American Psycho
kaum verständlichem Akzent, der genausogut New Jersey wie südländisch sein könnte.
»Nein.« Ich will den Walkman wieder aufsetzen.
»Sie kommen mir bekannt vor«, sagt er. »Wie heißen Sie?«
»Nein, tue ich nicht. Sie mir auch nicht«, sage ich, dann, beim zweiten Nachdenken: »Chris Hagen.«
»Ach was.« Er grinst, als würde irgendwas nicht stimmen. »Ich weiß, wer Sie sind.«
»Aus einem Film. Ich bin Schauspieler«, sage ich. »Ein Model.«
»Nee, das war’s nicht«, sagt er grimmig.
»Na ja« – ich beuge mich vor, schaue nach seinem Namen – »Abdullah, bist du vielleicht Mitglied bei M.K.?«
Er antwortet nicht. Ich schlage die Post wieder auf, ein Foto des Bürgermeisters im Ananaskostüm, schließe sie wieder und spule das Tape im Walkman zurück. Ich zähle stumm vor mich hin – eins, zwei, drei, vier –, meine Augen hängen am Zähler. Warum habe ich heute morgen die Pistole nicht eingesteckt? Weil ich es nicht für nötig gehalten habe. Die einzige Waffe, die ich bei mir habe, ist ein Messer, das ich letzte Nacht benutzt habe.
»Nein«, sagt er. »Ich hab Ihr Gesicht schon mal gesehen.« Schließlich frage ich entnervt und versuche gelassen zu klingen: »Haben sie das? Wirklich? Interessant. Wie wär’s, wenn Sie mal auf die Straße schauen, Abdullah?«
Eine lange, ungemütliche Pause, in der er mich im Rückspiegel anstarrt und das grimmige Lächeln verschwindet. Sein Gesicht ist ausdruckslos. Er sagt: »Ich weiß. Mann, ich weiß, wer du bist«, und er nickt, die Lippen fest zusammengepreßt. Das Radio, in dem die Nachrichten liefen, wird ausgeschaltet.
Häuser rasen in grau-roten Schlieren vorbei, das Taxi passiert andere Taxis, der Himmel wechselt die Farbe von Blau zu Purpur zu Schwarz und wieder zu Blau. An einer anderen Ampel – einer roten, die er einfach überfährt – auf der anderen Seite des West Side Highway ein neues D’ Agostino’s an der Ecke, wo früher Mars war, und es treibt mir fast die Tränen in die Augen, weil es doch ein vertrauter Anblick war und weil ich für den Markt (auch wenn es keiner ist, in dem ich jemals kaufen würde) ebenso sentimentale Gefühle hege, wie für fast alles mittlerweile, und ich unterbreche fast den Fahrer, um ihm zu sagen, er soll ranfahren, mich aussteigen lassen, das Wechselgeld von einem Zehner – nein, einem Zwanziger – behalten, aber ich kann mich nicht rühren, weil er so schnell fährt und weil etwas mich hindert, etwas Undenkbares, Haarsträubendes, und es kann sein, daß ich es ihn sagen höre. »Du bist der Typ, der Solly kaltgemacht hat.« Seine Fresse ist zu einer entschlossenen Grimasse geronnen. Wie alles andere geschieht auch das, was folgt, sehr schnell, obwohl es wirkt wie ein Ausdauertest.
Ich schlucke, senke meine Sonnenbrille und bitte ihn, langsamer zu fahren, ehe ich frage: »Und wer, wenn ich fragen darf, ist Sally?«
»Mann, dein Gesicht ist auf’m Fahndungsplakat downtown«, sagt er ungerührt.
»Ich glaube, ich möchte hier anhalten«, gelingt es mir zu krächzen.
»Du bist der Typ, stimmt’s?« Er sieht mich an, als wäre ich eine Art Viper.
Ein anderes Taxi, das Licht an, leer, kurvt um unseres herum, macht mindestens achtzig. Ich sage kein Wort, schüttele nur den Kopf. »Ich werde mir Ihre« – ich schlucke, zitternd, öffne meinen ledernen Kalender, hole einen Mont-Blanc-Füller aus der Bottega-Veneta-Aktentasche – »Lizenznummer aufschreiben …«
»Du has Solly kaltgemacht«, sagt er, er kennt mich eindeutig von irgendwoher, schneidet jedes weitere Leugnen meinerseits ab und grunzt: »Du Hurensohn.«
Bei den Docks downtown schert er aus dem Highway aus und rast mit dem Taxi über einen verlassenen Parkplatz, und irgendwie geht mir auf, jetzt, gerade als der Fahrer in und dann über einen verfallenen, rostigen Aluzaun fährt, daß ich nichts anderes zu tun hätte, als meinen Walkman aufzusetzen, den Taxifahrer auszublenden, aber meine Hände sind zu unbeweglichen Fäusten verkrampft, die ich nicht öffnen kann, gefangen in einem Taxi, das auf ein Ziel zuholpert, das nur der Taxifahrer, offensichtlich ein Geistesverwirrter, kennt. Die Fenster sind halb heruntergelassen, und ich spüre, wie kalte Morgenluft das Mousse auf meiner Kopfhaut trocknet. Ich fühle mich nackt, plötzlich winzig. Mein Mund schmeckt metallisch, dann wird es schlimmer. Mein Ausblick: eine winterliche Straße. Aber mir bleibt ein tröstlicher Gedanke: Ich bin reich – Millionen sind es nicht.
»Sie müssen
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