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Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Amelie und die Liebe unterm Regenschirm

Titel: Amelie und die Liebe unterm Regenschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Molden
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wahres Selbst.« Als Amelie nichts erwiderte, zuckte er die Achseln. »Also noch immer keine Entscheidung? Tststs.« Amelie lächelte bloß, da hakte Uli sie liebevoll unter. »Komm, mein Hühnchen, dort drüben steht mein Wagen, ich bringe dich heim.« Als sie vor Amelies Haustor hielten, fragte Uli: »Und? Was hast du alles vor in dieser Woche?«
    »Nicht viel, Herbstreisen vorbereiten.« Sie küsste Uli auf die Wange, stieg aus und sperrte das schwere Eingangstor auf. Ehe sie verschwand, drehte sie sich noch einmal zu ihm um. »Ich bin so glücklich, dass es regnet«, rief sie ihm zu.
    Immer noch heiter gestimmt, stand sie in der Küche, um sich Pfefferminztee aufzubrühen, als sie quasi aus dem Off die lachende Stimme des Mannes mit den Galoschen vernahm – ›Hoppla. Nicht behütet und schlecht beschirmt‹ –, es erstaunte sie kaum, die Erinnerung an die Ballhausplatzszene fiel sie immer wieder überfallartig an. Was ihr erst jetzt zum Bewusstsein kam und sie erstaunte, war die Tatsache, dass sie Uli kein Wort davon erzählt hatte.
    Sie starrte auf den Dampf, der dem Wasserkessel zischend entwich. »Eigenartig. Warum hab ich nicht?«, fragte sie sich laut. Weil es verrückt klingt? Unwirklich ist? Nicht zu mir passt, dass ich einen dummen Zufall nicht aus dem Kopf kriege und mit dem Gedanken spiele, einen Hinkenden ohne Namen und Gesicht ausfindig zu machen?
    Sie goss das Wasser über den Teebeutel. Auf den Duft der Pfefferminze war Verlass – er machte klar im Hirn. ›Uli ist mein bester Freund. Er wird über die Sache lachen und mich verstehen. Wenn ich ihn einbeziehe, wird das Ganze realer. Er könnte statt meiner zum Bundeskanzleramt gehen und sich beim Portier erkundigen.‹
    Königsidee! Sie würde Uli unverzüglich anrufen und ihm alles erzählen. Als sie mit ihrer Teetasse im Wohnzimmer stand und nach dem Telefon griff, zögerte sie. Nicht telefonisch, nein. Aug in Aug mit ihm würde sie ihm die absurde Geschichte erklären.
    Sie wählte Ulis Nummer, fragte, ob er gut nach Hause gekommen sei, und sprach ein paar Sätze über den Film, ehe sie ihn fragte, ob er am nächsten Tag bei ihr vorbeikommen könne, sie wolle etwas mit ihm besprechen.
    »Schlecht, mein Hühnchen, morgen ist ganz schlecht, ich bin morgen den ganzen Tag im Theater.« Er wartete auf eine Erwiderung, aber Amelie schwieg. »Ist etwas geschehen?«, fragte er, und erst als Amelie nur »hmmm« machte, wurde er neugierig. »Ha, ich weiß! Beflügelt von Wanda hast du den Cherusker angerufen und mit ihm Schluss gemacht!«
    Jesus, Hermann, den hab ich ganz vergessen, dachte Amelie, und ihr Gewissen regte sich dabei kein bisschen. »Nein, mein Hähnchen, mit Hermann hat es nichts zu tun. Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, davor muss ich dir eine Geschichte erzählen. Aber es hat keine Eile«, sagte sie ruhig, als handelte es sich um etwas nicht allzu Dringendes. Sie wusste, dass Uli neugierig war wie eine Bergziege. Er würde kommen.
    Und prompt biss Uli an. »Also gut, warte im Geschäft auf mich. Aber es kann spät werden.«
    Amelie trank ihren Tee, schaltete den Fernsehapparat an und gleich wieder ab und verzog sich in ihre hängende Schlafstatt. Rund um den Futon war ein Wall aus Kuschelpolstern in sanften Farben aufgeschichtet. Mit einem gehauchten »Orient« pflegte Amelie sich zum Nichtstun in selbige sinken zu lassen. »Orient«, seufzte sie genüsslich, ließ sich fallen und schloss die Augen, um die Begegnung mit dem Galoschenmann im Geiste wieder zu erleben. Nach einer Weile versuchte sie, dem Phantom ein Gesicht zu geben. Das misslang. Aber sein Geruch? Nasse Ballonseide – der Mantel. Wind und Sauberkeit – die Haut. Das Rasierwasser – vielleicht Acqua di Parma, ja doch, sicher! Sie lachte siegreich, um gleich darauf zu murmeln: »Oder ich hab mich selbst gerochen, ich verwende es ja auch.« Und dann hörte sie dem Regen zu, der sachte an die große Scheibe des Salettls klopfte.
    Der nächste Morgen war kalt und trocken. Josefine Zadrazil war aus dem Waldviertel wiedergekehrt, wo sie ein paar Friedhöfe besucht hatte. »Ui, Fräu’n Lenz, heit hot’s an Fod’n, boid wird’s Winter«, rief sie Amelie aus der Geborgenheit ihrer ebenerdig gelegenen Wohnung zu. Amelie schmunzelte. Wieso Faden, hatte der des Österreichischen damals noch gänzlich unkundige Hermann vor Jahren gefragt, als die Frau Pepi ihm mit »Faden haben« mitzuteilen versuchte, dass sie es ausnehmend kalt fand.
    An Augusts Stelle traten heute

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