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Amnion 1: Die wahre Geschichte

Amnion 1: Die wahre Geschichte

Titel: Amnion 1: Die wahre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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als ob die Inspektoren sich daran die Zähne ausbeißen sollten.
    Angesichts der unausgesprochenen Eventualitäten, die sie damit andeutete – der Möglichkeit, zum Beispiel, daß sie Angus Thermopyles Raumschiff behördlich requiriert hatte, um trotz des Startverbots die Verfolgung Nick Succorsos aufzunehmen –, konnten die Inspektoren Angus’ Darstellung nicht widerlegen. Sie durchsuchten die Strahlende Schönheit, so gründlich es sich durchführen ließ, solange sie ihre Geheimnisse nicht kannten, entdeckten sie jedoch nichts Verdächtiges. Zuletzt begutachteten sie die durchlöcherte Triebwerksdüse. Es hatte den Anschein, als ob deren Anblick ihnen einen gewissen Frohsinn bereitete.
    Falls Kapitän Succorso zurückkehrt, werden wir uns ihn genauso wie Sie vorknöpfen. Sollten wir bei ihm irgend etwas von Bord des Versorgungsschiffs finden – egal was –, sperren wir ihn auf Lebenszeit ein. Aber wenn er sauber ist, können wir ihn nicht deswegen anklagen, auf Sie geschossen zu haben. Außer Sie können’s beweisen. Humorlos schmunzelten die Inspektoren. Außer Sie übergeben uns Ihren Data-Nukleus und lassen uns die Aufzeichnungen sichten.
    Herzlichen Dank, maulte Angus. Sehr freundlich von Ihnen. Es ist ’ne wahre Freude, Gerechtigkeit und Anständigkeit kennenzulernen.
    Doch er fühlte sich viel zu ausgelaugt, um sonderliche Erleichterung – oder Hoffnung – zu empfinden.
    Seine Fähigkeit, die Inspektoren zu täuschen, löste nicht seine Probleme. Selbstverständlich verbot man ihm, die Station zu verlassen, aber unter den gegebenen Verhältnissen sah er darin lediglich eine geringfügige Unannehmlichkeit. Nachdem der Untersuchungsausschuß ihm bis auf weiteres die Erlaubnis gab, von Bord des Raumschiffs zu gehen und die Einrichtungen der KombiMontan-Station zu nutzen, begleitete er die Inspektoren zur Strahlenden Schönheit hinaus und schloß die Luken. Danach legte er Morn schlafen und stieg, weil er nichts anderes mehr tun konnte, selbst in seine Koje.
    Mehrere Stunden später erwachte er und lag vor Beunruhigung schwitzend da; die Erkenntnis, daß er etwas vergessen, etwas übersehen hatte, stach ihm wie ein Messer ins Herz. Er hatte etwas Fatales außer acht gelassen. Es schien, als wäre er aus einem Traum erwacht, der ihm einen schrecklichen Fehler offenbart hatte.
    Doch nun entglitt der Hinweis seinem Bewußtsein, während seine Lungen um Atem rangen, es ihm im Brustkasten wummerte. Die Klimaanlage der Strahlenden Schönheit kühlte den Schweiß auf seiner Haut, konnte aber nicht seine Furcht lindern.
    Vielleicht rief lediglich die Stationsschwerkraft bei ihm Beklemmungen hervor, fühlte er sich deshalb so bleischwer und niedergedrückt; vielleicht konnte er in seinem Alter den Wechsel zwischen Nullschwerkraft und Schwerkraft nicht mehr so leicht bewältigen. Er hatte es sich nie angewöhnt, von sich als junger oder alter Person zu denken. Für seinen körperlichen Organismus hatte er nie besondere Aufmerksamkeit übrig gehabt. Jetzt jedoch versuchte er sich mit physiologischen Spekulationen zu beruhigen.
    Er wurde alt. Es fiel ihm schwerer, sich an die Stations-G anzupassen. Sonst nichts. Nein.
    Er hatte etwas vergessen. Er entsann sich an Nicks höhnische Worte.
    Sie sind geschlagen. Denken Sie daran. Ich habe Sie gewarnt.
    Noch immer vermochte er sich nicht vorzustellen, warum Nick ihn am Leben gelassen hatte.
    Irgend etwas hatte er nicht berücksichtigt.
    Er fing, um eine Klärung zu versuchen, mit dem Grübeln noch einmal von vorn an.
    Natürlich hing die Erklärung mit Morn zusammen. Alles andere ergäbe keinen Sinn. Nick hatte ihn verschont, weil es, wäre er durch ihn getötet worden, auch Morn das Leben gekostet hätte. Beim Gefecht hatte Nick ihr Leben aufs Spiel gesetzt – im Rahmen eines kalkulierten Risikos –, um über Angus Thermopyle die Oberhand zu gewinnen, ihm heimzuzahlen, was er ihm schuldig zu sein meinte; danach jedoch hatte er sich Zurückhaltung auferlegt, damit sie ungeschoren blieb.
    Wirklich? Überzeugten diese Schlußfolgerungen?
    Möglicherweise nicht; aber sie genügten, um Angus’ Bestürztheit ein wenig zu dämpfen. Ungeschlacht wälzte er sich aus der Koje, kratzte sich, wo Schweiß und Schmutz ihn in seiner Bordmontur juckten, benutzte die Hygienezelle, tupfte sich in der Krankenstation ein Antiseptikum auf die geschwollene Lippe und schleppte sich zum Kommandomodul.
    Fast sofort gewahrte er das automatische Blinkzeichen an seiner Steuerkonsole.
    Angus

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