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Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition)

Titel: Amerika!: Auf der Suche nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geert Mak
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Hände hat, wenn man Dutzende von korrupten Diktaturen nach wie vor stützt und wenn es immer noch ein Guantánamo gibt. Den Scherbenhaufen, den der »Schöpfer der Freiheit« im Irak zurückgelassen hat, wird niemand so schnell vergessen.
    Bereits 1900 geißelte Mark Twain diesen amerikanischen Messianismus in einer wütenden Polemik gegen Roosevelt: »Fahren wir damit fort, den Völkern, die in der Finsternis wandeln, unsere Kultur aufzudrängen, oder lassen wir die armen Kerle endlich mal in Ruhe? Oder machen wir einfach weiter, auf die altmodische, laute, fromme, uns eigene Weise, und soll auch das ganze neue Jahrhundert in diesem Zeichen stehen? Oder sollten wir erst einmal Einkehr halten, und uns ruhig irgendwo hinsetzen und darüber nachdenken?«
    Das amerikanische Imperium ist gewissermaßen eine Weltmacht aus zweiter Hand. Es ist in der Spätzeit aller anderen Weltreiche entstanden und muss deshalb nicht nur den Preis für die eigenen Fehler zahlen, sondern auch für die seiner Vorgänger. Ehe die Amerikaner einen Fuß auf vietnamesischen Boden setzten, hatten die Franzosen aus dem Land schon längst ein großen Schutthaufen gemacht, ebenso wie die Russen aus Afghanistan, die Briten aus dem Irak, und auch im Mittleren Osten waren schon alle gescheitert.
    Ein zusätzliches Handicap ist dabei die Tatsache, dass die amerikanische Demokratie in erster Linie auf das eigene Land fokussiert ist. Ein Politiker macht sich leicht angreifbar, wenn er darauf hinweist, dass die Verhältnisse anderswo in manchem besser sind als in den Vereinigten Staaten und dass Amerika gelegentlich auch von anderen Ländern lernen kann. Dann sieht er sich dem Vorwurf ausgesetzt, ihm fehle es an »Nationalstolz« und er mache sich des » apologizing for America « schuldig. Dergleichen macht nur ein Schwächling.
    Es geht hier um ein größeres Ideal, eine nationale Religion, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Doch die meisten Amerikaner leugnen noch immer, dass ihr Land eine Weltmacht ist, weil die Realität dem Ideal der besonderen Nation, die der Welt auf dem Weg zur Freiheit vorangeht, vollkommen widerspricht. Zudem wollen die amerikanischen Wähler nicht die Last der enormen Kosten tragen, die die messianischen Expeditionen mit sich bringen. Dies gilt in noch viel stärkerem Maß für die Investitionen, die nach Kriegshandlungen notwendig sind, etwa in Afghanistan oder im Irak. Das ist der Grund dafür, dass amerikanische Regierungen heute alles dafür tun, um solche Wiederaufbaukosten zu verschleiern, und zu diesem Zweck große Teile der Drecksarbeit an Privatfirmen vergeben. »Aunties!« , würde Roosevelt mit seiner hohen, sich überschlagenden Stimme rufen.
    Die Vereinigten Staaten waren jahrzehntelang erfolgreich, wenn es um die Organisation von Bündnissen ging – die Nato ist dafür ein gutes Beispiel. Doch beim Abwickeln von Konflikten beging man oft einen Fehler nach dem anderen. Das alles macht Amerika als Weltmacht in gewisser Weise instabil. Es lässt sich leicht zu unverantwortlichen Aktionen hinreißen und zieht sich dann in stolze Isolation zurück. Es ergreift die Initiative für die Gründung internationaler Organisationen wie des Völkerbunds und der Vereinten Nationen, kann aber anschließend keine ausreichende politische Unterstützung generieren, um einer solchen Institution ein langfristiges Wachstum zu sichern.
    Vergleiche mit dem Römischen Reich oder dem Britischen Empire hinken allein schon aus diesem Grund. Das amerikanische Imperium hat weder Kolonien noch, wie die alten Römer, Provinzen. Die Amerikaner stationieren überall ihre Truppen – unbestätigten Angaben zufolge handelt sich um mehr als eine halbe Million Soldaten in rund hundertzwanzig Ländern –, aber im Grunde genommen geht es ihnen nie um Beziehungen, die endlos währen könnten wie bei den Römern oder Briten.
    Bezeichnend ist die Art und Weise, wie die meisten amerikanischen Truppen im Ausland stationiert sind, selbst in Europa: Sie leben und arbeiten in vollständig abgeschirmten Siedlungen, in die wirklich alles aus den Vereinigten Staaten eingeflogen wird, bis hin zum Kantinenbesteck und den brownies an der Supermarktkasse. Wie lange sie bleiben, hängt einzig von dem gerade herrschenden Wind in Washington ab: Wenn die militärische Präsenz in einem Land zu teuer wird oder an Popularität verliert, dann ist die Chance auf einen sofortigen Abzug groß. Dadurch sind für Amerika, um es mit den Worten des politischen Essayisten John

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