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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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Shadow.
    »Selbstverständlich tun wir das«, sagte Mr. Ibis. »Es spricht nichts dagegen, eher eine Menge dafür. Sie stehen, solange Sie hier sind, unter unserem Schutz.«
    »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, mit den Toten unter einem Dach zu schlafen«, sagte Jacquel.
    Shadow dachte daran, wie Laura ihn mit den Lippen berührt hatte, ganz bitter und kalt. »Nein«, sagte er. »Jedenfalls nicht, solange sie tot bleiben.«
    Jacquel drehte sich um und sah ihn mit dunkelbraunen Augen an, die so spöttisch und kalt wirkten wie die eines Wüstenhundes. »Hier bei uns bleiben sie tot«, war alles, was er dazu sagte.
    »Mir scheint«, sagte Shadow, »also, es kommt mir so vor, als würden die Toten ziemlich leicht zurückkehren.«
    »Überhaupt nicht«, sagte Ibis. »Selbst Zombies werden nämlich aus den Lebenden gemacht. Ein bisschen Pulver, ein bisschen Gesang, ein bisschen Anstoßen, und schon hat man einen Zombie. Sie leben, obwohl sie glauben, dass sie tot sind. Um aber die Toten wirklich ins Leben zurückzubringen, in ihren Körper: Das erfordert Macht.« Kurzes Zögern. »In der alten Heimat, in den alten Zeiten, da war es leichter.«
    »Man konnte das Ka eines Menschen für fünftausend Jahre an seinen Körper binden«, sagte Jacquel. »Binden oder lösen. Aber das ist lange her.« Er nahm alle Organe, die er entfernt hatte, und legte sie respektvoll wieder an ihren Platz in der Körperhöhle zurück. Er brachte die Gedärme und das Brustbein wieder an die richtige Stelle und zog dann die Hautränder zusammen. Zu guter Letzt nahm er eine dicke Nadel und einen Faden und nähte mit energischen, schnellen Stichen alles wieder zusammen, als würde er einen Baseball vernähen. Die Leiche war nicht länger bloßes Fleisch, sondern verwandelte sich in eine Frau zurück.
    »Ich brauche jetzt ein Bier«, sagte Jacquel. Er streifte die Gummihandschuhe ab und ließ sie in einen Abfalleimer fallen. Seinen dunkelbraunen Overall warf er in einen Deckelkorb. Dann nahm er das Papptablett, auf dem die Gläser mit den roten und braunen und violetten Organfitzeln standen. »Kommt ihr?«
    Sie stiegen die Hintertreppe hinauf zur Küche. Sie war in Braun und Weiß gehalten, ein nüchterner, aber respektabler Raum, der, wenn Shadows Eindruck nicht täuschte, etwa um 1920 zuletzt renoviert worden war. An einer der Wände stand ein riesiger Kelvinator-Kühlschrank und rumpelte vor sich hin. Jacquel öffnete die Tür und stellte die Plastikbehälter mit Milz, Niere, Leber und Herz hinein. Dafür holte er drei braune Flaschen heraus. Ibis öffnete die Glastür eines Schranks, dem er drei große Gläser entnahm. Dann winkte er Shadow, sich an den Küchentisch zu setzen.
    Ibis goss das Bier ein und reichte ein Glas an Shadow und eines an Jacquel weiter. Es war ein ausgezeichnetes Bier, dunkel und herb.
    »Gutes Bier«, sagte Shadow.
    »Wir brauen es selbst«, sagte Ibis. »In den alten Zeiten wurde das Brauen noch von den Frauen besorgt. Sie waren einfach die besseren Brauer. Aber jetzt sind nur noch wir drei da. Ich, er und sie.« Er deutete auf die kleine braune Katze, die tief schlafend in einem Katzenkorb in der Ecke der Küche lag. »Zu Anfang waren wir mehr. Aber Seth ist auf Entdeckungsreise gegangen vor, was, zweihundert Jahren? Ich glaube, so lange ist es inzwischen her. Wir haben eine Postkarte aus San Francisco von ihm bekommen, das war 1905, 1906. Dann nichts mehr. Während der arme Horus …« Er verstummte seufzend und schüttelte den Kopf.
    »Ich sehe ihn gelegentlich noch«, sagte Jacquel. »Unterwegs, wenn ich jemanden abhole.« Er schlürfte sein Bier.
    »Ich werde für meinen Unterhalt arbeiten«, sagte Shadow. »Während ich hier bin. Sie sagen mir, was zu tun ist, und ich tue es.«
    »Wir werden Arbeit für Sie finden«, sagte Jacquel und nickte.
    Die kleine braune Katze öffnete die Augen, streckte und erhob sich. Sie stapfte über den Küchenfußboden und stieß mit dem Kopf gegen Shadows Stiefel. Er langte hinunter und kratzte ihr mit der linken Hand die Stirn, die Rückseite der Ohren und die Genickpartie. Verzückt machte sie einen Buckel, sprang ihm dann auf den Schoß, drängte sich an seine Brust und hielt ihre kalte Nase an seine. Dann rollte sie sich in seinem Schoß zusammen und schlief wieder ein. Er fuhr fort, sie zu streicheln; ihr Fell war weich, sie lag warm und angenehm in seinem Schoß, der ihr der sicherste Ort der Welt zu sein schien, und Shadow fühlte sich behaglich.
    Das Bier erzeugte ein

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