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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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Eine Maklerin in mittleren Jahren tritt heraus, lächelt mir zu, fragt, mit einem Blick auf ihr Buch: »Sind sie mein Elf-Uhr-Termin?«
    »Nein«, sage ich.
    Sie sagt: »Dann entschuldigen Sie« und schaut sich auf dem Weg durch den Flur einmal nach mir um, mit seltsamem Gesichtsausdruck, ehe sie um eine Ecke verschwindet. Ich starre in das Apartment. Ein Paar Ende Zwanzig steht in eine Diskussion vertieft in der Mitte des Wohnzimmers. Sie trägt eine Wolljacke, eine Seidenbluse, eine Flanellhose, Armani, vergoldete Ohrringe, Handschuhe und hält eine Flasche Evian in der Hand. Er hat ein Sportjackett aus Tweed an, eine Kaschmir-Strickweste, ein Chambrai-Baumwollhemd, einen Schlips, Paul Stuart, einen Agnes B. Baumwolltrench über den Arm geworfen. Das Apartment hinter ihnen sieht aus wie geleckt. Neue Jalousien, die Wandverkleidung aus Kuhfell ist verschwunden; die Möbel, die Wandmalereien, der gläserne Kaffeetisch, Thonet-Stühle, schwarze Ledercouch, scheinen unverändert; den Fernseher mit Panoramabildschirm hat man ins Wohnzimmer versetzt, und er läuft, ohne Ton, ein Werbespot, in dem ein Fleck von einer Jacke marschiert und sich persönlich an die Kamera wendet, aber das kann mich nicht vergessen lassen, was ich mit Christies Brüsten gemacht habe, mit einem der Mädchenköpfe, ohne Nase und Ohren, wie man ihre Zähne sehen konnte, wo ich ihr das Fleisch aus dem Kiefer und beiden Wangen gebissen habe, das geronnene Blut, das Blut, das das Apartment überschwemmt, der Geruch des Todes, meine eigene diffuse Warnung, daß ich –
    »Kann ich ihnen helfen?« mischt sich die Maklerin, Mrs. Wolfe, wie ich vermute, ein. Sie hat ein sehr eckiges, dünnes Gesicht, die Nase ist groß, wirkt abstoßend echt, kräftig angemalter Mund, weiß-blaue Augen. Sie trägt eine wollene Bouclé-Jacke, Waschseidenbluse, Schuhe, Ohrringe, ein Armband von? Weiß ich nicht. Vielleicht ist sie noch unter Vierzig.
    Ich lehne noch immer an der Wand, starre das Paar an, das weiter ins Schlafzimmer geht, den Hauptraum leer zurückläßt. Gerade fällt mir auf, daß Bouquets in Glasvasen, Dutzende von ihnen, alle Ecken des Apartments füllen, und ich kann sie von meinem Standpunkt im Flur aus riechen. Mrs. Wolfe schaut kurz über die Schulter, um zu sehen, worauf ich starre, dann wieder zu mir. »Ich suche … wohnt hier nicht Paul Owen?«
    Eine weitere lange Pause, ehe sie antwortet. »Nein. Tut er nicht.«
    Noch eine lange Pause. »Sind Sie … ich meine, sind Sie sicher?« frage ich, ehe ich kläglich hinzufüge: »Ich … das verstehe ich nicht.«
    Sie bemerkt etwas, das die Muskeln in ihrem Gesicht zucken läßt. Ihre Augen verengen sich, ohne sich zu schließen. Sie hat die Operationsmaske entdeckt, die ich mit einer feuchten Faust umklammere, und sie atmet scharf ein, ohne den Blick abzuwenden. Das alles gefällt mir ganz und gar nicht. Im Fernseher, in einem Werbespot, hält ein Mann ein Stück Toast hoch und sagt zu seiner Frau: »Hey, du hast recht … die Margarine schmeckt wirklich besser als Scheiße.« Die Frau lächelt.
    »Sie haben die Anzeige in der Times gesehen?« fragt sie. »Nein … ich meine ja. Ja, habe ich. In der Times «, sage ich stockend, nehme all meinen Mut zusammen, der Duft der Rosen ist schwer, überdeckt etwas Widerliches. »Aber … gehört die Wohnung nicht immer noch Paul Owen?« frage ich so forsch wie möglich.
    Es entsteht eine lange Pause, ehe sie gesteht: »Es gab keine Anzeige in der Times. «
    Wir starren einander unendlich lange an. Ich bin überzeugt, sie spürt, daß ich etwas sagen will. Den Ausdruck habe ich früher schon auf einem Gesicht gesehen. War es in einem Club? Der Ausdruck eines Opfers? Habe ich es kürzlich auf der Leinwand gesehen? Oder war’s im Spiegel gewesen? Es scheint eine Stunde zu vergehen, ehe ich wieder sprechen kann. »Aber das sind … seine« – ich breche ab, mein Herz flackert, schlägt weiter – »Möbel.« Ich lasse meinen Schirm fallen, beuge mich dann schnell vor, um ihn aufzuheben.
    »Ich glaube, Sie sollten jetzt gehen«, sagt sie.
    »Ich glaube … ich möchte wissen, was passiert ist.« Mir ist schlecht, meine Brust und der Rücken sind schweißüberströmt, binnen Sekunden klatschnaß.
    »Bitte machen Sie hier keinen Ärger«, sagt sie.
    Alle Grenzen, falls es je welche gab, scheinen plötzlich keinen Bestand mehr zu haben und werden aufgehoben, das Gefühl, daß andere mein Geschick bestimmen, wird mich den Tag über nicht wieder verlassen. Das …

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