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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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mythischen Geschöpfen im Geröll gar nicht zu reden …
     – Wendy Cope, ›Des Polizisten Los‹
     
     
    Als sie spät am Abend Illinois hinter sich ließen, richtete Shadow die erste Frage an Wednesday. Beim Anblick des Schildes WILLKOMMEN IN WISCONSIN sagte er: »Wer waren denn jetzt die Typen, die mich auf dem Parkplatz abgegriffen haben? Mister Wood und Mister Stone? Was waren das für Leute?«
    Die Scheinwerfer beleuchteten die Winterlandschaft. Wednesday hatte kundgetan, dass sie nicht auf den Autobahnen fahren dürften, weil er nicht wisse, auf wessen Seite die Autobahnen stünden beziehungsweise lägen, und so hielt Shadow sich an die Landstraßen. Es machte ihm nichts aus. Er war sich nicht einmal sicher, ob Wednesday einen Hau hatte oder nicht.
    Wednesday grunzte. »Irgendwelche Spukgestalten. Mitglieder der Opposition. Die Bösen. Die mit den schwarzen Hüten.«
    »Ich glaube«, sagte Shadow, »die halten sich für die mit den weißen Hüten.«
    »Selbstverständlich. Es hat noch keinen echten Krieg gegeben, in dem nicht beide beteiligten Seiten davon überzeugt gewesen sind, im Recht zu sein. Wirklich gefährliche Leute glauben immer, dass sie das, was sie tun, einzig und allein deshalb tun, weil es ohne Frage das Richtige und Gebotene ist. Und eben das ist es, was sie so gefährlich macht.«
    »Und Sie?«, sagte Shadow. »Warum tun Sie das, was Sie tun?«
    »Weil ich es will«, sagte Wednesday und grinste. »Das ist doch ein guter Grund.«
    »Wie seid ihr denn alle entkommen? Beziehungsweise, seid ihr überhaupt alle entkommen?«, fragte Shadow.
    »Ja, sind wir«, antwortete Wednesday. »Obwohl es knapp war. Wenn die sich nicht damit aufgehalten hätten, Sie zu schnappen, hätten sie uns vielleicht alle erwischt. Es hat wenigstens einige von denen, die sich gern raushalten wollten, davon überzeugt, dass ich vielleicht doch nicht völlig verrückt bin.«
    »Und wie sind Sie da rausgekommen?«
    Wednesday schüttelte den Kopf. »Sie werden nicht dafür bezahlt, Fragen zu stellen«, sagte er. »Ich glaube, ich erwähnte das bereits.«
    Shadow zuckte die Achseln.
    Sie verbrachten die Nacht in einem Motel südlich von La Crosse.
    Der erste Weihnachtsfeiertag sah sie unterwegs in Richtung Norden und Osten. Aus dem Farmland wurden Kiefernwälder. Die Abstände zwischen den Ortschaften schienen immer größer zu werden.
    Ihren Weihnachtslunch nahmen sie nachmittags in einem mensaähnlichen Familienrestaurant im nördlichen Wisconsin ein. Shadow stocherte freudlos in seinem ziemlich trockenen Truthahn, dem roten, marmeladensüßen Klumpen Preiselbeersoße, den steinharten Bratkartoffeln und den gefährlich grünen Dosenerbsen herum. Wednesday dagegen schien, gemessen an dem Eifer, mit dem er zulangte, und dem dabei zu Gehör gebrachten Schmatzen, mit dem Essen ganz außerordentlich zufrieden zu sein. Er wurde, je weiter die Mahlzeit fortschritt, nachgerade zugänglich – redete frisch drauflos, machte Witze und flirtete mit der Kellnerin, wann immer sie in ihre Nähe kam, einem dünnen blonden Mädchen, das sogar kaum in dem Alter zu sein schien, in dem man vorzeitig von der Highschool abgegangen sein konnte.
    »’tschuldigung, meine Liebe, aber dürfte ich Ihnen zumuten, mir noch einen Becher Ihrer köstlichen heißen Schokolade zu bringen? Ich hoffe doch, Sie finden mich nicht zu dreist, wenn ich Ihnen sage, was für ein reizendes und vorteilhaftes Kleid Sie da tragen. Festlich und doch schick.«
    Die Kellnerin, an der ein leuchtend rotgrünes, mit glitzerndem Silberlametta gesäumtes Kleid hing, kicherte, errötete und lächelte glücklich, dann machte sie sich davon, um Wednesday einen weiteren Becher heißen Kakao zu besorgen.
    »Reizend«, sagte Wednesday nachdenklich, während er ihr nachblickte. »Vorteilhaft.« Shadow hatte nicht den Eindruck, dass er von dem Kleid sprach. Wednesday schaufelte sich das letzte Stück Truthahn in den Mund, betupfte seinen Bart mit der Serviette und schob schließlich den Teller von sich. »Aaah. Gut.« Er sah sich in dem »Restaurant für die ganze Familie« um. Im Hintergrund lief ein Tonband mit Weihnachtsliedern: Der kleine Trommler hatte dem Christkind mal wieder keine Gaben zu bieten, parampapam pam, rampapam pam, rampapam pam.
    »Manche Dinge mögen sich ändern«, sagte Wednesday plötzlich. »Die Menschen dagegen … Die Menschen bleiben sich immer gleich. Manche krumme Tour funktioniert ewig, andere werden bald von der Zeit und der Welt verschluckt. Mein

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