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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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Fernsehprogramm erlaubt. Gemeinsame Wohnung erst nach der Heirat. Heirat erst, wenn der Roman fertig ist. Kinder erst, wenn der Roman erschienen ist.« Ihre an sich sanfte Stimme war schrill geworden, und das Gesicht des eher phlegmatischen Hermann wurde langsam rot vor Wut. Er setzte zu einer Erwiderung an, aber Amelie gab ihm keine Chance.
    »Nein, mein Bester, so kann es mit uns beiden nicht weitergehen. Ich bin zweiunddreißig plus, und du wirst demnächst achtunddreißig. Wir sind in unseren besten Jahren und führen ein Leben wie fallweise zueinander findende Frührentner. Ich will das nicht mehr. Ich will endlich was Neues, ich will Abenteuer erleben, will Wind um die Ohren…ich will am Heustadlwasser Schifferl fahren… ich…«, sie stockte, holte ein paarmal Luft und begann trocken zu schluchzen.
    Hermann sah sie fassungslos an, jäh verrauchte seine Wut, er suchte nach den passenden Worten und fand sie schon wieder nicht. »Nun ja, ich stelle fest, du bist ein wenig hysterisch. Unter diesen Umständen gehe ich besser.« Amelie nickte heftig. Während sie immer noch stoßweise Atem holte, ging sie zur Tür und hielt sie weit für ihn auf. »Rufe mich an, wenn es dir besser geht«, sagte er mit ruhiger, allzu gelassener Stimme und ging.
    Sobald die Tür hinter Hermann zugefallen war, begann Amelie endlich nass zu weinen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Sie weinte nur kurz, wischte sich die Augen trocken, schnäuzte sich, sah sich in ihrer Wohnung um und lächelte wie die Abendsonne nach einem Sommergewitter. »Ich liebe dich«, sagte sie laut und meinte den Raum, in dem sie stand.
    Er war weit und hoch und nur mit dem Notwendigsten möbliert. Wer ihn betrat, war von ihm bezaubert, und der Zauber lag in seinem Licht. Kühles, schattenloses, durch das nach Norden gerichtete Atelierfenster einfallendes Licht.
    In Wahrheit war der Raum ein ganzes Haus. Besser gesagt, eines dieser Gartenhäuser, die in Wien Salettl heißen. Ende des 19. Jahrhunderts war es im weitläufigen Hof eines Josefstädter Zinshauses errichtet worden und war – im Hinblick auf das eine ganze Wand umfassende Atelierfenster – wohl schon damals für einen Maler oder Bildhauer gedacht gewesen.
    Zum ersten Mal hatte Amelie das Haus im Schlepptau von Max Klinger betreten. Es war kurz nach ihrer beider Ankunft in Wien gewesen. Eine Trennung lag bereits in der Luft, denn Klinger legte einen besorgniserregenden Freiheitsdrang an den Tag. Er wollte Amelie loswerden, ohne sie dabei allzu sehr zu verletzen. In diesem Zusammenhang dürfte er auf die Idee verfallen sein, sie einem Berufskollegen anzuhängen. Der Mann seiner Wahl war weit über vierzig und noch erfolgloser als Klinger. Aber er bewohnte das Salettl, das damals zwar eine Bruchbude war, die er möglichst bald verlassen wollte, in das sich Amelie jedoch auf den ersten Blick verliebte. Obwohl sie an dem Salettlbewohner selbst nicht das geringste Interesse hatte, besuchte sie ihn immer wieder, um den Zeitpunkt seines Auszugs nicht zu verpassen. In Verfolgung eines Ziels vermochte Amelie eine beachtliche Zähigkeit an den Tag zu legen. Zwei Jahre lauerte sie auf »ihr« Häuschen. Als der Maler endlich auszog, hatte sie längst die Übernahme des Objekts mit der Hausverwaltung abgesprochen.
    Schliff und Pfiff hatte freilich erst Uli dem Salettl verliehen. Sein Entwurf integrierte Bad, WC, eine winzige Küche und eine Garderobe in die südseitig gelegene Pawlatschen, den biedermeierlichen Laubengang des Häuschens. Der Atelierraum selbst wurde bis auf die nackten vier Wände gestrippt und bekam einen hellen Holzboden verpasst. In seiner Mitte stand ein großer Allzwecktisch aus Glas und Chrom und vier Thonetstühle; rechts ein wandfüllender flämischer Prachtschrank, den Amelie von ihrer Großmutter geerbt hatte und der ihren gesamten Hausrat barg, links ein gewaltiger Lese-Liege-Lederstuhl und eine kombinierte Fernseh- und Musikanlage. Das war’s. Und die Hühnerleiter natürlich, die zu dem drei mal drei Meter großen Hängeboden führte, auf dem Amelie schlief.
    Hermann hasste die Hühnerleiter und fand die Bettstatt exaltiert; er sehe nicht ein, weshalb er sich beim Beischlaf fühlen müsse wie ein Akrobat ohne Netz, da er das Gefühl nicht loskriege, dass jeder Liebes zum Trapezakt werde. Amelie hingegen empfand die Leiter und das Hängebett als Tüpfel auf dem i ihrer ungewöhnlichen Behausung und zelebrierte jeden Auf- und Abstieg.
    In einem ihrer überweiten Herrenpyjamas stand

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