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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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»Was soll ich denn sonst tun, verdammt noch mal?«, sagte Wednesday. »Sie opfern mir weder Widder noch Stiere. Sie schicken mir nicht die Seelen der Mörder und Sklaven, der am Galgen Gehängten und von den Raben Angefressenen. Sie waren es, die mich schufen. Sie haben mich vergessen. Jetzt hole ich mir ein bisschen von ihnen zurück. Ist das nicht gerecht?«
    »Wie meine Mutter zu sagen pflegte: Das Leben ist ungerecht«, sagte Shadow.
    »Selbstverständlich«, sagte Wednesday. »Das gehört zu den Dingen, die Mütter gern sagen, zusammen mit: Wenn alle deine Freunde von einer Klippe runterspringen, würdest du es dann auch tun?«
    »Sie haben das Mädchen um zehn Dollar beschissen, und ich habe ihr halt zehn Dollar zugesteckt«, sagte Shadow hartnäckig. »Es war in der Situation einfach das Richtige.«
    Es kam eine Ansage, dass ihr Flugzeug zum Einsteigen bereit sei. Wednesday erhob sich. »Mögen Ihre Entscheidungen immer so eindeutig ausfallen«, sagte er.
     
    Die Kälte schickte sich an, ihren eisigen Griff zu lockern, als Wednesday Shadow frühmorgens absetzte. Es war in Lakeside immer noch widerlich kalt, aber nicht mehr so unfassbar wie zuvor. Die Leuchtschrift an der Seitenwand der M&I Bank zeigte abwechselnd 3:30 und – 20 °C an, als sie dort vorbeifuhren.
    Es war schließlich halb zehn, als Polizeichef Chad Mulligan an die Wohnungstür klopfte und Shadow fragte, ob er ein Mädchen namens Alison McGovern kenne.
    »Ich glaube nicht«, sagte Shadow verschlafen.
    »Hier ist ein Bild von ihr«, sagte Mulligan. Es war ein Foto aus einem Highschool-Jahrbuch. Shadow erkannte die Person auf dem Bild sofort: das Mädchen mit der blauen Gummibandzahnspange, das von seiner Freundin ausgiebig über den Gebrauch von Alka-Seltzer beim Oralverkehr informiert worden war.
    »Oh, ja. Okay. Die war mit im Bus, als ich in die Stadt gekommen bin.«
    »Wo waren Sie gestern, Mister Ainsel?«
    Shadow spürte, wie seine Welt ins Trudeln geriet. Er wusste, dass er keinen Grund hatte, sich schuldig zu fühlen (Du bist ein unter falschem Namen auftretender Schwerverbrecher, der seine Bewährungsauflagen verletzt, flüsterte eine ruhige Stimme in seinem Kopf. Reicht das nicht?)
    »In San Francisco«, sagte er. »In Kalifornien. Hab meinem Onkel geholfen, ein Himmelbett zu transportieren.«
    »Haben Sie noch einen Flugscheinabriss oder irgendwas in der Richtung?«
    »Klar.« Er hatte noch beide Kontrollabschnitte seiner Bordkarten in der Tasche und zog sie rasch hervor. »Was ist denn los?«
    Chad Mulligan untersuchte die Bordkarten. »Alison McGovern ist verschwunden. Sie hat bei der Tierschutzvereinigung von Lakeside ausgeholfen. Tiere füttern, Hunde spazieren führen. Immer für ein paar Stunden nach der Schule. So. Dolly Knopf, die Leiterin der Vereinigung, die bringt sie immer nach Hause, wenn abends zugemacht wird. Gestern ist Alison aber gar nicht erst gekommen.«
    »Sie ist verschwunden?«
    »Genau. Ihre Eltern haben gestern Abend bei uns angerufen. Das törichte Mädchen ist immer per Anhalter gefahren. Die Tierschutzvereinigung liegt draußen an der Landstraße, ziemlich abgelegen. Ihre Eltern haben ihr zwar ständig gesagt, sie soll das nicht tun, aber das ist hier eigentlich keine Gegend, wo so was passiert … Man schließt hier noch nicht mal die Türen ab. Und den Jugendlichen kann man eh nichts sagen. Also, sehen Sie sich das Bild noch mal an.«
    Alison McGovern lächelte. Die Zahnspange war auf dem Foto nicht blau, sondern rot.
    »Sie können mit bestem Gewissen sagen, dass Sie sie nicht entführt haben, vergewaltigt, ermordet, nichts dergleichen?«
    »Ich war in San Francisco. Und so einen Scheiß würde ich nie tun.«
    »Das habe ich mir eigentlich auch gedacht, Kamerad. Wollen Sie mitkommen und uns helfen, nach ihr zu suchen?«
    »Ich?«
    »Ja, Sie. Wir haben heute Morgen schon die Hundestaffel losgeschickt – bisher ohne Ergebnis.« Er seufzte. »Verdammt, Mike. Ich hoffe nur, dass sie irgendwo in den Twin Cities auftaucht, wenn auch zusammen mit irgendeinem übergeschnappten Knaben.«
    »Halten Sie das für wahrscheinlich?«
    »Ich halte es immerhin für möglich. Also. Wollen Sie sich der Jagdgesellschaft anschließen?«
    Shadow erinnerte sich, wie er das Mädchen bei Hennings gesehen hatte, dachte an das Aufblitzen ihres schüchternen, blauspangigen Lächelns und an seine Feststellung, dass sie vermutlich eines Tages richtig hübsch sein würde. »Ich komme mit«, sagte er.
    Zwei Dutzend Männer und

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