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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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Strand entlang, der Film ist schwarzweiß, absichtlich zerkratzt, unheimliche, vage Popmusik der Mittsechziger begleitet den ganzen Film, hallt, klingt wie Sirenengesang. Jetzt schaue ich in die Kamera, jetzt halte ich das Produkt hoch – ein neues Styling-Mousse? Tennisschuhe? – jetzt ist mein Haar windzerzaust, dann ist es Tag, dann Nacht, dann wieder Tag, und dann ist Nacht.
    »Ich nehme einen koffeinfreien Eiscafé«, sagt Jean zum Kellner.
    »Ich nehme einen Kaffee, schwarz, ohne Kopf«, sage ich zerstreut, ehe ich mich korrigiere. »Ohne Zucker, meine ich.« Ich werfe Jean einen besorgten Blick zu, aber sie lächelt mich nur leer an. Eine Sunday Times liegt zwischen uns auf dem Tisch. Wir diskutieren eventuelle Dinnerpläne für heute abend. Jemand, der aussieht wie Taylor Preston winkt mir zu. Ich senke meine Ray-Bans, winke zurück. Jemand strampelt auf einem Fahrrad vorbei. Ich bestelle Wasser bei einem Hilfskellner. Statt dessen erscheint ein Kellner, und danach wird ein Tablett mit zwei Schalen Sorbet, Cilantro-Zitrone und Wodka-Limone, an den Tisch gebracht, die ich Jean nicht habe bestellen hören.
    »Willst du was abhaben?« fragt sie.
    »Ich bin auf Diät«, sage ich. »Trotzdem, danke.«
    »Du brauchst doch nicht abzunehmen«, sagt sie äußerst überrascht. »Du machst Spaß, oder? Du siehst toll aus. Echt fit.«
    »Man kann immer noch dünner sein«, murmele ich, während ich auf den Straßenverkehr starre, etwas bedrückt mich – was? Ich weiß nicht. »Besser … aussehen.«
    »Tja, vielleicht sollten wir nicht essen gehen«, sagt sie besorgt. »Ich möchte deine … Selbstbeherrschung nicht gefährden.«
    »Nein. Ist schon gut«, sage ich. »Ich habe sie … damit ist es sowieso nicht weit her.«
    »Patrick, im Ernst. Ich mache, was du willst«, sagt sie. »Falls du nicht essen gehen willst, gehen wir eben nicht. Ich meine –«
    »Ist schon gut«, sage ich nachdrücklich. Es knackst. »Du solltest nicht so vor ihm kuschen …« Ich zögere, ehe ich mich korrigiere. »Ich meine … vor mir. Okay?«
    »Ich wollte ja nur wissen, was du möchtest«, sagt sie.
    »Heute noch leben, wenn ich nicht gestorben bin, oder?« sage ich sarkastisch. »Das möchte ich gerne.« Ich starre sie durchdringend an, eine halbe Minute vielleicht, ehe ich mich abwende. Das bringt sie zum Schweigen. Nach einer Weile bestellt sie ein Bier. Es ist heiß auf der Straße.
    »Komm schon, lach mal«, drängt sie später irgendwann. »Du hast doch keinen Grund, so ein trauriges Gesicht zu machen.«
    »Ich weiß«, seufze ich widerstrebend. »Aber … das Lächeln fällt mir schwer. In diesen Zeiten. Jedenfalls fällt es mir schwer. Wahrscheinlich bin ich’s nicht gewöhnt. Ich weiß nicht.«
    »Darum … brauchen die Menschen einander«, sagt sie sanft und versucht, meinen Blick einzufangen, während sie sich nicht ganz billiges Sorbet in den Mund löffelt.
    »Manche nicht.« Ich räuspere mich verlegen. »Oder, na ja, man kompensiert … Man richtet sich ein …« Nach einer langen Pause frage ich: »Der Mensch gewöhnt sich an alles, stimmt’s?«
    »Gewohnheiten ändern den Menschen.«
    Eine lange Pause. Verwirrt sagt sie: »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich … aber man muß sich doch trotzdem … den Glauben bewahren … daß die Welt nicht nur schlecht ist«, sagt sie, und dann, »meine ich, oder?« Sie sieht verdutzt aus, als könne sie kaum glauben, daß dieser Satz aus ihrem Mund gekommen ist. Ein Musikschwall aus einem vorbeifahrenden Taxi, schon wieder Madonna, »life is a mystery, everyone must stand alone …« Aufgeschreckt durch Gelächter am Nebentisch drehe ich den Kopf und höre, wie jemand verkündet: »Manchmal ist es wirklich ausschlaggebend, was man im Büro trägt«, und dann sagt Jean etwas, und ich bitte sie, es zu wiederholen.
    »Hast du nie den Wunsch gehabt, einen anderen glücklich zu machen?« fragt sie.
    »Was?« frage ich, versuche, mich auf sie zu konzentrieren. »Jean?«
    Scheu wiederholt sie den Satz. »Hast du nie den Wunsch gehabt, einen anderen glücklich zu machen?«
    Ich starre sie an, eine kalte, unwirkliche Angstwelle überläuft mich, löscht etwas aus. Ich räuspere mich wieder, versuche größte Bestimmtheit in meine Stimme zu legen und sage: »Ich war gestern abend im Sugar Reef … diesem Karibik-Laden auf der Lower East Side … kennst du doch –«
    »Mit wem?« unterbricht sie.
    Jeanette. »Evan McGlinn.«
    »Oh.« Sie nickt, innerlich aufatmend, glaubt mir.
    »Jedenfalls

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