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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Wenigstens hätte sie ihre Hände verbergen sollen. Aber sie brachte weder das eine noch das andere zustande.
    »Morn? Geht’s dir gut?« Vector trat näher; er faßte sie an der Schulter. Plötzlich fühlte Morn seinen Griff fester werden. »Zum Henker, was tust du dir denn da eigentlich an?«
    Morn richtete sich auf wie ein Emporflammen kalten Feuers, blickte ihm ins Gesicht, das Überraschung und leichte Besorgnis ausdrückte.
    »Du hättest’s mir sagen sollen«, erwiderte sie rauh krächzend. »Als ich dich gefragt habe. Du hättest mir sagen sollen, wohin wir fliegen.«
    Sie drehte ihm den Rücken zu, verließ die Hilfssteuerwarte und kehrte in den Zustand künstlich erzeugten Muts zurück, den ihr das Z-Implantat schenkte.
     
    Als ein Signal des Interkom-Apparats Morn davon Kenntnis gab, daß es an der Zeit war für den Antritt ihrer Schicht auf der Brücke, gehorchte sie der Aufforderung, obwohl Blutgerinnsel und Beschwerden ihre Finger so versteiften, daß sie sie kaum regen konnte. Gleichgültig und achtlos nahm sie in der Tasche ihr auf Minimalabstrahlung geschaltetes schwarzes Kästchen mit, nicht auf Betäubung der Schmerzen justiert, sondern auf Dämpfung ihres Gefühlswirrwarrs. Die Platzwunden an den Fingerknöcheln hatten durchaus ihren Nutzen: Sie halfen ihr dabei, sich aufs Gegenwärtige zu konzentrieren. Und das Z-Implantat verhinderte, daß die Gegenwart sie überwältigte.
    Durch unterschwellig feine, elektronische Emissionen seelisch ruhiggestellt, betrat sie die Brücke, um ihren Platz als Datensysteme-Drittoperatorin der Käptens Liebchen einzunehmen.
    Liete Corregio war die Zweite Offizierin; sie hatte momentan an der Kommandokonsole Dienst. Aber es war Nick, der Morn empfing, als sie eintraf. Er widmete ihr ein lebhaftes Lächeln, von dem sie nicht wußte, wie sie darauf eingehen sollte, sagte jedoch nichts. Statt dessen ließ er einen Augenblick lang Morns Id-Plakette am Kettchen baumeln, dann warf er sie ihr zu.
    Daraus folgerte Morn, daß das Rückkopieren der Daten aus dem Data-Nukleus inzwischen einen erfolgreichen Abschluß gefunden hatte.
    Unter Umständen hätte sie daraus noch mehr Rückschlüsse ziehen können, doch in ihrer augenblicklichen Verfassung blieben sie ihr unersichtlich.
    Obwohl sie unbeabsichtigt zusammenzuckte, fing sie die Id-Plakette auf, schloß die Faust um Kette und Anhänger.
    Dann gab sie sich alle Mühe, um eine ausdruckslose Miene zu wahren, als sie seine Reaktion auf den Anblick ihrer verletzten Hände beobachtete.
    Sofort zeigte sich in seinen Augen Härte; sein Grinsen wurde starr. Übergangslos wechselte seine Körperhaltung von Bewegung zu angespannter Reglosigkeit. »Morn«, fragte er sachlich – in viel zu sachlichem Ton –, »hast du dich wieder geprügelt?«
    Ein, zwei Herzschläge lang hatte es fast den Anschein, als müßte die Wirkung des Z-Implantats versagen. Auf gewisse Weise hatte sie einen Kampf durchgemacht, ja. Und entschieden worden war dadurch nichts. Aber der Einfluß des Z-Implantats half ihr über die Hürde. Morn schüttelte, wenn auch geringfügig zu spät, den Kopf.
    »Ich bin gestolpert. Habe mich mit den Fäusten abgefangen.«
    Als hätte die Sache damit ihr Bewenden, zog sie die Kette über den Kopf und schob die Id-Plakette unter die Bordmontur.
    Nick wußte wohl nicht recht, ob er ihr glauben sollte, oder nicht. »Geh ins Krankenrevier«, sagte er in unverbindlichem Tonfall. »Liete kann auf dich warten.«
    Nochmals schüttelte Morn den Kopf. »Wenn’s schmerzhaft ist, denke ich vielleicht das nächste Mal dran, vorsichtiger zu sein. Ich will« – das fügte sie mit Nachdruck hinzu – »meine Arbeit tun.«
    Langsam wich die bedrohliche Angespanntheit aus Nick. Es mochte sein, daß er sich dazu durchgerungen hatte, ihr zu glauben. Oder vielleicht dachte er, daß sie die Prügelei, in die sie – nach seiner Mutmaßung – diesmal verwickelt worden war, nicht verloren hatte. Dank des schwarzen Kästchens sah sie nicht wie eine Verliererin aus. Mit einem Achselzucken ließ er von dem Thema ab.
    »Du hast’s Kommando«, sagte er zur Zweiten Offizierin. Dann verschwand er von der Brücke.
    Morn schaute Liete Corregio an, die ihr zunickte, und setzte sich an die Datensysteme-Kontrollkonsole.
    Jedesmal wenn sie Tasten tippte, schmerzten ihre Fingerknöchel, als wären sie gebrochen.
    Genau das war es, was sie wollte.
    Liete war eine kleine dunkle Frau mit groben Gesichtszügen und einer Stimme, deren Lautstärke kaum

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