American Psycho
mir. Sie schaut furchtsam zu mir auf.
»Hören Sie, ich muß los«, sage ich mit einem Blick auf meine Rolex. »Ich will … die dämlichen Tierkunststückchen nicht verpassen.«
»Okay«, sagt sie und sammelt sich. »Tschüs.«
»Nacht«, sage ich.
Wir beide gehen los in unsere verschiedenen Richtungen, aber plötzlich ruft sie etwas.
Ich drehe mich um.
»Vergessen Sie nicht, daß Sie ein Frühstücks-Meeting mit Frederick Bennet und Charles Rust im ›21‹ haben«, sagt sie von der Tür aus, die der Portier für sie aufhält.
»Danke«, rufe ich zurück und winke. »War mir total entfallen.«
Sie winkt zurück und entschwindet in die Lobby.
Auf meinem Weg zur Park Avenue, wo ich ein Taxi anhalten will, komme ich an einem häßlichen Penner vorbei – ein Vertreter der genetischen Unterklasse –, und als er leise um Kleingeld fleht, um »irgendwas«, fällt mir die Barnes & Noble-Büchertüte auf, die neben ihm auf den Stufen der Kirche steht, wo er bettelt, und ich kann mir nicht verkneifen, laut zu spotten: »Natürlich, als wenn du lesen würdest …«, und dann, hinten im Taxi, auf dem Weg durch die Stadt zu meinem Apartment, sehe ich mich mit Jean an einem kühlen Frühlingsnachmittag durch den Central Park laufen, lachend, händchenhaltend. Wir kaufen Ballons, wir lassen sie fliegen.
Detective
Mai geht über in Juni, der in Juli übergeht, der langsam auf August zukriecht. Wegen der Hitze hatte ich in den letzten vier Nächten intensive Träume von Vivisektion, und jetzt tue ich gar nichts, vegetiere im Büro vor mich hin, mit quälenden Kopfschmerzen und einem Walkman, in dem eine beruhigende Kenny-G-CD spielt, aber die gleißende Vormittagssonne durchflutet den Raum, schneidet in meinen Kopf, läßt meinen Brummschädel pochen, und darum gibt es heute morgen kein Training. Während ich Musik höre, bemerke ich, daß das linke Lämpchen am Telefon aufblinkt, was bedeutet, daß Jean mich anklingelt. Ich seufze und setze vorsichtig den Walkman ab.
»Was gibt’s?« frage ich tonlos.
»Ehm, Patrick?« beginnt sie.
»Jaaaa, Jean?« frage ich von oben herab, beide Worte dehnend.
»Patrick, hier ist ein Mr. Donald Kimball, der Sie sprechen möchte«, sagt sie nervös.
»Wer?« schnappe ich entnervt.
Ihr entfährt ein kleiner, besorgter Seufzer, dann senkt sie wie fragend die Stimme. » Detective Donald Kimball?«
Ich zögere, starre aus dem Fenster auf den Himmel, dann auf meinen Bildschirm, dann auf die kopflose Frau, die ich auf die Rückseite der neuen Sports Illustrated gekritzelt habe, und ich fahre mit der Hand einmal, zweimal über das Hochglanzpapier des Magazins, ehe ich die Rückseite abreiße und zusammenknülle. Schließlich erkläre ich: »Sagen Sie ihm …« Dann breche ich ab, durchdenke meine Chancen und fange neu an. »Sagen Sie ihm, ich bin zum Lunch.«
Jean zögert, wispert dann. »Patrick … ich glaube, er weiß, daß Sie hier sind.« In mein gedehntes Schweigen setzt sie hinzu, noch gedämpft: »Es ist zehn Uhr dreißig.«
Ich seufze, wieder um Zeit zu schinden, und sage Jean mit gefaßter Panik: »Dann schicken Sie ihn mal rein.«
Ich stehe auf, gehe hinüber zum Jodi-Spiegel, der neben dem George-Stubbs-Bild hängt, und sehe nach meiner Frisur, fahre mir mit einem Hornkamm durchs Haar, dann, gefaßt, nehme ich eins meiner Funktelefone, wappne mich für eine heftige Szene, tue so, als würde ich mit John Akers reden und fange an, deutlich ins Telefon zu sprechen, bevor der Detektiv das Büro betritt.
»Gut John …« Ich räuspere mich. »Zunächst muß die Kleidung auf den Träger abgestimmt sein«, beginne ich, ins Leere sprechend. »Für das Tragen von breitgestreiften Hemden gibt es ganz klare Maßregeln, alter Junge. Ein breitgestreiftes Hemd verlangt nach kräftigen Farben oder zartgemusterten Anzügen und Krawatten …«
Die Bürotür öffnet sich, und ich winke den Detektiv herein, der verblüffend jung ist, etwa in meinem Alter, und einen Leinenanzug von Armani trägt, meinem nicht unähnlich, aber auf eine hippe Art diskret zerknittert, was mich unruhig macht. Ich gönne ihm ein aufmunterndes Lächeln.
»Und ein Hemd mit hoher Fadendichte bedeutet, daß es haltbarer ist als eins ohne … Ja, ich weiß … Aber um sicherzugehen, mußt du die Webart des Materials beachten …« Ich deute auf den Chrom-Teak-Stuhl von Mark Schrager auf der anderen Seite meines Schreibtischs und biete ihm wortlos Platz an.
»Dichtgewebte Stoffe erhält man nicht nur durch hohe
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