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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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verraten Sie mir eines«, sagte sie halblaut und mit heiserer Stimme. »Was ist daran so komisch?«
    Er schüttelte den Kopf. »Warten Sie ab, Sie werden’s sehen.«
    So trägetraurig, als fiele es ihm sogar unter Nullschwerkraftbedingungen schwer, den dicken Wanst zu regen, hakte er sich vom Stuhl los und schwang sich in die Höhe. Mit einer Miene übertriebenen Selbstmitleids öffnete er die Tür. Doch als er zum Medizinalrevier hinausschwebte, hatte er wieder den Ausdruck der Ermüdung und Besorgnis wie zuvor im Gesicht.
    Min folgte ihm bis zur Schwelle, legte die Hand an den Scanner und hielt dadurch die Tür offen.
    Im Korridor verharrte er zwischen den G-Hängematten, schaute sich kurz um, als verschaffte er sich Überblick auf einem Schlachtfeld. Dann näherte er sich einer Hängematte, ganz als wäre sie eine zufällige Wahl. Er klammerte die Finger in das Maschengeflecht, besah sich den darin Ausgestreckten aus düsterkummervoller Miene. »Wie steht’s, Baldridge?« Möglich war, daß er den Namen vom Id-Schild abgelesen hatte, doch Min hegte die Überzeugung, daß er sämtliche Besatzungsangehörigen namentlich kannte. »Ihnen muß ’s ja echt dreckig gehen.«
    »Aye, Sir«, antwortete Baldridge mit schwächlicher Stimme.
    »Wie fühlen Sie sich denn? Was ist mit Ihnen vorgefallen?«
    Bewegungen der G-Hängematte erweckten den Eindruck, daß sich Baldrige herumwälzte. »Ich weiß nicht, Sir. Ich hab an meiner Konsole gesessen und gearbeitet, genau wie immer, da flimmerte es mir auf einmal vor Augen, und da könnt ich die Anzeigen nicht mehr lesen. Dann mußt ich mich erbrechen. Die Brocken waren so groß, daß ich noch versucht hab, sie einzusammeln. Der Diensthabende hat mich ins Medizinalrevier bringen müssen.«
    »Das hört sich ja reichlich mies an«, brummte Dolph voller Mitgefühl. »Man sollte in diesen Röhren die Medizinalreviere endlich größer bauen. Sie dürften hier nicht in ’ner Scheißhängematte rumliegen.«
    »Aye, Sir.« Man hörte deutliche Verunsicherung aus Baldriges Stimme.
    Wieder ohne daß man ihm eine offensichtlich vorher überlegte Auswahl angemerkt hätte, schwebte Dolph auf einen zweiten KAS-Fall zu. Diesmal antwortete eine Frau. Ubikwe stellte ihr, nur anders formuliert, die gleichen Fragen, und sie gab ihm ihre Version der gleichen Auskünfte. Durch die Maschen der G-Hängematte tätschelte er ihr den Kopf, als wollte er sie auf diese Weise trösten, und entfernte sich zu einem dritten Betroffenen.
    Min blickte zur Seite und sah, daß Foster sich neben ihr eingefunden hatte, um ebenfalls von der Tür aus Ubikwes Auftritt zu beobachten. Anscheinend fühlte er sich stark für seine Patienten verantwortlich: wünschte vielleicht sicher sein zu können, daß Kapitänhauptmann Ubikwe nicht roh mit ihnen umsprang.
    Nachdem Dolph sein Verständnis das dritte Mal zum Ausdruck gebracht hatte, blieb er, wo er sich befand. »Wissen Sie«, sagte er statt dessen zu dem Besatzungsmitglied in der G-Hängematte, »mir ist einmal das gleiche passiert.«
    Er sprach, als redete er ganz persönlich mit dem Mann; jetzt jedoch hatte er die dunkle Stimme gehoben, so daß jeder im Korridor ihn hören konnte.
    »Und es war nicht auf meinem ersten, nein, auf meinem zweiten Schiff. Ich meine, ich war nicht mehr grün hinter den Ohren. Wenigstens dachte ich das von mir. Und trotzdem ist’s mir zugestoßen. Unser Medi-Tech, ein bärbeißiger alter Karbolhengst, der ein paarmal zu oft das Hyperspatium durchquert hatte, klärte mich darüber auf, ich litte nicht einfach am KAS, sondern ich wäre verdammt deprimiert.«
    Ein Grinsen verzerrte seine Gesichtszüge. Aber schon war er wieder ernst. »Bevor das passiert ist, hatte ich mich für ziemlich tüchtig gehalten. Ich flog erst auf dem zweiten Schiff und war schon zum Dritten Waffensysteme-Offizier befördert worden, auf dem Weg in die höheren Ränge, wo man praktisch jeden Tag eigenständige Entscheidungen zu treffen hat. Ja, wahrhaftig, ich dachte, ich sei an meiner Konsole ’n echt guter Fladenfurzer. Und da stellte sich leider raus, ich hatte recht, nur auf ganz andere Art.«
    Nochmals deutete sein Mund ein Lächeln an, aber er erzählte gleich weiter.
    »Wir gerieten in ’n schweres Gefecht gegen vier Illegale, einen richtig dicken Raumfrachter und drei Kanonenboote, die versuchten sich in ’m Asteroidengürtel vor uns zu verpfeifen. Das war keineswegs mein erster Kampfeinsatz, der war noch ’ne Gammeltour gewesen, auch nicht mein erstes

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