht und unüberlegt. Ein bisschen mehr konstruktive Unterstützung wäre sicher wünschenswert gewesen, zumal von einer alten Bekanntschaft aus dem Jenseits, wo alles bekannt und vorgezeichnet ist. Da hat man meiner Ansicht nach das Recht auf den einen oder anderen praktischen Hinweis. Trotzdem war ich dankbar um jedes Wiedersehen mit ihm und um die Erkenntnis, dass er in irgendeiner Form, in einer uns unbekannten Dimension, fortexistierte.
    Er erwartete mich um die übliche Zeit und an der gewohnten Stelle: bei Sonnenaufgang auf den Klippen über Deir el-Bahari unweit von Luxor. Er schien gnädiger Stimmung, da er mich lächelnd und nicht mit bärbeißiger Miene begrüßte. Einen langen Augenblick standen wir schweigend da und beobachteten, wie pastellfarbenes Licht den Fluss, Felder und Wüste streifte und unter uns im Tal die Kolonnaden von Hatschepsuts Tempel hell erstrahlen ließ.
    »So«, sagte ich. »Keine neue Leiche in diesem Jahr, Abdullah.«
    Das war ein alter Scherz zwischen uns. Abdullah grinste. »Noch nicht.«
    »Wer?«
    Er antwortete nicht. Damit hatte ich offen gestanden auch nicht gerechnet.
    »Es gibt immer eine Leiche.« In seiner Stimme schwang ein Hauch von Tragik, und seine Augen schimmerten feucht, als er hinzusetzte: »Zuletzt wäre es um ein Haar deine gewesen, Sitt.«
    »Ach, das ist doch schon wieder Monate her«, wiegelte ich ab. »Hast du irgendwelche Neuigkeiten für mich?«
    Abdullah strich über seinen Bart. »Hmmm. Du wirst bald einen Besucher haben, den du zwar erwartest, aber nicht sehen möchtest. Und Emerson hat Recht, wo er lieber im Unrecht gewesen wäre.«
    Das war informativer als sonst, wenn Abdullah auch eher wie ein spiritistisches Medium klang. Ich ging davon aus, dass es sich bei dem unerwünschten Besucher um Sethos handelte. Der zweite Hinweis bezog sich womöglich auf …
    »Aha«, rief ich. »Dann gibt es im Tal der Könige also doch noch ein neues Königsgrab?«
    »So sagte ich bereits.«
    »Du hast gesagt, es gäbe zwei.«
    »Richtig«, räumte Abdullah ein.
    »Wo denn? Ach egal, du würdest es mir ohnehin nicht verraten, stimmt’s? Was ist mit dem Übergriff auf Ramses und Emerson? Droht ihnen weiterhin Gefahr von diesen Leuten?«
    »Sie schwebten nie in Gefahr. Es war ein törichter Streich von törichten Männern.«
    »Welche Männer?«
    »Ihre Namen sagen dir nichts. Sie sind wieder dort, wo sie herkamen.«
    »Wer hat sie geschickt? Müssen wir mit weiteren Überfällen rechnen?«
    »Ich habe dir doch erklärt«, versetzte Abdullah mit Engelsgeduld, »dass die Zukunft nicht in Stein gemeißelt ist. Deine Handlungen bewirken Reaktionen. Und umgekehrt auch.«
    »Ah«, merkte ich auf, »dann haben wir mithin einen freien Willen. Dieses

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