American Psycho
läßt mich wissen: »Ihr Humor ist so spontan. « Den Schock noch in den Knochen, steif an ihrer Seite marschierend, ohne ihr Beachtung zu schenken, frage ich mich: »Wo … hin … jetzt?« und komme in Sekundenschnelle zu einem Entschluß – Arcadia –, in dessen Richtung ich uns unwillkürlich dirigiere.
Nachdem mich jemand, den ich für Hamilton Conway halte, mit jemand namens Ted Owen verwechselt hat und mich fragt, ob ich ihn heute abend bei Petty’s einschleusen kann – ich sage ihm: »Mal sehen, was sich machen läßt«, und widme dann das, was von meiner Aufmerksamkeit noch übrig ist, Jean, die mir gegenüber im halbleeren Speisesaal des Arcadia sitzt – und wieder gegangen ist, sind nur noch fünf der Restauranttische besetzt. Jean nippt an einem Glas Weißwein und redet darüber, daß sie eigentlich davon träumt, »ins Emissionsgeschäft einzusteigen«, und ich denke: Träume kosten nichts. Jemand anderes, Frederick Dibble, bleibt bei uns stehen, gratuliert mir zum Larson-Account und hat dann die Stirn zu sagen: »Wir sprechen uns später, Saul.« Aber ich bin ganz benommen, Millionen Meilen weit weg, und Jean fällt nichts auf; sie redet von dem neuen Roman eines jungen Autors, den sie gelesen hat – das Cover, wie ich gesehen habe, neonschreiend und das Thema hochtrabendes Leiden. Versehentlich denke ich, sie würde von etwas anderem sprechen, und ohne sie direkt anzusehen, höre ich mich sagen: »Man muß verdammt zäh sein, um in dieser Stadt zu überleben.« Sie wird rot, scheint verlegen und nimmt noch einen Schluck vom Wein, einem schönen weißen Sauvignon.
»Sie wirken abwesend«, sagt sie.
»Was?« frage ich blinzelnd.
»Ich sagte, Sie wirken abwesend«, sagt sie.
»Nein«, seufze ich. »Ich bin ganz mein altes sonniges Selbst.«
»Das ist schön.« Sie lächelt – träume ich? – erleichtert.
»Sagen Sie mal«, sage ich, ein Versuch, auf sie einzugehen, »was möchten Sie wirklich aus Ihrem Leben machen?« Dann erinnere ich mich an ihr Gefasel über eine Karriere im Emissionsgeschäft und setze hinzu: »Nur eine kurze, na ja, Zusammenfassung.« Dann füge ich noch an: »Und erzählen Sie mir nicht, daß Sie gerne mit Kindern arbeiten, okay?«
»Tja, ich würde gerne reisen«, sagt sie. »Und vielleicht wieder zur Schule gehen, aber ich weiß wirklich nicht …« Sie hält nachdenklich inne, verkündet dann ernsthaft: »Ich bin an einem Punkt im Leben, wo es so viele Möglichkeiten zu geben scheint, aber ich bin so … ich weiß nicht … unsicher.«
»Ich finde es auch wichtig, sich seiner Grenzen bewußt zu sein.« Dann frage ich, aus heiterem Himmel: »Haben Sie einen Freund?«
Sie lächelt scheu, errötet, und sagt dann: »Nein. Nicht richtig.«
»Interessant«, murmele ich. Ich habe die Karte aufgeschlagen und studiere das heutige Festpreis-Menü.
»Gehen Sie mit irgendwem?« wagt sie sich zaghaft vor. »Ich meine, was Ernstes?«
Ich entscheide mich für den Pilotfisch mit Tulpen und Zimt, weiche der Frage durch den Seufzer »Ich will nur eine ernsthafte Beziehung mit jemand ganz Besonderem« aus, und frage sie, was sie bestellen will, ehe sie zu einer Antwort kommt.
»Ich glaube, Mahi-Mahi«, sagt sie, und dann, auf die Karte linsend, »mit Ingwer.«
»Ich nehme den Pilotfisch«, sage ich. »Ich finde langsam Geschmack dran. An … Pilotfisch«, sage ich nickend.
Später, nach einem mittelmäßigen Dinner, einer Flasche teurem kalifornischem Cabernet Sauvignon und einer Crème Brûlée, die wir uns teilen, bestelle ich ein Glas 50-Dollar-Portwein, und Jean schlürft einen koffeinfreien Espresso. Und als sie mich fragt, woher das Restaurant seinen Namen hat, sage ich es ihr, und ich denke mir nichts Haarsträubendes aus – obwohl die Versuchung groß ist, nur um zu sehen, ob sie es schlucken würde. Wie ich Jean jetzt in der Dunkelheit des Arcadia gegenübersitze, fällt es nicht schwer zu glauben, daß sie jede Art Desinformation schlucken würde, die ich ihr vorwerfe – hoffnungslos verknallt in mich, wie sie ist –, und diese Schutzlosigkeit wirkt auf mich seltsam unerotisch. Selbst wenn ich mich für Apartheid aussprechen würde, würde sie noch gute Gründe finden, meinen Standpunkt anzunehmen und große Summen in rassistische Konzerne invest –
»Arkadien war im Altertum eine Landschaft des Peloponnes in Griechenland, die 370 vor Christus gegründet wurde, und sie war ganz von Bergen umgeben. Die größte Stadt war … Megalopolis, die auch das
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