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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geert Mak
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schließlich aus dem Hinterland kommen, und was die Transportwege anging, waren sie von den Indianern abhängig. Beinahe zwei Jahrhunderte nach der Ankunft der ersten Kolonisten wussten die Amerikaner immer noch nicht genau, wie der Kontinent aussah, wie die Flüsse verliefen, wo die Gebirgszüge lagen. Ihre Landkarten hatten noch große weiße Flecken, vor allem im fernen Westen. Nur die Indianer kannten aufgrund ihres eigenen Netzwerks den Weg.
    1803 gründete Präsident Thomas Jefferson das Corps of Discovery. Am 14. Mai 1804 machten sich gut dreißig Militärangehörige und indianische Kundschafter unter Leitung von Meriwether Lewis und William Clark von St. Louis aus auf den Weg, um von Osten eine Handelsroute zur amerikanischen Westküste zu suchen und, wenn möglich, für die Schifffahrt eine nördliche Passage nach Asien. Gleichzeitig sollten sie erforschen, inwiefern sich der Westen des Kontinents wirtschaftlich nutzbar machen ließ.
    Alles in allem legte die Gruppe achttausend Meilen zurück, quer durch eine kaum begehbare Wildnis aus mannshohem Präriegras, dichten Wäldern, eisigen Ebenen und nie zuvor betretenen Bergpässen. Steinbeck zieht in Die Reise mit Charley noch einmal den Hut vor den Männern. Sie brauchten, schrieb er, zweieinhalb Jahre, um sich einen Weg durch diese Einöde zu bahnen – »nur einer starb und nur einer wurde abtrünnig« – und »wir brauchen heute im Flugzeug fünf Stunden hierher, im Auto eine Woche oder, wenn wir so trödeln wie ich, einen Monat oder sechs Wochen«.
    Die Expedition war ein großer Erfolg: Am 7. November 1805 erreichten Lewis und Clark beim heutigen Oregon den Stillen Ozean. »Große Freude im Lager dass wir in Sicht vom Ozian, diesem großen Pazifischen Ocktean welchen zu Sehen wir So lang schon begierig«, notiert Clark, der mit der Rechtschreibung auf Kriegsfuß stand, in seinem Tagebuch. Die Forschungsreisenden berichten nach ihrer Rückkehr 1806, dass das Land jenseits des Mississippi zum größten Teil als »Wildnis ohne wirkliche Möglichkeit, urbar gemacht zu werden« und »für eine weiße Bevölkerung ungeeignet« betrachtet werden müsse. Allerdings hätten sie Kontakt zu Dutzenden bis dahin unbekannten Indianerstämmen aufgenommen, die durch Vermittlung umherziehender weißer Pelzjäger sehr wohl Handelsbeziehungen zur »zivilisierten« Ostküste unterhielten.
    Die Ergebnisse der Expedition brachten die Politiker auf eine Idee: Könnte man nicht die Indianer, die den Pelzjägern und Siedlern östlich des Mississippi immer mehr Probleme bereiteten, in die westlichen Einöden verdrängen, wo sie niemandem zur Last fielen? 1825 begann Präsident Monroe mit den Deportationen, eine Form der ethnischen Säuberung, die nach dem Inkrafttreten des Indian Removal Act im Jahr 1830 von Präsident Andrew Jackson im großen Stil durchgeführt wurde.
    Tocqueville und Beaumont durchstreiften im Sommer 1831 die Wälder von Michigan noch mit der Hilfe einiger indianischer Führer, die mühelos über jedes Hindernis hinwegsprangen und ohne zu zaudern den Weg durch einen Wald fanden, in dem keine Route markiert war. Die beiden Franzosen kamen sich wie Blinde vor. »Es war ein besonderer Anblick, das höhnische Lächeln zu sehen, mit dem sie uns wie Kinder an der Hand führten, bis sie uns in die Nähe des Gegenstandes gebracht hatten, den sie selbst schon seit langem im Blick hatten.«
    Sie trafen auch eine Gruppe angemalter Indianer, die extra für sie einen Tanz aufführten, »wie Teufel springend«, um ein wenig Geld zu ergattern. »Wir geben ihnen einen Shilling. Es handelt sich um den ›Kriegstanz‹: Schrecklich anzuschauen. Welch eine Entartung!« All diese Völker lebten früher verstreut an der Küste, fügt Tocqueville hinzu. »Jetzt muss man mehr als einhundert französische Meilen ins Binnenland ziehen, um einen Indianer zu treffen. Die Wilden haben sich nicht nur zurückgezogen, sie wurden vernichtet.«
    1834 verfügte der Indian Intercourse Act, dass westlich des Mississippi eine Grenze, The Line , durch das Land gezogen wurde, hinter der die Indianer sicher leben können sollten. Von einem Reservat konnte man noch nicht sprechen, die Grenze war einfach nur ein Strich auf der Landkarte. Wer ein Indianer war, bestimmten die Blood Quantum Laws, eine Regelung, die bereits im 18. Jahrhundert zur Anwendung kam und womit anhand der Großeltern und Eltern bestimmt wurde, wie viel »indianisches Blut« jemand in den Adern hatte. Weißen war es verboten, die

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