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American Psycho

American Psycho

Titel: American Psycho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bret Easton Ellis
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Pflaster, meilenweit, manche regen sich, die meisten nicht. Geschichte verblaßt, und nur sehr wenigen scheint vage bewußt, daß die Zeiten schlechter werden. Flugzeuge fliegen tief über die Stadt, kreuzen vor der Sonne. Windböen fegen über die Fifth, fädeln sich dann durch die Fiftyseventh Street. Taubenschwärme erheben sich in Zeitlupe und explodieren dann vor dem Himmel. Der Geruch von gerösteten Kastanien vermischt sich mit Abgasen. Mir fällt auf, wie die Skyline sich kürzlich verändert hat. Bewundernd schaue ich auf zum Trump Tower, hoch, stolz glänzend im Sonnenlicht des Spätnachmittags. Davor ziehen zwei aufgeweckte Niggerkids Touristen mit dem Hütchenspiel ab, und ich muß den Impuls bekämpfen, sie wegzublasen.
    Ein Penner, den ich irgendwann im Frühjahr geblendet habe, sitzt mit gekreuzten Beinen auf einer filzigen Decke an der Ecke Fifty-fifth. Im Näherkommen sehe ich das vernarbte Gesicht des Bettlers und dann das Schild darunter, auf dem steht VIETNAMVETERAN HAT SEIN AUGENLICHT IN VIETNAM VERLOREN. BITTE HELFT MIR. WIR SIND HUNGRIG UND OBDACHLOS. Wir? Dann sehe ich den Hund, der mich schon mißtrauisch beäugt und, als ich näher komme, knurrend aufsteht und schließlich loskläfft, als ich mich über den Penner beuge, wild mit dem Schwanz wedelnd. Ich knie nieder und hebe drohend meine Hand. Der Hund weicht zurück, kneift den Schwanz ein.
    Ich habe meine Brieftasche gezückt, um so zu tun, als wollte ich einen Dollar in den leeren Kaffeebecher werfen, merke dann aber: warum so tun? Es sieht sowieso keiner hin, er schon gar nicht. Ich stecke den Dollar wieder ein, beuge mich vor. Er spürt meine Gegenwart und hört auf, den Becher zu schwenken. Die Sonnenbrille, die er trägt, verdeckt noch nicht einmal ansatzweise die Wunden, die ich ihm zugefügt habe. Die Nase ist so zerfetzt, daß es mir unbegreiflich ist, wie ein Mensch dadurch atmen kann.
    »Sie waren nie in Vietnam«, flüstere ich ihm ins Ohr.
    Nach einem Schweigen, während dem er sich in die Hose pißt, der Hund jault, krächzt er: »Bitte … tun sie mir nichts.«
    »Sehe ich aus, als hätte ich zuviel Zeit?« murmele ich angewidert.
    Ich lasse den Penner links liegen, statt dessen fällt mir ein kleines Mädchen mit Zigarette auf, das vor dem Trump Tower um Wechselgeld bettelt. »Shoo«, sage ich. Sie sagt »Shoo« zurück. In der Patty Winters Show von heute morgen saß ein Cheerio in einem sehr kleinen Stuhl und wurde für fast eine Stunde interviewt. Später am Nachmittag wurde einer Frau in einem Mantel aus Nerz und Silberfuchs vor dem Stanhope von einem aufgebrachten Pelzgegner das Gesicht aufgeschlitzt. Aber jetzt, von der anderen Straßenseite immer noch auf den blicklosen Penner starrend, kaufe ich mir ein Dove Bar, Kokosnuß, in dem ich ein Stück Knochen finde.

Neuer Club
    Donnerstag abend läuft mir auf einer Party in einem neuen Club, World’s End, der in einem Laden auf der Upper East Side aufgemacht hat, in dem früher Petty’s war, Harold Carnes über den Weg. Ich sitze mit Nina Goodrich und Jean in einer Nische, und Harold steht an der Bar und trinkt Champagner. Ich bin betrunken genug, um ihn endlich auf die Nachricht anzusprechen, die ich auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen habe. Nachdem ich mich bei meiner Begleitung entschuldigt habe, gehe ich zur anderen Seite der Bar, wo mir klar wird, daß ich einen Martini brauche, um mich zu stärken, ehe ich das mit Carnes diskutiere (es war eine sehr unbeständige Woche für mich – am Montag fing ich bei einer Folge von Alf an zu weinen). Nervös schiebe ich mich neben ihn. Harold trägt einen Schurwollanzug von Gieves & Hawkes, einen Seidentwill-Schlips, Hemd, Schuhe von Paul Stuart; er wirkt stämmiger, als ich ihn in Erinnerung habe. »Mach dir eins klar«, sagt er zu Truman Drake, »bis zum Ende der Neunziger gehört das halbe Land den Japanern.«
    Erleichtert, daß Harold immer noch, wie üblich, unter Beigabe eines leichten, aber unüberhörbaren, o Gott, englischen Akzents, unschätzbare neue Informationen unter die Leute bringt, fühle ich mich gewappnet genug »Oh, halt die Klappe, Carnes, wird es nicht« zu blöken. Ich kippe den Martini, Stoli, während Carnes, der recht verdutzt aussieht, fast schon erschüttert, sich umdreht, um mich anzusehen, und sein aufgeblasenes Gesicht zu einem unsicheren Lächeln verzieht. Hinter uns sagt jemand: »Aber sieh dir doch bloß an, was mit Gekko passiert ist …«
    Truman Drake klopft Harold auf die Schulter

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