Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
ganzes restliches Leben an solchen Orten zubringen. Dann würden die Astro-Schnäpper Sie nämlich sofort durchrösten, wenn sie Sie in die Klauen kriegen.«
Taverners Miene gab Angus neuen Grund zur Ermutigung. Das Grausen tief im Hintergrund seines Blicks ließ sich nicht übersehen.
Rings um Angus wälzte sich die Menschenmenge vorüber. Männer und Frauen rempelten gegen ihn, torkelten oder stapften ihres Wegs. Leichtfinger tasteten seine Bordmontur nach Wertsachen ab, die er nicht hatte. Nur zur Übung hätte er gern eine dieser Flossen erhascht – es wäre ihm ohne Mühe möglich gewesen – und die Knochen gebrochen. Aber er sah davon ab. Er mochte nicht die Beachtung der Wächter und Melder auf sich ziehen.
Eine Frau blieb vor ihm stehen und bot ihm ein Fläschchen Nervensprit zum Kauf an. Ein Mann schwankte auf ihn zu und erkundigte sich, ob er Nervensprit zu verkaufen hätte. Ein allem Anschein nach hermaphroditisches Menschenwesen griff sich vor seinen Augen verlockend an seinen/ihren Unterleib und streichelte sich die Brüste. Angus wies jede derartige Belästigung mit einem Knurren ab und führte Milos Taverner zu ihrem Bestimmungsort.
Das Logo des Hotels ähnelte einem in aggressiv-aufdringlichem Gelb und Grün an eine Mauer gebannten Gebrüll:
GALACTO-GROTTE
HOTEL & RESTAURANT
VERGNÜGUNGEN – AUCH SPEZIELLER ART
Ihr Wunsch ist uns Befehl
Angus dirigierte Taverner auf den bevölkerten Eingang zu, als kehrte er heim.
Links ging es ins Lokal; rechts anscheinend ins Hotel. Angus wandte sich nach rechts. Hinter der kleinen Anmeldung, die nichts als ein Computerterminal aufwies, stand ein Mann in sichtlich düsterer, bitterer Gemütsverfassung. Er erweckte den Eindruck jemandes, dem der Kassierer – oder ein nachgeordneter Illegalitätsgewinnler – zur Strafe für ein eher belangloses Vergehen eine empfindliche Bombe in den Bauch implantiert hatte. Er hob nicht einmal den Blick, als Angus die Handfläche auf die Theke knallte und »Zimmer!« raunzte.
»Identifikation?« fragte er statt dessen im Ton tiefer Zerstreutheit.
»Stimmprofil«, gab Angus an.
Der Mann prustete, als hätte er eine nichtswürdige Antwort erhalten. Er drückte eine Computertaste und wartete auf das weitere.
Deutlich sprach Angus seinen Namen aus.
Nach einem Blick auf den Monitor seufzte der Mann, als könnte er ausschließlich an die abgründige Härte seines Schicksals denken. »Vier zwölf.«
Angus nickte Taverner zu, der daraufhin ebenfalls seinen Namen nannte.
»Vier dreizehn«, sagte der Rezeptionist im gleichen Tonfall wie zuvor.
»Sind irgendwelche Mitteilungen da?« wollte Angus wissen.
Der Hotelangestellte deutete, noch immer ohne hochzuschauen, auf den Bildschirm. »Für mich ist ’ne Mitteilung da. Sie besagt, ich soll darauf achten, daß Sie alles vorausbezahlen.«
Mißmutig die Stirn gerunzelt, warf Taverner Angus einen Blick stummer Fragestellung zu.
Angus hob die Schultern. »Der Kassierer möchte uns bloß daran erinnern, daß er uns nicht traut.«
Er drehte der Anmeldung den Rücken zu und trat zum Lift.
Im vierten Stockwerk fanden sie ihre Zimmer direkt gegenüber des Lifts. Taverner wartete, während Angus sich Zimmer 412 näherte, konzentriert die Umgebung nach elektromagnetischen Informationen abscannte.
Observationsinstrumente hier und dort im Korridor. Neben der Tür: ein Interkom-Apparat, ein kombinierter Scanner für Hände und Id-Plaketten oder -karten. Normale Verkabelung, keine Fallen. Falls sich drinnen im Zimmer Überraschungen verbargen, drangen ihre Emissionen nicht durch die Tür.
»Irgendein Grund zur Sorge?« fragte Taverner angespannt.
Angus achtete nicht auf die Frage. Er selbst plagte sich nicht mit Sorge: er ließ lediglich Vorsicht walten. Er balancierte sein Körpergewicht aus, um im Notfall nach jeder Seite springen zu können, und nannte der Tür-Interkom seinen Namen.
Die Tür rollte beiseite.
Das Zimmer war durchaus geräumiger, aber nicht viel größer als seine Kabine an Bord der Posaune. Besser als die Innenatmosphäre außerhalb der Galacto-Grotte war die Luft nicht; anscheinend war das Zimmer kürzlich von jemandem bewohnt worden, der gerne mit Dorphamphetaminen angereicherte Niks rauchte. Flecken übersäten ranzig die perlmuttähnlichen Wände. Manche Spritzer sahen nach altem Öl oder Blut aus. An einer Wand standen zwei durchgesessene Stühle mit Gestellen aus rostfreiem Stahlersatz. Den Fußboden bedeckte ein schäbiger Stoff, der verschlissenem
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