American Psycho
zusammen mit einem geschliffenen Tumbler von Steuben vor Kimball auf meinen Schreibtisch. Sie wirft mir einen unruhigen, besorgten Blick zu, den ich unmutig erwidere. Kimball schaut auf, nickt und lächelt Jean zu, die, wie ich bemerke, heute einen BH trägt. Unschuldig warte ich, bis sie gegangen ist, richte meinen Blick wieder auf Kimball, lege die Finger zusammen und setze mich auf. »Also, was steht zur Diskussion?« sage ich wieder.
»Das Verschwinden von Paul Owen«, erinnert er mich.
»Ja, richtig. Tja, ich habe nichts über sein Verschwinden oder so gelesen …« Ich zögere, versuche dann zu lachen. »Nicht auf Page Six jedenfalls.«
Kimball lächelt höflich. »Ich denke, seine Familie will das in aller Stille regeln.«
»Verständlich.« Ich nicke dem unberührten Glas und der Flasche zu und schaue hoch zu ihm. »Limone?«
»Nein, wirklich«, sagt er. »Ich habe alles.«
»Sind sie sicher?« frage ich. »Ich kann jederzeit mit Limonen dienen.«
Er zögert kurz, sagt dann: »Zunächst ein paar Fragen vorweg, die ich für meine eigenen Aufzeichnungen brauche, okay?«
»Schießen sie los«, sage ich.
»Wie alt sind Sie?« fragt er.
»Siebenundzwanzig«, sage ich. »Im Oktober werde ich achtundzwanzig.«
»Wo sind sie zur Schule gegangen?« Er kritzelt etwas in sein kleines Buch.
»Harvard«, informiere ich ihn. »Dann Harvard Business School.«
»Ihre Adresse?« fragt er, unverwandt auf sein Buch schauend.
»Fünfundfünfzig West Eighty-First Street«, sage ich. »Im American Gardens Haus.«
»Hübsch.« Er schaut auf, beeindruckt. »Sehr hübsch.«
»Danke.« Ich lächle geschmeichelt.
»Wohnt Tom Cruise nicht auch da?« fragt er.
»Yup.« Ich drücke mir mit zwei Fingern auf die Nasenwurzel. Plötzlich muß ich die Augen fest zupressen.
Ich höre ihn sprechen. »Entschuldigen Sie, aber sind Sie okay?«
Ich schlage die Augen auf, beide tränen, und sage: »Warum fragen Sie?«
»Sie wirken … nervös. «
Ich greife in die Schreibtischschublade und hole eine Flasche Kopfschmerztabletten heraus.
»Nuprin?« biete ich an.
Kimball sieht die Flasche seltsam an und dann wieder zu mir, ehe er den Kopf schüttelt. »Eh … nein danke.« Er hat eine Packung Marlboro ausgepackt und legt sie abwesend neben die San-Pellegrino-Flasche, während er etwas in seinem Buch nachschaut.
»Schlechte Angewohnheit«, merke ich an.
Er schaut auf und lächelt einfältig, als er meine Mißbilligung bemerkt. »Ich weiß. Tut mir leid.«
Ich starre auf die Packung.
»Wollen Sie … hätten Sie es lieber, daß ich nicht rauche?« fragt er unverbindlich.
Ich starre weiter auf die Packung, unschlüssig. »Nein … ich denke, es ist okay.«
»Sind Sie sicher?« fragt er.
»Kein Problem.« Ich rufe Jean.
»Ja, Patrick?«
»Bringen Sie Mr. Kimball doch bitte einen Aschenbecher«, sage ich.
Er kommt in Sekundenschnelle.
»Was können Sie mir über Paul Owen sagen?« fragt Kimball schließlich, nachdem Jean gegangen ist, die einen Fortunoff-Kristallaschenbecher auf den Schreibtisch neben das unberührte San Pellegrino gestellt hat.
»Tja.« Ich huste und schlucke zwei Nuprin, trocken. »So gut kannte ich ihn nicht.«
»Wie gut kannten Sie ihn denn?« fragt er.
»Ich … kann mir nicht helfen«, sage ich einigermaßen wahrheitsgetreu. »Er gehörte zu diesem ganzen … Yale-Ding, wissen Sie.«
»Yale-Ding?« fragt er verwirrt.
Ich zögere, weil ich keine Ahnung habe, wovon ich eigentlich rede. »Ja … Yale-Ding.«
»Was meinen sie mit … Yale-Ding?« Jetzt wird er mißtrauisch.
Ich zögere wieder – was meine ich denn? »Na ja, ich glaube zunächst mal, daß er verkappter Homosexueller war.« Ich habe keinen Schimmer, möchte es auch bezweifeln, seinem Geschmack bei den Mädels nach zu urteilen. »Der ziemlich viel Kokain verbrauchte …« Ich halte inne, füge dann ein wenig zittrig hinzu: » Die Art Yale-Ding.« Ich bin sicher, daß ich bizarr klinge, aber es läßt sich nicht anders sagen.
Jetzt ist es sehr still im Büro. Plötzlich wirkt der Raum beengend und drückend heiß, und obwohl die Klimaanlage auf vollen Touren läuft, scheint die Luft künstlich, aufbereitet.
»So …« Kimball schaut hilflos in sein Buch. »Es gibt also nichts, was Sie mir über Paul Owen sagen können?«
»Nun.« Ich seufze. »Er wird wohl das geführt haben, was man einen soliden Lebenswandel nennt, nehme ich an.« Jetzt wirklich mit meiner Weisheit am Ende, versuche ich es mit: »Er … aß Mischkost.«
Ich
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