Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
was, das du mir verraten sollst«, antwortete er mit unveränderter Flüsterstimme. »Der Kassierer hat etwas, das mir zusteht.« Obwohl er spürte, wie ihre Haltung sich unwillkürlich versteifte, sprach er weiter, als wäre nichts. »Ich will’s wiederhaben. Du kannst mir helfen, indem du mir sagst, wo’s ist.«
Schwächlich drehte sie sich in seinen Armen. »Wie kommst du auf die Idee, ich wüßte was über ihn?« fragte sie, sobald sie sich so weit herumgewälzt hatte, daß sie ihm ins Gesicht schauen konnte. »Ich weiß nichts. Ich arbeite bloß hier. Im Sexgeschäft.« Plötzlich wurde sie verlegen. »Ich meine, bei dir ist das nicht so«, beteuerte sie. »Bei dir geht’s mir nicht um Geld. Von dir hab ich« – sie lächelte plump – »was besseres gekriegt. Aber ich arbeite nicht direkt für den Kassierer… Das ist, was ich meine. So wichtig bin ich nicht. Ich vögele hier bloß mit Männern, die mir Getränke kaufen und mich dafür bezahlen.«
Nick schenkte ihr ein träges Grinsen der Ermahnung. »Quatsch«, erwiderte er leise und in umgänglichem Tonfall. »Du bist Melderin. Ich weiß ’s genau, weil ich« – er tischte die erstbeste Lüge auf, die ihm einfiel – »ein NervoRelais habe, das sich in der Nähe eines Senders bemerkbar macht. Als ich mich zu dir gesetzt hab, ist das Ding aktiv geworden.«
Die Röte wich der Frau aus den Wangen. Betrunkenheit, Auslaugung oder angeborene Dummheit verwehrten es ihr, an seiner Behauptung zu zweifeln. Einige Sekunden lang schimpfte sie gottserbärmlich vor sich hin. »Wenn du das weißt«, zeterte sie danach, »ist doch dir wohl auch klar, daß du mir über ihn keine Fragen stellen kannst! So was ist zu gefährlich. Er erfährt davon. Alles was du redest, wird aufgenommen.«
Angeborene Dummheit, schlußfolgerte Nick. Auch eine Säuferin hätte die etwaigen Konsequenzen einer solchen Warnung absehen müssen.
»Ach was, ’s ist ungefährlich«, versicherte er ihr mit einem Anflug seiner altgewohnten Unbekümmertheit, aber für den Fall, daß das Weiße Rauschen den Wortwechsel nicht übertönte, mit ziemlich gedämpfter Stimme. »Ich habe deinen Sender lahmgelegt. Das war der Stich, den du im Nacken gespürt hast. Ich hab mit ’ner Nadel den Leitungsdraht durchtrennt.«
Für eine Sekunde verdrehte die Frau die Augen, war einer Ohnmacht nahe. Doch Panik bewahrte sie vor der Besinnungslosigkeit.
»Bedauerlicherweise gerätst du dadurch in eine unangenehme Klemme«, faßte Nick ihre Furcht für sie in Worte. »Bestimmt denkt der Kassierer, du hättest das Gerät demoliert. Sicher glaubt er, du wolltest ihm ’ne Verschwörung verheimlichen. Oder vielleicht selber eine angezettelt hast. Wenn er dich in die Finger bekommt« – traurig schüttelte Nick den Kopf – »nimmt er dich garantiert auseinander. Natürlich kannst du ihm die Wahrheit erzählen, aber er wird dir hundertprozentig unterstellen, daß du lügst.«
»Du Scheißkerl«, brabbelte die Frau; nicht im Zorn, sondern aus Verzweiflung. »Du Miststück… Warum…?«
Nick zuckte die Achseln, ohne seine Umklammerung zu lockern. »Na, ich konnte mich ja wohl nicht einfach darauf verlassen, daß du mir Vertrauen entgegenbringst, oder? Darum mußte ich mir ’n Druckmittel vorbehalten.« Er küßte ihren verzerrten Mund, als wäre ihm zwischen Lust und Furcht kein Unterschied geläufig. »Jetzt bist du auf mich angewiesen. Auf meinen Schutz. Ich kann dich mitnehmen, dann hat er keine Möglichkeit, dir was anzutun. Aber du genießt meinen Schutz nicht«, herrschte er sie drohend an, »wenn ich nicht von dir erfahre, wo er seine Gefangenen einsperrt. Das Raumschiff Sturmvogel hat eine meiner Kosmokapseln abgefangen. Was darin war, gehört mir. Sag mir, was ich wissen will, und du brauchst dich nie wieder vor dem Kassierer zu fürchten.«
Die Frau stierte ihn an, als ob sie ihn infolge ihrer Beklommenheit nicht sehen könnte; als engte das Grauen vor dem Kassierer ihren ohnehin vom Alkohol überschwemmten Horizont noch mehr ein.
»Glaubst du etwa«, säuselte Nick, indem er den Mund dicht an ihr Ohr legte, »auf meinem Schiff, bei mir, hättest du’s schlechter als hier?«
»Bring mich sofort hin«, japste sie auf einmal in höchster Dringlichkeit.
Vielleicht hatte sie sich an die Observationsanlagen des Hotelzimmers erinnert. »Von deiner Kosmokapsel weiß ich nichts. Aber wo er die Gefangenen festhält, weiß ich, ich kann dir erklären, wie du hinfindest. Ich sag’s dir, wenn ich in
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