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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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fast eine Stunde. Nichts tut sich. Ich stehe auf, nehme den Rest von dem Koks – eine mikroskopische Prise –, der noch von einem langen Samstag im M.K. oder Au Bar in meinem Medizinschränkchen liegt, schaue auf einen Drink bei Orso vorbei, ehe ich mich mit Jeanette treffe, die ich vorher angerufen hatte, um zu sagen, daß ich Karten für dieses spezielle Musical hatte, und sie hatte nichts gesagt außer: »Ich komm mit«, und ich hatte ihr gesagt, sie soll mich um zehn vor acht vor dem Theater treffen, und sie hatte aufgehängt. Während ich allein an der Bar im Orso sitze, sage ich mir, daß ich eine der Nummern anrufen wollte, aber dann fiel mir nichts ein, was ich hätte sagen können, und ich erinnere mich an elf der Worte, die Patty vorgelesen hat: »Ich kann schon fühlen, wie sie scharfe Sauce auf mich gießt.«
    Aus irgendeinem Grund fallen mir diese Worte wieder ein, als Jeanette und ich nach dem Musical im Progress sitzen, und es ist spät und das Lokal vollbesetzt. Wir bestellen etwas, das sich Adler-Carpaccio nennt, auf Mesquite geröstete Mahi-Mahi, Endiviensalat mit Chèvre und Mandeln mit Schokoladenüberzug, diese seltsame Gazpacho mit rohem Hühnerfleisch, Dry-Bier. Momentan befindet sich allerdings nichts auch nur halbwegs Eßbares auf meinem Teller, alles, was da ist, schmeckt nach Heftpflaster. Jeanette trägt eine Smokingjacke aus Schurwolle, eine Stola mit angesetztem Ärmel aus Seidenchiffon, eine passende Smokinghose, alles von Armani, antike Ohrringe aus Gold und Diamanten, Strümpfe von Givenchy, Ripsballerinas. Sie seufzt ständig und droht gar, eine Zigarette anzuzünden, obwohl wir im Nichtraucherbereich des Restaurants sitzen. Jeanettes Benehmen verstört mich zutiefst, läßt schwarze Gedanken in meinem Kopf aufsteigen und sich verdichten. Sie hat Kir Royal getrunken, aber bereits einige zuviel, und als sie den sechsten bestellt, deute ich an, daß sie eigentlich schon genug gehabt hat. Sie sieht mich an und sagt: »Mir ist kalt, und ich bin durstig, und ich bestelle scheißnochmal, was ich will.«
    Ich sage: »Dann nimm doch um Gottes willen ein Evian oder ein San Pellegrino.«

Sandstone
    Meine Mutter und ich sitzen in ihrem Privatzimmer in Sandstone, das nun ihr ständiger Wohnsitz ist. Sie steht unter starken Medikamenten, hat ihre Sonnenbrille auf, fingert ständig an ihrem Haar, und ich schaue ständig auf meine Hände, weil ich fürchte, daß sie zittern. Sie versucht zu lächeln, während sie fragt, was ich zu Weihnachten möchte. Es überrascht mich, wie schwer es mir fällt, den Kopf zu heben und sie anzusehen. Ich trage einen Zweiknopf-Anzug aus Wollgabardine mit steigenden Revers von Gian Marco Venturi, Schnürschuhe mit gerader Kappe von Armani, Schlips von Polo, Socken von wasweißichwo. Es ist Mitte April.
    »Nichts«, sage ich und lächele aufmunternd.
    Es entsteht eine Pause. Ich unterbreche sie mit der Frage: »Was willst du?«
    Sie sagt lange nichts, und ich schaue auf meine Hände, auf das getrocknete Blut, wahrscheinlich von einem Mädchen namens Suki, unter meinem Daumennagel. Meine Mutter leckt müde ihre Lippen und sagt: »Ich weiß nicht. Ich möchte nur, daß es schöne Weihnachten werden.«
    Ich sage nichts. Die letzte Stunde habe ich damit verbracht, mein Haar in dem Spiegel zu prüfen, den das Hospital auf mein Betreiben im Zimmer meiner Mutter angebracht hat.
    »Du siehst unglücklich aus«, sagt sie plötzlich.
    »Bin ich nicht«, sage ich mit einem kurzen Seufzer.
    »Du siehst unglücklich aus«, sagt sie, stiller diesmal. Wieder berührt sie ihr Haar, ihr blendend weißes Haar.
    »Na, du aber auch«, sage ich langsam und hoffe, sie wird nichts mehr sagen.
    Sie sagt nichts mehr. Ich sitze in einem Stuhl am Fenster, und zwischen den Gitterstäben verdunkelt sich der Rasen vorm Haus, eine Wolke zieht vor der Sonne vorbei, dann wird der Rasen wieder grün. Sie sitzt auf dem Bett, in einem Hausmantel von Bergdorfs und Slippern von Norma Karmali, die ich ihr letztes Jahr zu Weihnachten gekauft habe.
    »Wie war die Party?« fragt sie.
    »Okay«, sage ich auf gut Glück.
    »Wie viele Leute waren denn da?«
    »Vierzig. Fünfhundert.« Ich zucke die Achseln. »Ich weiß nicht genau.«
    Sie leckt sich wieder die Lippen, berührt schon wieder ihr Haar. »Wann bist du gegangen?«
    »Ich weiß nicht mehr«, sage ich nach langer Pause.
    »Eins? Zwei?« fragt sie.
    »Muß so um eins rum gewesen sein«, sage ich, schneide ihr fast das Wort ab.
    »Oh.« Sie zögert

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