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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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»Vierzigtausend Meilen Abwasserkanäle, einige von ihnen hunderte von Jahren alt – ein Meisterwerk der Baukunst, das es mit dem Suezkanal aufnehmen könnte, aber über die Kanalisation denkt niemand groß nach. Die Leute leiten ihre Gifte einfach ab und spülen sie fort …«
    »Aber warum soll man sie erforschen?«
    Er sieht mich enttäuscht an. »Hat man Hillary gefragt, warum er den Everest bestiegen hat?«
    »Ja, hat man.«
    »Okay, okay. Also, die Kanalisation ist wie der Mount Everest. Der letzte weiße Fleck auf der Landkarte. Sie werden schon
sehen. Es ist eine andere Welt. Wenn man sich dreißig Meter in die Tiefe begibt, ist es so still, dass man hören kann, wie sich die eigenen Poren öffnen und schließen. Und die Dunkelheit – absolut unnatürlich. Es ist nicht wie draußen, wo man wartet, bis sich die Pupillen weiten, und dann allmählich Umrisse wahrnimmt. Da unten ist es schwärzer als schwarz.«
    Barry beugt sich zu mir nach vorne. »Es ist wie eine untergegangene Stadt. Es gibt Ströme, Bäche, Unterstände, Keller, Grotten, Gräber, Krypten, Katakomben und geheime Orte, von denen die Regierung nicht will, dass irgendjemand davon erfährt. Es ist eine andere Welt. Eine Schicht begräbt die vorherige, wie Gesteinsablagerungen. Jedes Mal wenn eine große Zivilisation zusammenbricht – ägyptisch, hethitisch, römisch – hinterlässt sie auf jeden Fall ihre Kanalisation und ihre Latrinen. In einer Million Jahren werden Archäologen unsere versteinerten Scheißhaufen ausgraben, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
    »Und noch eine Menge mehr«, fügt Angus hinzu. »Wir finden alles Mögliche – Schmuck, Gebisse, Brillen, Taschenlampen, Goldmünzen, Hörgeräte, Mundharmonikas, Schuhe…«
    »Ich habe mal ein ausg-g-g-gewachsenes Schwein entdeckt«, unterbricht ihn Phil. »Die f-f-f-fetteste Sau, die man je gesehen hat.«
    »Glücklich wie ein Ferkel im Mist, was?«, kichert Angus. Barry stimmt ein, bis Wettermann Pete sich wieder um Ernst bemüht.
    »Wissen Sie, was ein Kanaljäger ist?«
    »Nein.«
    »Im achtzehnten Jahrhundert haben sie in den Abwasserkanälen geschürft und Schlamm gesiebt, als ob sie Gold suchen würden! Dann gab es die Ausspüler und die Tunnelarbeiter, sie haben die Abwasserkanäle gereinigt und repariert. Heutzutage heißen sie Kanalarbeiter. Vielleicht hören Sie heute Nacht welche bei der Arbeit.«

    »Warum arbeiten sie nachts?«
    »Da schwimmt weniger Scheiße rum.«
    Ich wünschte, ich hätte nicht gefragt. Ray Murphys Frau hat erzählt, dass ihr Mann als Kanalarbeiter tätig war. Pete erklärt, wie sechsköpfige Trupps mit einem Vorarbeiter Verstopfungen beseitigen, indem sie den Schlamm durch die Einstiegslöcher wegschaffen.
    »Das klingt sicher ziemlich antiquiert, aber es gibt auch Hightech. Sie haben zum Beispiel diese kleinen Boote – eine Art Luftkissenboote –, die mit Kameras bestückt sind und die Abwasserkanäle von innen filmen, wenn es Probleme gibt. Auf die sollten Sie achten, denn Sie wollen da unten bestimmt nicht erwischt werden.«
    Der Transporter kommt auf dem losen Kies eines verlassenen Parkplatzes rutschend zum Stehen. Moley steigt durch die geöffneten Hecktüren aus und gibt mir einen Overall und ein Paar Gummistiefel. Es folgen ein Sicherheitsgürtel und Schutzhandschuhe. Derweil hat Wettermann Pete einen gelben Plastikkoffer aufgeklappt und eine Aluminiumstange mit Dreifuß und Windschalen ausgefahren.
    »Das ist eine tragbare Wetterstation«, erklärt er. »Damit kann ich Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Sonneneinstrahlung und Niederschlag messen. Alle Daten werden in den Computer gefüttert.« Er klappt einen Laptop auf und tippt auf die Tastatur. »Im Augenblick haben Sie ein Fenster von vier Stunden.«
    Moley komplettiert meine Ausrüstung mit einem Schutzhelm und einem Sauerstoffgerät für den Notfall. Er kratzt sich ein letztes Mal unter der Achsel, bevor er in seine Stiefel schlüpft.
    »Haben Sie irgendwelche offenen Schnittwunden? Dann kleben Sie ein wasserdichtes Pflaster drauf«, sagt Barry und wirft mir eine Schachtel zu. »Die Weil-Krankheit – kriegt man von Rattenpisse. Wenn sie durch eine Schnittwunde eindringt, kann sie bis zum Gehirn wandern.«

    Er überprüft meinen Sicherheitsgurt. »Lassen Sie mich kurz erklären, was da unten schieflaufen kann: Feuer, Explosionen, Erstickung, Vergiftung, Infektionen und Ratten, die einem das Fleisch von den Knochen nagen. Niemand

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