Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
daher, als hätten Sie längst vollständigen Durchblick.«
Angus lag eine bissige Bemerkung auf den Lippen; sein Data-Nukleus stornierte sie. »Wir sollten den Kassierer irreführen, indem wir seinen Verdacht auf die falsche Person lenken. Auf Sie, Succorso.« Seine Programmierung hatte ihn jetzt dermaßen gewaltsam unter der Knute, daß er Succorso nicht einmal noch verunglimpfen konnte. »Erst besorgen Sie uns die Information, die wir brauchen. Sie machen es so, daß er unvermeidlich darauf aufmerksam wird. Dann arrangieren wir Ihnen ein Alibi.« Angus’ Schmunzeln geriet, als schnitte er eine Fratze. »Teufel noch mal, Mann, wir spannen den Kassierer persönlich für das Alibi ein.«
Succorso machte Anstalten, eine Frage zu stellen, aber da schob Taverner den Oberkörper über den Tisch. Seine Miene glich einer Ballung von Furcht und Wut; Schweiß brachte die Flecken seiner Kopfhaut zum Glänzen, als seien sie Krankheitsmale. »Thermopyle«, fauchte er, »Sie tun das Falsche. Ich habe gedacht, Ihnen wäre klar, worum’s hier geht. Das ist es nicht, weshalb wir hier sind. Mir ist gleich, was für Gewäsch er von sich gibt. Deshalb sind wir nicht hier. Ich will keine derartigen Verwicklungen. Ich warne Sie, Thermopyle. Zwingen Sie mich nicht zum Einschreiten.«
Seine Drohung war so unmißverständlich wie ein Priorität-Jericho-Befehl: Unterlassen Sie das, oder ich korrektursteuere Ihr Programm. Ich zeige jedem, wer von uns beiden wirklich die Macht hat.
Für einen Augenblick schwand Angus beinahe der Mut. Furchtsamkeit rumpelte in seinem Bauch. Milos Taverner konnte ihn aufhalten, Morns Verhängnis besiegeln. Dios’ Vorhaben, sie zu retten, würde vereitelt, sprach Taverner nur die richtigen Worte…
Aber dann hörte Nick sie. Er könnte ihre Wirkung erkennen; er wäre ihre Bedeutung zu durchschauen imstande.
Und danach hinderte nichts, was Taverner noch sagte oder tat, Succorso daran, ihn zu töten und selbst die Kontrolle über Angus zu übernehmen. Auch falls Taverner kurzentschlossen Angus befahl, ihn gegen Succorso zu verteidigen, änderte das voraussichtlich nichts an dessen Erfolg; die Restriktionen, die das VMKP-Personal vor Übergriffen Angus’ schützten, erstreckten sich höchstwahrscheinlich genauso auf Succorso wie auf Taverner. Und auf sich allein gestellt gab Taverner schon in rein körperlicher Hinsicht für Nick Succorso keinen ernsthaften Gegner ab.
All das las Angus aus dem flüchtigen Blick, den Taverner unwillkürlich Succorso zuwarf. So schnell, daß nicht einmal sein Data-Nukleus Zeit fand, um ihn entsprechend zu nötigen, faßte Angus den Entschluß, es auf Taverners Bluff ankommen zu lassen.
»Klappe halten, hab ich gesagt«, erwiderte er barsch. »Sie sind mein Crewmitglied, also haben Sie meine Anweisungen zu befolgen. Was mich anbelangt, haben Sie das einzige, wofür ich Sie brauchte, schon erledigt. Wenn Ihr Job Ihnen mißfällt, kann ich an Ihrer Stelle ’n Neuen anheuern, ohne ’n Fuß vor diesen Puff zu setzen.«
Milos Taverner öffnete den Mund. Blut schwoll ihm ins Gesicht und verdüsterte es, als sein Zorn die Oberhand gewann. Doch ein, zwei Sekunden später senkte er den Blick, sein heftiges Aufbäumen verebbte.
»Das werden Sie bereuen«, zischte er. »Ich schwöre bei Gott, daß Sie’s bereuen.«
Aber ihm fehlte die Courage, um seine Drohung vor Nick wahrzumachen.
»Sie zwei Astro-Clowns sollten da auf der Bühne stehen«, höhnte Succorso. »Sie sind mindestens so lustig wie das, was man hier sonst als ›Unterhaltung‹ ansieht.«
Ruckartig verlagerte Angus die Aufmerksamkeit zurück auf Succorso. »Sie können bald noch mehr Spaß haben«, brummte er verdrossen. »Die Frau ist noch da.« Er nickte in die Richtung des Tischs, an dem die Melderin des Kassierers saß. »Ich habe den Eindruck, das ist Ihr Typ.«
Leise, aber deutlich erläuterte er, was Nick Succorso tun sollte.
Während Angus sprach, wechselte Taverners Gesichtsausdruck von Niedergeschlagenheit zu Trotz und zuletzt zu bleibendem Angewidertsein. Ihm war zuviel zugemutet worden: er erwog neue Entscheidungen. Angus bemerkte sein Mienenspiel und wußte, was es bedeutete. Wenn Taverner das nächste Mal eine Warnung äußerte, gab er nicht wieder klein bei.
Diese Erkenntnis verursachte auch Angus Unwohlsein; doch seine Z-Implantate unterdrückten es.
»Das ist wirklich ’n interessanter Vorschlag«, spöttelte Succorso, noch bevor Angus seine Darlegungen gänzlich beendete. »Jetzt verstehe
Weitere Kostenlose Bücher