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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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nichts Merkwürdiges an dem Quarter war. Shadow legte die Münze mit Kopf nach oben auf seinen Daumennagel und vollführte dann einen Schummelwurf, der sie wackeln und sich scheinbar in der Luft drehen ließ, fing sie wieder auf und schlug sie umgedreht auf den linken Handrücken, um sie schließlich vor ihren Augen mit der Rechten aufzudecken.
    »Zahl«, sagte sie glücklich. »Das Essen geht auf Sie.«
    »Jau«, sagte er. »Man kann nicht immer gewinnen.«
    Shadow bestellte Hackbraten, Sam entschied sich für Lasagne. Shadow blätterte die Zeitung durch, um zu sehen, ob es irgendeinen Bericht über tote Männer in einem Zug gab, was aber nicht der Fall war. Die einzige Meldung von Interesse fand sich auf der Titelseite: Krähen in Rekordzahl suchten die Stadt heim. Einige Farmer verlangten, dass man überall in der Stadt tote Krähen aufhänge, um die anderen abzuschrecken; Ornithologen hielten dagegen, das bringe nichts, die lebenden Krähen würden die toten einfach fressen. Aber die Einheimischen zeigten sich unerbittlich. »Wenn sie die Leichen ihrer Freunde sehen«, sagte einer ihrer Sprecher, »werden sie wissen, dass sie hier unerwünscht sind.«
    Das Essen kam auf dampfenden und bis zum Anschlag gefüllten Tellern; es war mehr, als eine einzelne Person je würde verdrücken können.
    »Und was geht in Cairo ab?«, fragte Sam mit vollem Mund.
    »Keine Ahnung. Ich hab eine Nachricht von meinem Chef bekommen, dass er mich dort braucht.«
    »Was machen Sie denn so?«
    »Ich bin Laufbursche.«
    Sie lächelte. »Na ja«, sagte sie. »Zur Mafia gehören Sie wohl nicht, bei der Schrottkiste, und außerdem sehen Sie auch nicht so aus. Wieso riecht Ihr Auto eigentlich nach Bananen?«
    Er zuckte die Achseln und aß eifrig weiter.
    Sam verengte die Augen. »Vielleicht sind Sie ja Bananenschmuggler«, sagte sie. »Sie haben mich noch nicht gefragt, was ich mache.«
    »Ich nehme an, du gehst zum College.«
    »University of Wisconsin in Madison.«
    »Wo du zweifellos Kunstgeschichte und Frauenforschung studierst und womöglich eigene Bronzearbeiten fabrizierst. Und wahrscheinlich arbeitest du in einem Café, um Geld für die Miete zu haben.«
    Sie legte die Gabel nieder; ihre Nasenlöcher bebten, die Augen hatte sie weit aufgerissen. »Wie zum Teufel haben Sie das gemacht?«
    »Hä? Du sagst bestimmt gleich, dass du in Wirklichkeit Romanistik und Ornithologie studierst.«
    »Soll das heißen, das war nur geraten oder so?«
    »Was denn sonst?«
    Sie starrte ihn mit dunklen Augen an. »Sie sind ein eigenartiger Typ, Mister … Ich weiß gar nicht, wie Sie heißen.«
    »Man nennt mich Shadow«, sagte er.
    Sie verzog das Gesicht, als hätte sie einen schlechten Geschmack im Mund. Sie schwieg, senkte den Kopf und widmete sich wieder ihrer Lasagne.
    »Weißt du, warum es Ägypten genannt wird?«, fragte Shadow, als Sam mit dem Essen fertig war.
    »Da unten um Cairo rum? Und ob. Es liegt im Delta zwischen dem Ohio und dem Mississippi. Wie das eigentliche Kairo im Nildelta.«
    »Klingt logisch.«
    Sie lehnte sich zurück, bestellte sich Kaffee und ein Stück Schokoladen-Sahne-Torte und strich sich dann mit der Hand durchs schwarze Haar. »Sind Sie verheiratet, Mister Shadow?« Und als er zögerte: »Oje. Da hab ich schon wieder eine heikle Frage gestellt, was?«
    »Sie ist am Donnerstag beerdigt worden«, sagte er, indem er die Worte mit Bedacht wählte. »Sie ist bei einem Autounfall gestorben.«
    »Oh. Gott. Jesses. Tut mir Leid.«
    »Mir auch.«
    Eine verlegene Pause entstand. »Meine Halbschwester hat ihr Kind verloren, meinen Neffen also, Ende letzten Jahres. Das ist hart.«
    »Ja. Bestimmt. Woran ist er denn gestorben?«
    Sie nippte an ihrem Kaffee. »Das wissen wir nicht. Wir wissen im Grunde nicht mal, ob er tot ist. Er ist einfach verschwunden. Aber er war erst dreizehn. Es ist Mitte des letzten Winters passiert. Meine Schwester war ziemlich am Boden zerstört.«
    »Gab es, äh, irgendwelche Hinweise?« Er hörte sich an wie ein Fernsehcop. Er setzte noch mal an. »Wurde dahinter ein Verbrechen vermutet?« Das klang ja noch schlimmer.
    »Man hatte das Arschloch von meinem Schwager in Verdacht, seinen Vater, der nicht über das Sorgerecht verfügt. Und der Arschloch genug ist, ihn zu entführen. Ich glaube, er war’s. Aber es handelt sich hier um eine kleine Stadt in den nördlichen Wäldern. Reizende, hübsche, kleine Stadt, wo nie jemand die Tür abschließt.« Sie seufzte und schüttelte den Kopf. Sie hielt den

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