American Psycho
dessen Namen ich vergessen habe, führt sie in den Brownstone-Kasten, und sie wirft einen letzten, reuevollen Blick zurück. Ich seufze und winke sie rein. Sie trägt immer noch den wollgefütterten Balmacaan-Mantel mit Leopardendruck über dem ärmellosen Wollcrêpe-Kleid von Bill Blass von letzter Nacht. Heute morgen wurde Bigfoot in der Patty Winters Show interviewt und war zu meiner Erschütterung äußerst wortgewandt und charmant. Das Glas, aus dem ich meinen Absolut-Wodka trinke, ist aus Finnland. Verglichen mit Jeanette bin ich gut gebräunt.
Der Fahrer kommt aus dem Haus, zeigt mir den erhobenen Daumen, lenkt den Wagen umsichtig vom Bordstein weg und macht sich auf den Weg zum Flughafen JFK, wo in neunzig Minuten mein Flug nach Aspen geht. Wenn ich zurückkomme, im Januar, wird Jeanette das Land verlassen haben. Ich zünde die Zigarre wieder an, suche den Aschenbecher. An der Ecke der Straße ist eine Kirche. Wen kümmert’s? Das ist, glaube ich, das fünfte Kind, das ich habe abtreiben lassen, das dritte, das ich nicht selbst abgetrieben habe (eine unbrauchbare Statistik, muß ich zugeben). Der Wind draußen ist schneidend und kalt, und der Regen klatscht in rhythmischen Wellen gegen die getönten Scheiben, äfft Jeanettes voraussichtliche Tränen im Operationssaal nach, benommen von der Betäubung, versunken in eine Erinnerung aus der Vergangenheit, einen Moment, in dem die Welt perfekt schien. Ich widerstehe dem Impuls, hysterisch loszugackern.
Am Flughafen gebe ich dem Chauffeur die Anweisung, auf einen Sprung bei F.A.O. Schwartz vorbeizuschauen, ehe er Jeanette abholt, und folgende Einkäufe zu machen: eine Puppe, eine Rassel, einen Beißring, einen weißen Eisbär von Gund, und sie ausgepackt auf dem Rücksitz für sie hinzulegen. Jeanette wird schon drüber wegkommen – sie hat ihr ganzes Leben noch vor sich (falls sie mir nicht über den Weg läuft, heißt das). Außerdem ist der Lieblingsfilm dieses Mädels Pretty In Pink, und sie hält Sting für das Größte, also ist das, was ihr passiert, nicht ganz unverdient, und man sollte sich ihretwegen keine Gedanken machen. Schlechte Zeiten für Unschuld.
Valentinstag
Dienstag morgen, und ich stehe an meinem Schreibtisch im Wohnzimmer und telefoniere mit meinem Anwalt, halte gleichzeitig abwechselnd die Patty Winters Show und das Mädchen im Auge, das den Boden bohnert, Blutschmieren von der Wand wischt und kommentarlos blutverklebte Zeitungen in den Müll wirft. Flüchtig kommt mir der Gedanke, daß auch sie in einer Welt voll Scheiße gestrandet ist, völlig darin einsinkt, und das erinnert mich irgendwie wieder daran, daß der Klavierstimmer heute vorbeikommt und daß ich eine Notiz beim Portier hinterlassen sollte, damit er ihn reinläßt. Nicht, daß das Yamaha je gespielt worden ist; es ist nur, weil eins der Mädchen dagegen gefallen ist, und einige der Saiten (die ich später noch brauchte) fielen heraus, zersprangen oder so. »Ich brauche mehr Steuer …« Patty Winters ist auf dem Bildschirm und fragt ein Kind, acht oder neun: »Aber ist das nicht nur ein anderer Ausdruck für eine Orgie?« Der Timer der Mikrowelle summt. Ich mache ein Soufflé warm.
Es läßt sich nicht leugnen: es ist eine schlechte Woche gewesen. Ich habe angefangen, meinen eigenen Urin zu trinken. Ich lache unvermittelt über nichts. Manchmal schlafe ich unter meinem Futon. Ich bearbeite ständig meine Zähne mit Zahnseide, bis das Zahnfleisch schmerzt und mein Mund nach Blut schmeckt. Gestern abend vor dem Dinner im 1500 mit Reed Goodrich und Jason Rust hätten sie mich beim Federal Express am Times Square fast erwischt, als ich der Mutter von einem der Mädchen, das ich letzte Woche getötet habe, ein anscheinend vertrocknetes braunes Herz schicken wollte. Und Evelyn schickte ich per Federal Express aus dem Büro eine kleine Schachtel Fliegen mit einer Notiz, von Jean getippt, daß ich ihr Gesicht nie wieder sehen will und, obwohl sie’s eigentlich nicht nötig hat, sie soll scheißnochmal auf Diät gehen. Aber es gab auch einiges, das der Durchschnittsmensch wohl als nett verbuchen würde, zur Feier des Tages, ein paar Sachen, die ich Jean gekauft habe und heute morgen an ihr Apartment liefern ließ: Castellini-Servietten von Bendel, einen Korbsessel von Jenny B. Goode, ein Tafttischtuch von Barney’s, eine echtes Kettentäschchen und ein Frisierset aus Sterlingsilber von Macy’s, ein Blumentreppchen aus weißem Kiefernholz von Conran’s, ein edwardianischer
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