Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
Vom Netzwerk:
wieder, richtet ihre Sonnenbrille, eine schwarze Ray-Ban, die ich ihr für zweihundert Dollar bei Bloomingdale’s gekauft habe.
    »Es war nicht so besonders«, sage ich unnützerweise und sehe sie an.
    »Warum?« fragt sie neugierig.
    »Einfach nur so«, sage ich, schaue wieder auf meine Hand, auf die Blutränder unter meinem Daumennagel, das Foto meines Vaters als junger Mann auf dem Nachttisch meiner Mutter, neben einem Foto von mir und Sean als Teenager, beide in Smokings, beide ohne zu lächeln. Mein Vater trägt auf dem Foto einen doppelreihigen schwarzen Sechsknopf-Sportmantel, ein weißes Baumwollhemd mit Haifischkragen, einen Schlips, Einstecktuch, Schuhe von Brooks Brothers. Er steht neben einer der in Tierform gestutzten Hecken, die vor langer Zeit vor dem Haus seines Vaters in Connecticut standen, und irgendwas ist mit seinen Augen.

Beste Stadt fürs Geschäft
    Und an einem regnerischen Dienstagmorgen, nach dem Training bei Xclusive, schaue ich in Paul Owens Apartment auf der Upper East Side vorbei. Hundertsechzig Tage sind vergangen, seit ich dort die Nacht mit den Mädchen vom Begleitservice verbracht habe. In keiner der vier Tageszeitungen der Stadt stand ein Wort über Leichenfunde, auch nichts in den Lokalnachrichten; noch nicht mal das vageste Gerücht. Ich bin sogar so weit gegangen beim Dinner, in den Fluren von Pierce & Pierce, herumzufragen – unter Freundinnen, Geschäftsfreunden –, ob irgend jemand von zwei verstümmelten Prostituierten gehört hat, die in Paul Owens Apartment gefunden wurden. Aber es ist wie im Film, niemand hat etwas gehört, hat die leiseste Ahnung, wovon ich rede. Schließlich hat man andere Sorgen: der erschütternd hohe Anteil an Abführmitteln und Speed, mit dem der Koks in Manhattan heutzutage verschnitten ist, Asien und die Neunziger, wie nahezu unmöglich es ist, für acht Uhr eine Reservierung bei PR zu landen, Tony McManus’ neues Restaurant auf Liberty Island, Crack. Also muß ich davon ausgehen, daß irgendwie anscheinend gar keine Leichen gefunden wurden. Soweit ich weiß, ist Kimball ebenfalls nach London.
    Das Gebäude wirkt ungewohnt, als ich aus dem Taxi steige, obwohl mir nicht klar ist, warum. Ich habe immer noch die Schlüssel, die ich Owen in der Nacht, als ich ihn tötete, abgenommen habe, und jetzt nehme ich sie heraus, um die Vordertür zu öffnen, aber sie tun’s nicht, sie passen nicht richtig. Statt dessen öffnet mir ein uniformierter Türsteher, der vor sechs Monaten noch nicht da war, und entschuldigt sich, daß er so lange gebraucht hat. Ich stehe da im Regen, verunsichert, bis er mich hereinschiebt und mich mit dickem irischen Akzent munter fragt: »Na was nun – rein oder raus? Sie werden ja ganz naß.« Ich trete in die Lobby, meinen Regenschirm unter einem Arm, und stopfe die Operationsmaske, die ich gegen den Geruch mitgebracht habe, wieder in meine Manteltasche. Ich halte meinen Walkman und frage mich, was ich sagen soll, wie ich mich ausdrücken soll.
    »Nun, was kann ich für sie tun, Sir?« fragt er.
    Ich winde mich – eine lange, peinliche Pause –, ehe ich einfach sage: »Vierzehn A«.
    Er mustert mich gründlich, ehe er in seinem Buch nachsieht, strahlt dann und streicht etwas an. »Ah, natürlich. Mrs. Wolfe ist schon oben.«
    »Mrs … Wolfe?« Ich lächle schwach.
    »Ja. Sie ist die Maklerin«, sagt er und schaut zu mir auf. »Sie haben einen Termin, oder nicht?«
    Der Fahrstuhlführer, ebenfalls eine Neuerwerbung, starrt zu Boden, während wir beide im Gebäude hochfahren. Ich versuche, meine Schritte dieser Nacht, dieser Woche nachzuvollziehen, im nutzlosen Wissen, daß ich nach dem Mord an den beiden Mädchen nie wieder im Apartment war. Wieviel Owens Apartment wohl wert sein mag? ist eine Frage, die sich mir immer wieder ins Bewußtsein drängt und sich dort schließlich nagend festsetzt. In der Patty Winters Show ging es heute morgen um Leute, denen man das halbe Hirn entfernt hat. Mein Brustkorb fühlt sich eisig an.
    Die Fahrstuhltür öffnet sich. Ich trete hinaus, wachsam, sehe mich um, als sie schließt, und gehe dann durch den Gang zu Owens Apartment. Drinnen sind Stimmen zu hören. Ich lehne mich an die Wand, seufze, die Schlüssel in der Hand, und weiß jetzt schon, daß sie das Schloß ausgewechselt haben. Während ich mich frage, was ich tun soll, zitternd, und auf meine Loafers starre, die schwarzen von A. Testoni, öffnet sich die Tür des Apartments und reißt mich aus einem Moment des Selbstmitleids.

Weitere Kostenlose Bücher