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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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vom Schlage Nick Succorsos und Angus Thermopyles transportierten dorthin ihre Beute, auf einen der wenigen Märkte mit ausreichendem Aufnahmevermögen, um dort Erz und Versorgungsgüter in dem Maßstab abzusetzen, die sie anzubieten hatten; einen Markt, den der unstillbare Appetit des Bannkosmos auf menschliche Ressourcen, menschliche Technologie und Technik sowie – falls die Gerüchte stimmten – auch Menschenleben in Schwung hielt.
    Morn ignorierte den Roten Riesen, den Alien-Vorposten und den Asteroidengürtel-Ausläufer. Mit solcher Gewißheit, als hätte Nick persönlich ihr Auskunft gegeben, erkannte sie, wohin die Käptens Liebchen flog.
    Nach Thanatos Minor, wo er Morns Geheimnisse gegen Geld und Reparaturarbeiten einhandeln konnte; wo man alles, was sie über die VMKP wußte, letzten Endes an den Bannkosmos verkaufte.
    Das war kein gewöhnliches Verbrechen mehr: Es war Hochverrat. Verrat an der Menschheit.
    Der Vereinigte-Montan-Kombinate-Polizei fühlte sie sich nicht mehr zur Treue verpflichtet. Vector hatte angeführt, ihre bisherigen Vorgesetzten und Helden seien bis in die höchsten Ränge korrupt – und Morn erachtete es als zumindest denkbar, daß er recht hatte. Er jedenfalls glaubte den Beweisen, die er dafür sah. Aber ob sie wirklich so schlecht waren, wie er sie machte, oder nicht, von ihnen abgewandt hatte sie sich ohnehin schon: Sie hatte von Angus das Kontrollgerät des Z-Implantats entgegengenommen und war mit Nick fortgeflogen, statt sich dem Sicherheitsdienst der KombiMontan-Station zur Verfügung zu stellen. Sie war in keiner effektiven Hinsicht mehr Polizistin.
    Aber nichts von alldem spielte in diesem Fall eine Rolle. Ob die VMKP die Menschheit hintergangen und betrogen hatte, konnte sie nicht wissen. Sie mußte sich mit der Frage beschäftigen, ob sie selbst bereit war zum Verrat an der Menschheit.
    Und wenn sie die Frage mit einem klaren Nein! beantwortete – was dann? Daraus folgte dann die Frage: Wie konnte sie vermeiden, daß Nick sie zu diesem Verrat zwang?
    Sie ließ den Computer die restliche Entfernung berechnen: Auf dem jetzigen Kurs der Käptens Liebchen wären sie bei halber Lichtgeschwindigkeit noch fast sechs Monate lang unterwegs, die Zeit für Bremsmanöver – die neue Hoch-G-Belastungen bedeuteten – schon berücksichtigt.
    Was könnte sie tun?
    Was außer Sabotage an der Käptens Liebchen zu begehen?
    Das günstigste, auf das sie hoffen durfte, wäre Selbstzerstörung, sofortiger Tod. Jede andere Form der Sabotage hätte zum Ergebnis, daß sie in einem Raumschiff voller Leute durchs schwarze All triebe, die allesamt wüßten, daß an ihrem baldigen Ableben sie die Schuld trüge. Doch der bloße Gedanke an Selbstzerstörung flößte ihr finsterstes, eisiges Grauen ein. Für sie hieß Selbstzerstörung nichts anderes, als sich selbst so gründlich auszulöschen, daß alle, die irgendwie mit ihr zu schaffen hatten, gleichfalls sterben mußten.
    Oder sie könnte einfach nur sich töten und Nick ohne sie weiterfliegen lassen.
    Morn fühlte sich so in die Enge gedrängt, und ihr war es derartig kalt, daß sie kaum noch zu atmen vermochte. Unbewußt hämmerten ihre Fingerknöchel auf die Kante der Datensysteme-Kontrollkonsole, bis die Haut aufplatzte, Blut ihr beide Hände beschmierte. Es gab keinen Ausweg aus dieser Verstrickung, der nicht den Freitod miteingeschlossen hätte, eine Niederlage vor den moralischen Aspekten des Hyperspatium-Syndroms, das ihr Leben beherrschte, seit die Stellar Regent die Strahlende Schönheit geortet und zum Hoch-G-Flug beschleunigt hatte.
    Nein, dachte Morn. Nein. Es ist zuviel verlangt. Das kann ich nicht verkraften.
    Sie hatte nicht so lang alles ertragen, um sich zum Schluß doch umzubringen. Sie hatte nicht die ganze letzte Zeit hindurch Nicks Berührungen erduldet, Schläge und Widerwillen durchgestanden, nur um am Ende Selbstmord zu verüben.
    Sie saß in der Falle.
    Schließlich nahm die Kälte in ihrem Herzen eine so furchtbare Grausigkeit an, daß sie die Arme um den Brustkorb schlingen und sich um den eigenen Bauch zusammenkauern mußte, um noch ein wenig Wärme zu spüren.
     
    Sie hockte noch immer in dieser Haltung in ihrem Sitz – so vorgebeugt, als ginge es darum, ihr Kind zu beschützen –, als Vector Shaheed sie ansprach.
    Er mußte auf dem Weg zu seinem Schaltraum an der Hilfssteuerwarte vorübergekommen sein. »Morn?« fragte er an der Tür.
    Sie hätte etwas irgend etwas sagen sollen, daß ihn zum Gehen bewog.

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