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American Gods

American Gods

Titel: American Gods Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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erste zwischen dem vierten und fünften Zwischenrippenmuskel am medialen Rand der linken Brust, zwei Komma zwei Zentimeter lang; die zweite und dritte gehen durch den unteren Abschnitt der linken Mittelbrust mit Einstich im sechsten Zwischenraum, jeweils drei Zentimeter lang und überlappend. Eine Wunde von zwei Zentimeter Länge befindet sich in der oberen, vorderen Brust links im zweiten Zwischenraum, eine weitere von fünf Zentimeter Länge und maximal eins Komma sechs Zentimeter Tiefe im anteromedialen linken Deltamuskel, eine Schnittwunde. Alle Brustverletzungen sind tief eindringende Wunden. Es sind keine weiteren äußeren Verletzungen sichtbar.« Er nahm den Fuß vom Schalter. Shadow bemerkte ein kleines Mikrofon, das an einer Schnur über dem Balsamiertisch baumelte.
    »Sie sind also auch Gerichtsmediziner?«, fragte Shadow.
    »Der Gerichtsmediziner ist in dieser Gegend ein politisches Amt. Seine Aufgabe ist es, der Leiche einen Tritt zu geben. Wenn sie nicht zurücktritt, unterschreibt er die Todesurkunde. Jacquel ist ein so genannter Prosektor. Er arbeitet für den Bezirksleichenbeschauer. Er nimmt Autopsien vor und entnimmt Gewebeproben für die Analyse. Ihre Wunden hat er außerdem bereits fotografiert.«
    Jacquel kümmerte sich nicht um sie. Er nahm ein großes Skalpell und machte zwei Einschnitte in Form eines großen V, die von den beiden Enden des Schlüsselbeins ausgehend am unteren Ende des Brustbeins zusammentrafen, dann machte er aus dem V ein Y, ein weiterer tiefer Einschnitt, der vom Brustbein zum Schambein führte. Er nahm ein Gerät zur Hand, das wie ein kleiner schwerer Chromdrillbohrer aussah und mit einem medaillongroßen runden Sägeblatt am vorderen Ende versehen war. Er stellte es an und schnitt zu beiden Seiten des Brustbeins durch die Rippen.
    Die junge Frau klappte auf wie eine Brieftasche.
    Shadow bemerkte plötzlich einen zwar nicht ü bermäßig starken, aber unangenehm eindringlichen, beißenden, fleischigen Geruch.
    »Ich hätte mir den Geruch schlimmer vorgestellt«, sagte Shadow.
    »Sie ist noch ziemlich frisch«, sagte Jacquel. »Außerdem sind die Gedärme nicht durchbohrt, also riecht es nicht nach Scheiße.«
    Shadow blickte unwillkürlich in eine andere Richtung, nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, aus Ekel, sondern aus einem seltsamen Bedürfnis heraus, der Frau so etwas wie eine Privatsphäre zu lassen. Man konnte sich kaum etwas Nackteres vorstellen als dieses geöffnete Ding.
    Jacquel band die Gedärme ab, die schlangengleich in der Bauchhöhle schimmerten, unterhalb des Magens und tief im Beckenraum. Er ließ sie durch die Finger gleiten, eine Hand voll nach der anderen, und beschrieb sie, ins Mikrofon sprechend, als »normal«, bevor er sie in einen auf dem Fußboden wartenden Eimer warf. Mit einer Vakuumpumpe saugte er alles Blut aus dem Brustkasten und maß dann die Menge. Anschließend inspizierte er den Brustinnenraum. Wieder sprach er ins Mikrofon: »Es gibt drei Risswunden im Herzbeutel, der mit geronnenem und sich verflüssigendem Blut gefüllt ist.«
    Jacquel packte das Herz, schnitt es am oberen Ende ab, wendete es in der Hand und untersuchte es. Er trat wieder auf den Schalter und sagte: »Zwei Risswunden des Herzmuskels, eine eins Komma fünf Zentimeter lange Wunde in der rechten Herzkammer und eine eins Komma acht Zentimeter lange Wunde in der linken.«
    Jacquel entfernte beide Lungenflügel. Der linke war durchstochen und halb kollabiert. Er wog die Lunge sowie das Herz und fotografierte die Wunden. Von jedem Lungenflügel schnitt er ein kleines Stück Gewebe ab und legte beide dann in ein Gefäß.
    »Formaldehyd«, flüsterte Mr. Ibis hilfsbereit.
    Jacquel sprach weiter ins Mikrofon, beschrieb, was er tat und was er sah, während er Leber, Magen, Milz, Bauchspeicheldrüse, beide Nieren, Gebärmutter und Eierstöcke der Frau entfernte.
    Er wog alle Organe einzeln und meldete ihren Zustand als normal und unverletzt. Dann entnahm er jedem Organ ein kleines Gewebestück und tat es in ein Glas mit Formaldehyd.
    Vom Herzen, der Leber und einer der Nieren schnitt er noch ein zusätzliches Stück ab. Diese Stücke schob er sich in den Mund und kaute sie, während er weiterarbeitete, ganz langsam, sodass sie lange hielten.
    Irgendwie kam Shadow dieses Vorgehen angemessen vor: respektvoll, nicht obszön.
    »Sie wollen also für eine Weile bei uns bleiben?«, fragte Jacquel, während er das Herzstück zerkaute.
    »Wenn Sie mich aufnehmen«, sagte

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