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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Brief, wenn ihr mich helfen lasst, ihn zu finden.«
    Campbell wird ungehalten und schnauft und keucht wie ein böser Wolf im Laientheater. Ich kann seine Augen nicht sehen. Sie sind unter seinen Brauen verborgen, die über seine Stirn bis zu den Ohren hin kriechen.
    Ich erzähle ihm von den Briefen mit der Lösegeldforderung und den DNA-Tests und berichte, was ich mir über die Übergabe des Lösegelds zusammengereimt habe. Ich weiß, es klingt weit hergeholt, aber ich komme der Wahrheit näher. Ich muss der Spur nur folgen. Gerry Brandt hatte etwas mit der Sache zu tun.
    »Was?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    Campbell schüttelt ungläubig den Kopf. »Du solltest dir selber mal zuhören. Du bist komplett besessen.«
    »Nein, du hörst mir nicht zu. Irgendjemand hat Mickey entführt. Ich glaube nicht, dass Howard sie getötet hat. Sie lebt noch.«
    »Nein! Du hörst mir jetzt zu! Das ist Quatsch. Mickey Carlyle ist vor drei Jahren gestorben. Beantworte mir eine Frage – wenn jemand sie entführt hat, warum hat er dann drei Jahre mit
der Lösegeldforderung gewartet? Es ergibt keinen Sinn, weil es nicht wahr ist.«
    Er schiebt mir meine Kündigung über den Tisch. »Du hättest in Pension gehen sollen, als ich dir die Chance dazu gegeben habe. Du bist geschieden. Du hast aufgehört zu trinken. Du siehst deine Kinder praktisch nie. Du lebst allein. Guck dich doch an! Du bist ein Wrack, Herrgott! Früher hab ich den jungen Detectives gesagt, sie sollten sich ein Beispiel an dir nehmen, aber jetzt bist du nur noch peinlich. Du bist zu lange geblieben, Vincent …«
    »Nein, das kannst du nicht von mir verlangen.«
    »Du bist auf dem absteigenden Ast.«
    »Was für ein Ast? Ich sehe keinen Ast.«
    »Unterschreib den Brief.«
    Ich wende mich ab, kneife die Augen zu und versuche, gegen meine Verbitterung anzublinzeln. Je länger ich nachdenke, desto wütender werde ich. In meinen Eingeweiden spüre ich ein Stampfen wie von den Kolben einer Dampfmaschine.
    Campbell zieht den Füller zurück und legt ihn in seine Schublade. »Du lässt mir keine andere Wahl. Ich bedauere es, dich darüber informieren zu müssen, dass dein Dienst bei der London Metropolitan Police hiermit beendet ist. Der Commissioner hat entschieden, dass du eine Belastung für die Truppe bist. Er wird nicht zulassen, dass du als aktiver Polizist in den Zeugenstand trittst.«
    »Was soll das heißen, in den Zeugenstand?«
    Campbell zieht einen weiteren Brief aus seiner Schublade. Diesmal handelt es sich um eine gerichtliche Vorladung.
    »Howard Wavells Anwälte haben heute Morgen um zehn eine gerichtliche Vorladung erwirkt. Du musst morgen Mittag bei der Anhörung zu seinem Berufungsverfahren aussagen. Sie wissen von der Lösegeldforderung und den DNA-Tests. Sie werden argumentieren, wenn ein leitender Polizeibeamter der Zahlung eines Lösegeldes für Michaela Carlyle zugestimmt hat, müssen wir davon ausgehen, dass sie noch lebt.«

    »Wie haben sie davon erfahren?«
    »Das solltest du mir sagen. Außerdem beantragen sie die Festsetzung einer Kaution. Howard Wavell könnte das Gefängnis morgen Nachmittag als freier Mann verlassen.«
    Jetzt begreife ich. Meine Kündigung ist Teil der Schadensbegrenzung. Ich werde kein aktiver Polizist, sondern ein gesetzloser Rächer sein.
    Jeder Atem im Zimmer erstirbt. Campbell redet immer noch, aber ich höre die Wörter nicht. Ich lebe zehn Sekunden vor der Zeit oder hinke zehn Sekunden hinterher. Und irgendwo klingelt ein Telefon, das niemand abnehmen will.

23
    Ich sitze tief auf den ausgeleierten Federn des Beifahrersitzes und spähe durch die Windschutzscheibe des Transporters in die zunehmende Dunkelheit. Auf dem Armaturenbrett tanzt eine Elvispuppe auf einem Gummipfropfen.
    Wettermann Pete mit Wollmütze und Walrossschnäuzer fährt den Wagen. Seine Kiefer malmen unaufhörlich auf einem Kaugummi herum, das zuvor hinter seinem Ohr klebte.
    Hinten sitzen seine vier Kumpane, die sich »Entdecker der Großstadt« nennen. Barry, ein Cockney, hat nur zwei Vorderzähne und gar keine Haare. Er diskutiert mit Angus, einem Bergarbeiter im Ruhestand, welcher Boxer das weichste Kinn hatte. Ihnen gegenüber versucht Phil, sich in das Gespräch einzuschalten, aber sein Stottern lässt den anderen zu viel Zeit, ihn jedes Mal wieder abzuwürgen. Das einzig stille Mitglied der Truppe ist Moley, der auf dem Boden des Transporters sitzt und Seile und Lampen prüft.
    »Es ist das letzte unerforschte Gebiet«, erklärt mir Pete.

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