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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Datensysteme-Drittoperatorin und versetzte Morn in ihre Schicht.
    Liete begegnete Albas Versetzung mit Resignation. Auf der Käptens Liebchen war es – wie auf den meisten Schiffen – das eigentliche Los des Zweiten Offiziers, sich mit Unannehmlichkeiten abzugeben, die jeden anderen überforderten.
    Nick beobachtete alles mit einem Schwelbrand unterdrückten Ingrimms in den Augen, der mehr als Worte darüber aussagte, wen er, wenn sie Thanatos Minor erreichten – falls sie überhaupt je dort eintrafen –, gegen tauglichere Crewmitglieder auszutauschen beabsichtigte.
    Jedesmal wenn Morn an ihrer Kontrollkonsole die Id-Plakette in den Computerschlitz schob, fragte sie sich, warum sie das eigentlich tat. Doch sie wußte die Antwort: Weil sie gar keine andere Wahl hatte. Eine Weigerung hätte Nick keinesfalls hingenommen.
    Dazu angestiftet durch die Bitterkeit, die sie aufgrund ihrer Hilflosigkeit empfand, und den Abscheu, den es ihr bereitete, ihr Bett mit Nick teilen zu müssen, versuchte sie sich zu trösten, indem sie nach der Codesequenz für die Selbstvernichtung forschte. Aber nicht einmal diesen Trost fand sie: Die Käptens Liebchen hatte keine eingebaute oder vorprogrammierte Sprengvorrichtung an Bord.
    Nick gedachte sie zu mißbrauchen, um den gesamten Human-Kosmos zu verraten. Diese Aussicht war Morn unerträglich; aber sie konnte sie nicht abwenden. Ihr Bauch hatte eine kleine, straffe Wölbung entwickelt, die bald unmißverständlich sein würde; die Anwandlungen der Übelkeit blieben aus, nachdem ihr Organismus sich an das neue Hormongemisch gewöhnt hatte. Und trotzdem vermochte sie sich auf keine endgültige Entscheidung festzulegen. Ihr Kind gewann für sie immer realere Züge. Bei dem Gedanken, es zu behalten, war ihr zum Weinen zumute; bei der Vorstellung, es abzutreiben, hätte sie sich übergeben können.
    Allmählich verschwammen ihre beiden Dilemmata zu einem Gefühlsbrei: dem verinnerlichten Gebot, sich selbst zu töten oder die Käptens Liebchen zu vernichten, dem Erfordernis, ihren Sohn abzutreiben.
    Es handelte sich um separate Vorgaben, aber sie standen in wechselseitiger Abhängigkeit. Sie konnte sich zum einen nicht entschließen, bevor sie sich zum anderen durchgerungen hatte, und umgekehrt.
     
    Weil sie soviel Zeit unter dem Einfluß des Z-Implantats verlebte, ihre Emotionen dämpfte, damit sie Nick, wenn er zu ihr kam, nicht aufzuschlitzen versuchte, oder nicht vor Mikka Vasaczks Augen die Datensysteme-Kontrollkonsole in Trümmer legte, gewahrte sie erst nach und nach, daß sich in ihrem Innern Veränderungen vollzogen.
    Bei seinen Besuchen in ihrer Kabine führte Nick sich jetzt vorwiegend freundlich-sanft auf, als hätte er seinen Selbstzweifel verwunden. Abgeschreckt durch Orns Schicksal, ließen die übrigen Männer Morn in Frieden, sogar der Drittoperator für Zielerfassung und Waffenbedienung, der nach einem Lustmörder aussah. Morn hatte während ihrer Schicht ständig anspruchsvolle Arbeit zu bewältigen, die ihr die Zeit vertrieb und sie von ihren Sorgen ablenkte. Und Mikkas energische Autorität zwang sie zu geschärfter Aufmerksamkeit.
    Diese Daseinsumstände gaben ihr dazu Gelegenheit, langsam zu sich selbst zurückzufinden. Auf einer Ebene unterhalb ihres Bewußtseins, inspiriert vielleicht durch Hormone oder alte Selbsttreue, oder eventuell dank blinden, starrsinnigen Widerstrebens dagegen, sich von den Angus Thermopyles und Nick Succorsos ihres Lebens zugrunde richten zu lassen, fing sie damit an, die auseinandergefransten Stränge ihres Ichs aufzusammeln und aus ihnen etwas Neues zu flechten.
    Im Rückblick wußte sie nicht so genau, wann sie damit aufgehört hatte, ihr schwarzes Kästchen dauernd bei sich zu tragen. Eines Tages machte sie ganz einfach das Experiment, es in ihrer Kabine zu lassen; von da an blieb es immer in seinem Versteck. Seit Orn Vorbulds Tod waren sechs Wochen vergangen, und die Frist für eine komplikationslose Abtreibung verstrich. Auf der Käptens Liebchen hatte man fast die Voraussetzungen geschaffen, um es mit der manuellen Einleitung kleiner Kurskorrekturen zu versuchen.
    Und Morn war nicht mehr dieselbe Frau.
    Der Unterschied machte sich das erste Mal effektiv bemerkbar, als Nick bei der Ablösung von Mikkas durch Lietes Schicht auf die Brücke kam. Mikka nickte er, als Liete ihren Platz einnahm, völlig normal zu; Morn hingegen begegnete er mit einem Grinsen, das nur ein wenig eindringlicher war, lediglich etwas auffälliger durch die

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