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Amnion 1: Die wahre Geschichte

Amnion 1: Die wahre Geschichte

Titel: Amnion 1: Die wahre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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fuhr die Startsequenz für die Strahlende Schönheit hoch.
    Abhauen. Fliehen. Verpissen. Angus war ein Feigling. Sein Gespür zwang ihn zu solchen Reaktionen. Er mußte ablegen und sich verdrücken, bevor der Sicherheitsdienst Zeit fand, um ihn offiziell zu verhaften. Man würde ihn zum Tode verurteilen, zum Tode. Er mußte sofort verschwinden.
    Aber man hatte ihm Startverbot erteilt. Flog er ohne Erlaubnis ab, feuerte die KombiMontan-Station auf ihn; und mit Löchern in einer der Triebwerksdüsen wäre er den Waffen der Station niemals auszuweichen imstande.
    Die Strahlende Schönheit würde zerstört.
    Morn fände den Tod.
    Flucht! Idiot, Blödian, du mußt fliehen, du mußt FORT!
    Morn käme ums Leben.
    Seine Zerrissenheit entrang ihm einen Aufschrei. Die Strahlende Schönheit zu riskieren, dazu war er bereit. Er hatte es, wenn es nicht anders ging, schon öfters getan. Aber Morn…
    Das letzte Mal, als er sie geschlagen hatte, blutete ihr Mund; aus der an den Zähnen aufgeplatzten Innenseite ihrer Wange quoll Blut. Rot hatte ihre Schönheit befleckt. Nur an Morn zu denken, stülpte ihm vor Grausen und Lüsternheit nahezu den Magen um. Sie gehörte zu ihm, ihm, ihm, und wenn er sich zu retten versuchte, müßte sie sterben.
    Na und? fragte er Einsamkeit und Trostlosigkeit seines Lebens, die sich so dagegen sträubten. Sie ist eine arglistige Hexe, sie hat mir das angetan, nur damit sie mit Nick Succorso vögeln kann. Am besten töte ich sie, solange sie noch schläft. Sie hat es verdient. Er wäre nun liebend gerne so vorgegangen. Alles in ihm drängte danach. Töte sie und hau ab! Er erachtete es als die bessere Aussicht, im Kampf um sein Leben abgeschossen zu werden, als in der Station herumzuhocken und die Todesstrafe zugesprochen zu erhalten, während der Dreckskerl Nick Succorso zuschaute und sich krummlachte.
    Bedauerlicherweise verweigerte sein Körper ihm den Gehorsam.
    Seine Hände schlotterten so heftig, daß er sie kaum in der Gewalt hatte, während er die Aufwärmphase abbrach, die Bordsysteme der Strahlenden Schönheit wieder stillegte. Lange Zeit hindurch saß er an seinem Platz und preßte die Hände auf die Augen; unterdessen durchstoben seinen Kopf Anwandlungen des Fluchtinstinkts und des Grauens wie Meteore das Dunkel des Weltalls.
    Dann machte er sich mit zitternden Händen daran, die parallele Zweitkontrolle des Z-Implantats aus seinem Hauptcomputer zu löschen.
    Anschließend vergewisserte er sich, daß die Dateien des Computers in der Krankenstation keine inkriminierenden Aufzeichnungen umfaßten. Endlich unterzog er den Data-Nukleus einigen minimalen Abänderungen, bewirkte ein paar Auslassungen, die theoretisch hätten unmöglich sein müssen, aber die er zustande brachte, weil er außerordentlich diffizile Techniken kannte.
    Danach weckte er Morn Hyland.
    Sie mied seinen Blick. Das wäre, für sich besehen, nicht ungewöhnlich gewesen; dieses Mal jedoch wußte er, was es hieß, o ja, er wußte darüber Bescheid, was es bedeutete. Kurz hatte Morn Mühe, die Folgen des Schlafs zu überwinden.
    Aber sie stand nicht auf.
    Angestrengt bildete ihr Mund ein falsches Lächeln. Falls ihr Angus’ verhärmte, angespannte Miene auffiel, ließ sie es sich nicht anmerken. Statt dessen streckte sie ihm die Arme entgegen, so als hätte sie von ihm geträumt.
    Als wünschte sie trotz seiner Macht über sie, trotz der Dinge, die er ihr zugemutet hatte, von ihm geliebt zu werden; ganz als ob sie es wahrhaftig wollte.
    Unwillkürlich prallte Angus zurück. Unter dem gekünstelten Lächeln zeigte Morns Gesicht nichts außer vorgeschobener innerer Leere; Schönheit paarte sich mit Ausdruckslosigkeit; dahinter stand der Entschluß, nichts von ihren wirklichen Empfindungen preiszugeben. Sie konnte nicht wissen, ob oder wie sich die Situation inzwischen verändert hatte, jedenfalls nicht mit Sicherheit; sie konnte nur Vermutungen anstellen. Ihre Hoffnungen fußten auf kaum mehr als einer knappen Mitteilung und den wenigen Sätzen, die Angus und Nick am Eingang zu Mallory’s Bar & Logis gewechselt hatten. Und doch kämpfte sie um diese Hoffnungen.
    Für den Fall, daß er noch nicht wußte, was sie gemacht hatte, versuchte sie ihn abzulenken.
    Als er das durchschaute, klinkte bei Angus etwas aus.
    Für einen Moment haßte er sie. Irgendwo hatte sie das eine gefunden, das ihm seit jeher fehlte, nämlich den Mut, um ihrem Unheil geradewegs zu begegnen, dagegen zu tun, was im Bereich ihrer Möglichkeiten lag. Und sie

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