American Psycho
nichts bemerken. Heute morgen habe ich drei Stunden bei Xclusive trainiert, und da wir drei uns den Rest des Nachmittags freigenommen haben, gehen wir alle zur Massage. Wir haben noch nicht bestellt, tatsächlich haben wir noch nicht mal die Karte gesehen. Ursprünglich hatte Craig eine Flasche Champagner bestellen wollen, aber David hatte zu diesem Vorschlag vehement den Kopf geschüttelt und »Out, out, out« gesagt, und so wurden statt dessen Drinks bestellt. Ich behalte Luis im Auge, und immer wenn er zu unserem Tisch schaut, werfe ich den Kopf zurück und lache, selbst wenn das, was Van Patten oder McDermott sagen, nicht im geringsten lustig ist, also eigentlich immer. Inzwischen heuchele ich das so gekonnt natürlich, daß niemand etwas merkt. Luis steht auf, wischt sich den Mund mit einer Serviette ab und schaut wieder zu uns her, ehe er das Speisezimmer verläßt und, wie ich vermute, die Herrentoilette aufsucht.
»Aber es gibt Grenzen«, sagt Van Patten gerade. »Der Punkt ist doch, ich meine, man will schließlich nicht den Abend mit dem Krümelmonster verbringen.«
»Aber mit Meredith gehst du immer noch, äh, wo liegt da denn der Unterschied?« frage ich. Natürlich hört er nicht hin.
»Aber Ditsy ist süß«, sagt McDermott. »Ditsy ist wirklich süß.«
»Bateman?« fragt Van Patten. »Irgendwelche Stilfragen bezüglich Ditsyologie?«
»Was?« frage ich im Aufstehen.
»Ditsy? Nein?« diesmal McDermott. »Ditsy ist begehrenswert, comprende? «
»Hört zu«, sage ich und schiebe meinen Stuhl an den Tisch. »Ich möchte nur kund und zu wissen tun, daß ich pro Familie und anti Drogen bin. Entschuldigt mich.«
Als ich gehe, schnappt sich Van Patten einen vorbeikommenden Kellner und sagt mit leiser werdender Stimme: »Ist das Leitungswasser? Ich trinke kein Leitungswasser. Bringen Sie mir ein Evian oder so, ja?«
Würde Courtney mich weniger mögen, wenn Luis tot wäre? Das ist die Frage, der ich mich stellen muß, die unterschwellig an mir nagt, ohne daß ich eine klare Antwort finden kann, während ich langsam durch den Speisesaal gehe und jemand zuwinke, der wie Vincent Morrison aussieht, und einem anderen, von dem ich mir ziemlich sicher bin, daß er aussieht wie Tom Newman. Würde Courtney mehr Zeit mit mir verbringen – die Zeit, die sie jetzt mit Luis verbringt –, wenn er von der Bildfläche verschwunden wäre, nicht mehr zur Verfügung stünde, wenn er vielleicht … tot wäre? Wäre Courtney wohl traurig, wenn Luis getötet würde? Könnte ich sie wirklich trösten, ohne daß mir meine Gehässigkeit einen Streich spielt und ich ihr laut ins Gesicht lachen und mit allem herausplatzen muß? Erregt sie mein Körper, meine Schwanzgröße oder der Kitzel, daß sie sich hinter seinem Rücken mit mir trifft? Und warum, da wir schon dabei sind, möchte ich Courtney gefallen? Wenn sie an mir nur die Muskeln mag, oder den kräftigen Schwanz, ist sie ein mieses Stück. Aber ein köstlich gebautes, fast makellos schönes mieses Stück, und das entschuldigt vieles, von schlechtem Atem oder gelben Zähnen einmal abgesehen, beides echte Reklamationsgründe. Würde ich alles zerstören, wenn ich Luis erwürge? Würde mich Evelyn, wenn ich sie heirate, bis zur unausweichlichen Scheidung zwingen, ihr Lacroix-Modelle zu kaufen? Haben die südafrikanischen Streitkräfte und die von der Sowjetunion gesteuerten schwarzen Guerillas in Namibia schon Waffenstillstand geschlossen? Würde diese Welt schöner und sicherer werden, wenn Luis in Stücke gehackt würde? Meine Welt schon, also warum nicht? Spricht eigentlich … nichts dagegen. Und im Grunde ist es längst zu spät, sich diese Fragen zu stellen, denn jetzt bin ich auf der Herrentoilette, starre mein Spiegelbild an – Haar und Gesichtsbräune tiptop – und begutachte meine Zähne, ebenmäßig, weiß und strahlend. Ich blinzele mein Spiegelbild an und atme tief durch, streife ein Paar Armani-Handschuhe über und nähere mich dann der Kabine, in der Luis verschwunden ist. Die Herrentoilette ist verlassen, alle Kabinen sind leer, bis auf eine am Ende des Raums, unverschlossen, einen Spalt geöffnet, und Luis’ Pfeifen – irgendwas aus Les Misérables – wird fast unerträglich schrill, als ich näher komme.
Er steht in der Kabine mit dem Rücken zu mir, trägt einen Kaschmir-Blazer, eine Bundfaltenhose aus Wolle, ein weißes Hemd aus Baumwolle und Seide und pißt in die Kloschüssel. Ich merke, daß er meine Anwesenheit spürt, weil sich sein Körper
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