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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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war, sagte sie mit Mr. Nancys Stimme: »Was für eine Vorstellung. Ich bin stolz auf dich. Das hast du gut gemacht.«
    »Danke«, sagte Shadow.
    »Wir sollten dich zurückbringen. Wenn du zu lange an diesem Ort bleibst, wird es dir nicht gut bekommen.« Die Spinne legte Shadow ein braun behaartes Bein auf die Schulter …
     
    … und dann, auf dem Fahnenplatz der Sieben Bundesstaaten, musste Mr. Nancy husten. Seine rechte Hand lag auf Shadows Schulter. Es hatte aufgehört zu regnen. Mr. Nancy hielt sich mit der linken Hand die Seite, als hätte er Schmerzen. Shadow fragte, ob alles in Ordnung sei.
    »Ich bin zäh wie altes Leder«, sagte Mr. Nancy. »Ach was, zäher.« Er klang nicht besonders glücklich. Er klang wie ein leidender alter Mann.
    Da waren Dutzende von ihnen, die herumstanden oder auf Bänken oder der Erde saßen. Einige schienen schwer verwundet zu sein.
    Shadow hörte ein Knattern im Himmel, das sich von Süden her näherte. Er sah Mr. Nancy an. »Hubschrauber?«
    Mr. Nancy nickte. »Vor denen brauchst du keine Angst zu haben. Das ist vorbei. Die räumen hier nur die Bescherung weg und verschwinden dann wieder.«
    »Verstehe.«
    Einen Teil der Bescherung wollte Shadow sich jedoch selbst ansehen, bevor er weggeräumt wurde. Er borgte sich eine Taschenlampe von einem grauhaarigen Mann, der wie ein Nachrichtenmoderator im Ruhestand aussah, und begab sich auf die Suche.
    Er fand Laura auf dem Boden ausgestreckt in einer Seitenhöhle neben einem Diorama mit Bergbau treibenden, unmittelbar aus Schneewittchen entsprungenen Zwergen. Der Boden unter ihr war blutgetränkt. Sie lag auf der Seite, dort, wo Loki sie anscheinend hatte fallen lassen, nachdem er den Speer aus ihrer beider Körper gezogen hatte.
    Eine von Lauras Händen war gegen ihre Brust gepresst. Sie sah furchtbar verletzlich aus. Sie sah, genauer gesagt, ziemlich tot aus, aber daran hatte Shadow sich inzwischen fast gewöhnt.
    Shadow hockte sich neben sie, legte ihr eine Hand an die Wange und sprach ihren Namen aus. Sie öffnete die Augen, hob den Kopf und drehte ihn, bis sie ihm zugewandt war.
    »Hallo, Hündchen«, sagte sie. Ihre Stimme kam sehr dünn.
    »Hi, Laura. Was ist hier passiert?«
    »Nichts«, sagte sie. »Irgendwas halt. Haben sie gewonnen?«
    »Ich habe die Schlacht verhindert, die sie schlagen wollten.«
    »Mein schlaues Hündchen«, sagte sie. »Dieser Mann da, Mister World, der hat gesagt, dass er dir einen Stock durchs Auge bohren will. Der hat mir überhaupt nicht gefallen.«
    »Er ist tot. Du hast ihn getötet, Schatz.«
    Sie nickte. »Das ist gut.«
    Sie schloss die Augen. Shadow fand ihre kalte Hand und hielt sie in seiner. Nach einer Weile machte sie die Augen wieder auf.
    »Hast du rausfinden können, wie du mich von den Toten zurückholen kannst?«
    »Ich glaub schon«, sagte er. »Eine Möglichkeit kenne ich.«
    »Das ist gut«, sagte sie. Sie drückte ihm mit ihrer kalten Rechten die Hand. »Und das Gegenteil? Wie ist es damit?«
    »Das Gegenteil?«
    »Ja«, flüsterte sie. »Ich glaube, das müsste ich mir jetzt verdient haben.«
    »Das will ich nicht tun.«
    Sie schwieg. Sie wartete einfach.
    »Okay«, sagte Shadow, löste die Hand von ihrer und legte sie ihr an den Hals.
    »So kenn ich meinen Mann.« Sie sagte es stolz.
    »Ich liebe dich, Kleines«, sagte Shadow.
    »Ich liebe dich, Hündchen«, flüsterte sie.
    Er schloss die Hand um die goldene Münze, die ihr um den Hals hing. Er zog fest an der Kette, die daraufhin ohne großen Widerstand zerriss. Dann nahm er die Goldmünze zwischen Daumen und Zeigefinger, blies dagegen und machte die Hand weit auf.
    Die Münze war verschwunden.
    Ihre Augen waren noch immer geöffnet, bewegten sich aber nicht.
    Er beugte sich hinunter und küsste sie zärtlich auf die kalte Wange, aber sie reagierte nicht. Er hatte es nicht anders erwartet. Er stand auf, verließ die Höhle und starrte hinaus in die Nacht.
    Die Stürme waren abgezogen. Die Luft war frisch und rein und fühlte sich an wie neu.
    Morgen, da hatte er keinen Zweifel, würde ein verdammt schöner Tag werden.

VIERTER TEIL
    ---------
     
    epilog:
    etwas, was verstorbene
    fuer sich behalten

19
    Man charakterisiert eine Geschichte am besten dadurch, dass man sie erzählt. Verstehen Sie? Eine Erzählung beschreiben, sich selbst oder der Welt, das macht man, indem man sie erzählt. Es ist ein Balanceakt, aber auch etwas Traumartiges. Die genaueste Karte, die sich denken lässt, wäre die Landschaft selbst, die jene

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