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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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… Verdammt, wie hieß sie noch? Die Mitternachtsschwester jedenfalls.
    Und dann dachte er an Laura …
    Es war, als würde der Gedanke an sie in seinem Kopf ein Fenster öffnen. Er konnte sie sehen. Irgendwie konnte er sie sehen.
    Sie war in Eagle Point, im Garten hinter dem großen Haus ihrer Mutter.
    Sie stand in der Kälte, die sie nicht mehr fühlte oder aber die ganze Zeit fühlte, sie stand hinter dem Haus, das ihre Mutter 1989 mithilfe der Lebensversicherung erstanden hatte, nachdem Lauras Vater, Harvey McCabe, an einem Herzinfarkt gestorben war – er hatte sich auf dem Klo überanstrengt –, und sie starrte hinein, die kalten Hände gegen das Fenster gepresst, ohne dass ihr Atem die Scheibe beschlagen ließ, nein, kein bisschen, sie beobachtete ihre Mutter, ihre Schwester und deren Kinder und Ehemann aus Texas, die auf Weihnachtsbesuch waren. Draußen im Dunkeln, da war Laura, es war ihr nicht möglich, nicht zu gucken.
    Tränen kribbelten Shadow in den Augen, und er wälzte sich in seinem Bett herum.
    Er kam sich wie ein Voyeur vor, drängte die Gedanken in eine andere Richtung, wollte sie zwingen, zu ihm zurückzukommen: Er sah, wie der See sich unter ihm erstreckte, während der Wind von der Arktis herüberblies, unerbittlichen Frostfingern gleich, die hundertmal kälter waren als die Finger einer jeden Leiche.
    Shadows Atem ging jetzt flacher. Er hörte, wie sich ein Wind erhob, ein bitteres Schreien rund ums Haus, und für einen Moment glaubte er, im Wind Worte zu vernehmen.
    Wenn er sich schon irgendwo länger aufhalten musste, dann konnte es gut und gern auch hier sein, dachte er, und dann schlief er ein.

unterdessen – eine unterhaltung
     
     
    Klingeling.
    »Miz Crow?«
    »Ja.«
    »Miz Samantha Black Crow?«
    »Ja.«
    »Dürften wir Ihnen ein paar Fragen stellen, Ma’am?«
    »Sind Sie etwa von der Polizei? Wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Town. Mein Kollege hier ist Mister Road. Wir untersuchen das Verschwinden zweier unserer Kollegen.«
    »Wie hießen die beiden denn?«
    »Wie bitte?«
    »Sagen Sie mir ihre Namen. Ich möchte wissen, wie sie hießen. Ihre Kollegen. Nennen Sie mir die Namen, dann helfe ich Ihnen vielleicht.«
    »… Okay. Sie hießen Mister Stone und Mister Wood. Dürften wir Ihnen jetzt die Fragen stellen?«
    »Geht das bei euch denn so, dass ihr den Namen wählt, je nachdem, was ihr gerade seht? ›Oh, du bist Mister Bürgersteig, er ist Mister Teppich, darf ich dir Mister Flugzeug vorstellen?«
    »Sehr komisch, junge Frau. Die erste Frage also: Wir wollen wissen, ob Sie diesen Mann gesehen haben. Hier. Sie dürfen die Fotografie gern in die Hand nehmen.«
    »Wow. Von vorn, von der Seite, und Zahlen unten drunter … Ganz schön groß. Aber süß. Was hat er denn angestellt?«
    »Er war in einer Kleinstadt in einen Bankraub verwickelt, als Fahrer, ist einige Jahre her. Seine beiden Komplizen hatten beschlossen, den ganzen Zaster für sich zu behalten, und sich deshalb abgesetzt. Das hat ihn wütend gemacht. Hat sie aufgespürt und beinahe mit den bloßen Händen umgebracht. Die Staatsanwaltschaft hat mit den Männern, die er verletzt hatte, eine Abmachung getroffen: Sie sagten gegen ihn aus. Shadow, der Mann hier, bekam sechs Jahre. Drei davon hat er abgesessen. Wenn Sie mich fragen, dann sollte man Typen wie den hier einfach einsperren und danach den Schlüssel wegschmeißen.«
    »Also, ich habe im richtigen Leben noch nie jemanden so was sagen hören. Jedenfalls nicht im Ernst.«
    »Was sagen hören, Miz Crow?«
    »›Zaster‹. So ein Wort würde kein Mensch benutzen. Höchstens vielleicht im Kino. Oder im Comic. Aber nicht in echt.«
    »Wir sind hier nicht im Kino, Miz Crow.«
    »Black Crow. Es heißt Miz Black Crow. Meine Freunde nennen mich Sam.«
    »Hab verstanden, Sam. Was jetzt diesen Mann betrifft …«
    »Aber Sie gehören nicht zu meinen Freunden. Sie können Miz Black Crow zu mir sagen.«
    »Hören Sie mal zu, Sie rotznasige kleine …«
    »Ist schon gut, Mister Road. Sam möchte … Entschuldigung, Ma’am … Ich meine, Miz Black Crow möchte uns ja helfen. Sie ist eine gesetzestreue Bürgerin.«
    »Ma’am, wir wissen, dass Sie Shadow geholfen haben. Sie sind mit ihm gesehen worden, und zwar in einem weißen Chevy Nova. Er hat Sie mit dem Auto mitgenommen. Er hat Sie zum Abendessen eingeladen. Hat er irgendwas gesagt, was uns bei unseren Ermittlungen weiterhelfen könnte? Zwei unserer besten Männer sind verschwunden.«
    »Ich kenne ihn nicht.«
    »Sie

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