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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Horizont. Die Anzeichen waren unmißverständlich.
    Seine Augen verrieten die Wirkung der Mutagene, die ihm die Identität geraubt hatten. Die Regenbogenhäute der zu schwefligem Gelb verfärbten Augen waren deformiert, zu Schlitzen geworden, die Lider erstarrt; seine physische Weichheit und unnatürliche Ruhe schienen angesichts dieser Augen etwas Dämonisches an sich zu haben, als wären sie ein Vorgeschmack der Verdammnis. Der Prozeß der genetischen Transformation hatte ihn durch und durch verändert, nur die äußere Erscheinung nicht: seine DNS-Stränge rearrangiert, die grundlegenden, maßgeblichen Chiffren der Nukleotide umstrukturiert, bis vom einstigen Stellvertretenden Sicherheitsdienstleiter des Sicherheitsdienstes der KombiMontan-Station nicht mehr übriggeblieben war als ein distanzierter und bisweilen unverläßlicher Pool von Erinnerungen.
    Sorus war mit dem Mutationsprozeß vertraut. Sie kannte Marc Vestabule seit Jahren.
    »Scanning, ich will eine Meldung!« rief Sorus zornig, die die Art irritierte, wie Taverner sie betrachtete, als könnte nichts ihn überraschen.
    »Ich hab’s doch gesagt, Kapitänin, wir sind praktisch blind«, entgegnete die Scanning-Hauptoperatorin trotzig. »Da sind zu viele beschissene Distorsionen im gesamten Spektrum, die Instrumente können keine…«
    »Dann tu was!« schrie Sorus sie an. »Die Distorsionen müssen doch irgendwie auszufiltern sein. Gib dem Bordcomputer ein, was passiert ist, damit er sie kompensieren kann. Ich will wissen, was draußen los ist.«
    »Kapitänin.« Vestabule heftete den zweigeteilten Blick er hatte ein menschliches und ein amnionisches Auge – auf Sorus. »Stiller Horizont meldet keine anderen intakten Raumflugkörper. Der Planetoid Thanatos Minor existiert nicht mehr. Sie sind in keiner Gefahr. In vier Minuten werden sich die Distorsionen auf die Toleranzwerte unserer Instrumente reduziert haben. Stiller Horizont hat Ihre Position geortet. Ihrer Steuerung werden Koordinaten übermittelt.«
    Sorus nickte heftig. Steuermann und Kommunikationsanlagen-Hauptoperatorin hämmerten auf Tasten, leiteten sich gegenseitig Daten zu.
    »Sobald Sie zur Entgegennahme bereit sind«, fügte Vestabule hinzu, »werden weitere informative Daten gefunkt.«
    »Noch nicht«, stellte Sorus klar. »Erst muß ich mich mit anderen Prioritäten befassen. Datensysteme, ich brauche eine Schadensdiagnose des getroffenen Frachtbunkers. Und eine Reparaturexpertise für den zerstörten Deflektorschirmprojektor.«
    Mit dem Daumen aktivierte sie eine bordweite Interkom-Leitung. »Achtung, ganze Besatzung auf Gravo-Belastung einstellen! Ich rekonstruiere Bordrotation. Wer es nötig hat, soll sich in die Krankenstation legen. Alle anderen müssen tun, was sie können. Der Schadensanalyse zufolge soll der Kahn noch einsatztüchtig sein, aber ich traue dem Braten nicht. Es hat uns zu schwer erwischt. Es ist alles zu melden, das den Verdacht erweckt, es könnte eine Drallveränderung stattfinden.«
    Grimmig hielt sie, als sie – wieder mit dem Daumen – die Interkom abschaltete, der Konfrontation mit Taverners schwammiger Gelassenheit stand, machte sich daran, ihrer Konsolentastatur Befehle einzutippen.
    »Eile ist erforderlich, Kapitänin Chatelaine«, sagte Marc Vestabule, bevor Sorus die Bordrotation wiederherstellen konnte. Sein Tonfall klang unerbittlich hart.
    An den Beschwerden spürte Sorus das Alter. Die Last der Jahre erfüllte sie mit Verdruß. »Eile weswegen?« fragte sie unwirsch. »Wo wollen wir denn hin? Eben haben Sie behauptet, alle seien tot. Dahin. Zu Schrott und Fetzen zerstückelt.« Schon dieser Gedanke verursachte ihr ein Kältegefühl in der Magengrube. Selbst der Kassierer hatte sein Ende gefunden. Zwar war er so unzuverlässig wie jeder Mann gewesen, den sie je gekannt hatte; doch war ihr Bedarf so manches Mal durch ihn gedeckt worden, und gelegentlich hatte er ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne daß er es merkte. Sie konnte sich für ihn keinen Ersatz vorstellen. Wie sollte sie ohne das, was er ihr zu geben verstanden hatte, ihre unausweichlichen Dienste für die Amnion fortsetzen, es ertragen können? »Wenn wir in keiner Gefahr schweben, wozu dann Eile?«
    »Entscheidungen sind getroffen worden«, gab Vestabule in einem Ton zur Antwort, als rieselte Rost. »Aktionen sind durchzuführen. Stiller Horizont befiehlt Beschleunigung auf Abfangkurs. Die Nähe unserer Raumschiffe vereinfacht die Vorbereitungsmaßnahmen.«
    Vielleicht empfand er in

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